Umgebungsluft als Werkzeug

Im Grunde genügen Vakuumsack, Schlauch und Pumpe für fast alle Pressarbeiten. Bild: Columbus Presstechnology

Pressarbeiten.  Bei Verleimungen ist der absolut gleichmässige und konstante Druck über die ganze Leimfläche Garant für maximale Haltekraft ohne Hohlräume und Wellen in der Oberfläche. Optimal erreichen kann man das mit Pressen, die alle Toleranzen ausgleichen.

Wenn Bootsbauer durch kreuzweises Aufeinanderleimen von Dickfurnierbahnen den Holzrumpf einer Segeljacht aufbauen, müssen sie jede dieser Bahnen einzeln anpressen. Nur so können Stoss und Fläche perfekt verschlossen werden. Gepresst wird dann mithilfe der Atmosphäre, einem Vakuumsack mit Schlauch und elektrischer Pumpe. Sobald eine dichte Grundschale besteht, genügt dann eine Membranbahn statt Sack, die aufgelegt und am Rand mit einem Dichtungsband versehen wird.

Stationäre Vakuumpressen

Das Tolle an der Atmosphäre ist, dass ihr Druck in alle Richtungen gleich stark ist. Das bedeutet: Wenn man eine Kugel in einen Vakuumsack steckt und die Luft absaugt, entsteht rundherum auf jedem Quadratmillimeter der absolut gleiche Pressdruck.

Für die meisten Schreinerarbeiten ist eine ebene und stabile Tischfläche eine einfachere und effizientere Ausgangslage, um etwas verwindungsfrei auf Mass zu pressen, als das Werkstück in einem Sack richtig zu positionieren. Daher bauen alle stationären Vakuumpressen auf einem Maschinentisch auf. Das vereinfacht besonders das Belegen oder Furnieren von Platten.

Die SchreinerZeitung hat folgende drei Hersteller zu deren Vakuumpressen und den Möglichkeiten befragt:

  • Die Barth GmbH – sie wird von der Ineichen AG in Ermensee LU vertreten.
  • Die Columbus GmbH – ihre Pressen sind über die Eigenmann AG in Dietfurt SG erhältlich.
  • Die MSM Maschinenbau GmbH – sie hat ihren Sitz im deutschen Kitzingen.

Tisch mit Membranklappe

Auf dem Maschinentisch liegt jeweils ein stabiler Stahlrahmen, der in der Standardausführung an einer Längsseite über Scharniere mit dem Tisch verbunden ist. Er lässt sich so wie der Deckel einer grossen Truhe nach oben klappen, um die Tischfläche freizugeben. In den Rahmen wird eine etwa zwei Millimeter dicke Membran aus Naturkautschuk oder Silikon eingespannt. Erstere hat eine sehr hohe Dehn- und ebenso hohe Rückstellfähigkeit, zudem ist die Kerbfestigkeit äusserst hoch, was sie wenig anfällig für Verletzungen macht. Sie ist optimal für die Arbeit mit Holz.

Schlichter Vorgang mit grosser Wirkung

Das Pressgut wird auf den Tisch gelegt, der Klappdeckel geschlossen und mit Spannverschlüssen fixiert. Anschliessend wird eine elektrische Pumpe eingeschaltet, die durch Öffnungen im Tisch dem Zwischenraum die Luft entzieht – ihn evakuiert. Es gibt zwei Möglichkeiten von Pumpen:

  • Eine trockenlaufende Vakuumpumpe, die ein Vakuum von 85 bis 90 % erreicht, was zu einem Pressdruck von 8,5 bis 9 t/m2 führt. Dabei sinkt zudem der Siede- punkt von Wasser, bei dem es in den Gaszustand übergeht, auf etwa 60 °C.
  • Eine ölumlaufgeschmierte Pumpe evakuiert maximal 99,9 % des umgebenden Luftdrucks, was einen Pressdruck von bis zu 10 t/m2 ermöglicht. Der Siedepunkt von Wasser fällt dann bis auf 20 °C.

Der hohe Druck erfordert, dass die Formen, die man mit dem Pressgut auf den Tisch legt, genug stabil konstruiert sind. Damit die Vakuumpumpe nicht im Dauerlauf betrieben werden muss, dienen meistens ein oder zwei 100-Liter-Tanks als Puffer. Das senkt den Geräuschpegel und den Energieverbrauch. Zudem sind so schnellere Evakuierungszeiten möglich. Der Stromverbrauch ist mit 0,1 bis 0,15 kW/h für Pressarbeiten ausgesprochen niedrig.

Je nach Wetterlage variiert der Luftdruck der Atmosphäre, und die Pumpleistung muss entsprechend darauf eingestellt werden. Die Firma Barth hat beispielsweise mit ihrem «Revo II»-Druckschalter eine Lösung, die den Umgebungsdruck erfasst und die Pumpe automatisch reguliert. So bleibt die Presszeit immer konstant.

Was es wirklich braucht

Eine komplette Vakuumpresse ohne Zusatzelemente braucht unbenutzt im Minimum etwa 450 mm Platz in der Tiefe, wenn sie hochklappbar ist und an der Wand befestigt wurde. Viele Modelle stehen aber in ihren vollen Tischausmassen auf Rollen und können, wenn sie mit einem Schutzdeckel versehen sind, auch als Arbeitstisch verwendet werden.

Wer auch Kunststoffe oder Mineralwerkstoffe verformen möchte, muss diese Platten vor dem Pressen auf die gewünschte Temperatur erwärmen. Es sind grosse Schubladen unter den Vakuumtischflächen erhältlich, die als Vorheizstation dienen. Für heisse Teile muss dann die Membran aus Naturkautschuk durch eine aus Silikon ausgetauscht werden. Diese verträgt bis zu 220 °C und ist ein Muss für solche Arbeiten. Auch diese Membran hat hervorragende Eigenschaften, erreicht aber im Holzbereich nicht jene einer Membran aus Naturkautschuk.

Erweiternde Komponenten

Der Klapprahmen einer grossen Presse erlaubt in der Regel eine Werkstückhöhe von rund 600 mm. Für mehr braucht es einen vertikalen Rahmenhub. Damit ist die Maschine auch von allen vier Seiten bedienbar. Das vertikale Absenken der Membran ist zudem ausgeglichener im Auflagedruck auf das Werkstück. Dies verringert das Risiko, dass das Pressgut beim Schliessen des Deckels allenfalls verschoben werden kann. Wer über allem noch eine Heizhaube ordert, kann zum Beispiel auch Kaurit-Leim verwenden. Dieser wird speziell im Instrumentenbau verwendet und härtet glashart aus, braucht dazu aber zusätzliche Wärme. Man kann mit der Haube sogar selber 3D-PVC-Folien tiefziehen und kaschieren oder durch Sublimation Bilder sowie Texte dauerhaft auf Mineralwerkstoffe übertragen. Letzteres funktioniert, vereinfacht gesagt, wie wenn man ein Bild auf ein T-Shirt bügelt – ein Transferdruck eben.

Für Handwerker, die vorerst mit einer einfachen Maschinenkombination ins Vakuumpressen einsteigen wollen, hat beispielsweise Columbus mit C40 ein modulares Gerät im Angebot. Der Anwender stattet da seine Presse selber mit weiteren Komponenten aus – sobald notwendig.

Die Sache mit dem Leim

Alle drei Hersteller geben an, dass man grundsätzlich alles pressen kann, egal ob zwei Friese zu einem Pfosten verleimt werden sollen, eine Platte Massivholzkanten erhält oder ungleichdickes Altholz aufgeleimt wird. Der Druck ist ja von allen Seiten identisch.

Grundsätzlich kann auch mit allen Leimen und sogar Kontaktklebern gearbeitet werden. Seitens der MSM Maschinenbau GmbH wurde darauf hingewiesen, dass es sich lohnt, auf die Eigenschaften der Leime, die man verwenden möchte, zu achten: Weissleim eignet sich hervorragend, nur ist einer der Klasse D3 für Formverleimungen nicht unbedingt optimal, weil er ausgehärtet immer noch recht elastisch bleibt. Leime der Klasse D2 sind dafür die richtige Wahl.

Bei der Verleimung vieler dünner Furniere kann es vorteilhaft sein, wenn abwechselnd Weissleim und PUR-Leim aufgetragen wird. Denn Weissleim allein bringt zu viel Wasser ins Material, und PUR-Leim benötigt Feuchtigkeit, um zu reagieren.

Übrigens: Im Gegensatz zu Hydraulikpressen zeichnen sich die Falten von Schutzfolien auf der Oberfläche nicht ab – der Mem- bran sei Dank. So lassen sich ganz ausserordentliche Produkte für begeisterte Kunden herstellen.

www.ineichen.chwww.eigenmannag.chwww.msm-maschinenbau.de

ab

Veröffentlichung: 04. Juni 2020 / Ausgabe 23/2020

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