Umweltfreundlich und praktisch

Der Schuhschrank von Julien Donzé kommt ohne erdölbasierte Produkte aus. Bild: Julien Donzé

Abschlussarbeit. Ein Möbel aus Materialien, die nicht auf Erdöl basieren: Julien Donzé hat sich für seine IPA eine besondere Herausforderung auferlegt. Nach einigem Tüfteln ist ein nachhaltiger Schuhschrank entstanden.

Ein Möbel ohne erdölbasierte Produkte. Das bedeutet, dass man keinen normalen Leim, kein Plattenmaterial oder Kunststoff und auch viele Beschläge nicht verwenden kann. Julien Donzé hat sich für seine in diesem Jahr eingereichte Individuelle Praktische Arbeit (IPA) einige happige Vorgaben auferlegt. «Ich fand das ein spannendes Thema und wollte probieren, ob ich das hinkriege», sagt er. «Ich habe einige Muster machen und vor allem natürliche Materialien suchen müssen.»

Entstanden ist schliesslich ein nachhaltiger Schuhschrank. Die Experten hätten seine Fragestellung und sein Projekt spannend gefunden, sagt Donzé. Seine Ausbildung hat er im Juli erfolgreich abgeschlossen.

Suche nach nachhaltigen Stoffen

Beim Holz hat sich der Schreiner für Esche entschieden. «Ich habe zudem Linoleum und Fischleim verwendet. Das sind natür­liche Produkte, die früher oft benutzt wurden», erzählt er. Linoleum ist ein faserverstärkter Kunststoff, der hauptsächlich aus Leinöl, Korkmehl und Jutegewebe besteht. Er wird vor allem als Bodenbelag verwendet. Ein Arbeitskollege in der Klosterschreinerei Engelberg OW, der häufig mit Restaurationen zu tun habe, habe Donzé bei der Materialsuche unterstützt, wie der 27-Jährige erzählt. «Natürlich habe ich auch im Internet recherchiert.»

Um möglichst wenige Beschläge zu verwenden, hat sich Donzé für Schiebetüren entschieden und nur Beschläge aus Metall ­benutzt. «Die Details musste ich neu interpretieren und möglichst einfache Lösungen suchen.» Er ist sehr zufrieden, wie die Arbeit verlaufen und herausgekommen ist. Die Experten haben das gleich gesehen und sie mit 5,3 benotet.

Lehrmeister war neugierig

Donzé hat viel am Computer programmiert. Die Holzverbindungen seien anspruchsvoll gewesen, blickt er zurück. «In der Werkstatt lief alles gut. Ich habe viel an der Kehlmaschine gearbeitet.» Am anspruchsvollsten sei gewesen, das richtige Material zu finden. «Mein Lehrmeister hatte zu Beginn deswegen etwas Respekt, aber meine IPA war für ihn auch spannend.»

Umweltschutz und Nachhaltigkeit beschäftigen den Jurassier schon lange. «Viele chemische Leime, Platten und Industriematerialien sind nicht umweltfreundlich. Und zwar weniger, als man bei Holz und dem Schreinern denkt.» Die Schreiner selber wüssten, dass Plattenmaterialien umweltschädliche Stoffe enthalten, die Kunden aber weniger. «Ich hoffe, später in meinem Berufsleben mehr in die Richtung Nachhaltigkeit gehen zu können.»

Von der Uni in die Werkstatt

Der Werdegang von Julien Donzé ist ein nicht alltäglicher. Nach der Matur im Jura hat der heute 27-Jährige in Lausanne VD Architektur studiert und den Master-Abschluss erlangt. Ein Jahr hat er als Austauschstudent in Stockholm, der Hauptstadt Schwedens, verbracht. Zudem hat er während sechs Monaten Praktika in Architekturbüros in Chile und Ecuador gemacht. «Danach wollte ich gerne das Handwerk erlernen. Die Arbeit mit Holz hat mich fasziniert», erzählt er. «Die Idee war ein Praktikum. Mir wurde aber geraten, über eine verkürzte Lehre nachzudenken.»

Gesagt, getan. Donzé konnte in der Mitte des zweiten Lehrjahrs anfangen und musste einfach die entsprechenden überbetrieblichen Kurse nachholen. «Weil ich zudem mein Deutsch verbessern wollte, suchte ich einen Lehrbetrieb in der Deutschschweiz.» Für die Klosterschreinerei in Engelberg hat er sich entschieden, weil er sich eine schöne Werkstatt wünschte und einen Betrieb, der fachlich breit aufgestellt ist. «Hier ist es interessant, dass man zu einem Kloster gehört. Ab und zu darf ich an Sanierungen mitarbeiten.» Seine Wahl hat er nicht bereut: Er sei in der Innerschweiz sehr gut aufgenommen worden, sagt er.

Fachbegriffe waren schwierig

Und auch mit der Sprache hat es geklappt. In der Berufsschule sei zum Glück auf Hochdeutsch unterrichtet worden. «Ich tat mich zu Beginn schon schwer, vor allem mit den Fachbegriffen. Doch mit der Zeit habe ich immer mehr verstanden.» Heute spricht Donzé gut Deutsch, mit einem leichten Innerschweizer Akzent. Nicht einfach sei für ihn auch der Wechsel vom Studentenleben zu dem eines Lernenden gewesen. «Das war schon eine rechte Umstellung. Die Lehre und die Berufsschule sind viel strukturierter.» Untergebracht ist er in einer Wohngemeinschaft mit anderen Angestellten des Klosters, zum Beispiel einem Koch-Lernenden oder mit Saisonniers. «Das ist toll, wir haben einen netten Austausch, sehr international.»

Die Lehre hat ihm grossen Spass gemacht. «Ich bereue sie nicht», sagt der Westschweizer. «Ich habe sehr viel gelernt und werde auch in Zukunft ständig Neues entdecken.» Holz sei ein tolles Material, das Freude macht, vor allem Massivholz. «Die Arbeit ist lebendig und kreativ. Und ich finde es schön, dass man vom Zeichnen bis zum Fertigen alles selber machen kann.» Er glaubt auch, dass er eine Baustelle nun anders sieht und zwischen den Fronten vermitteln kann. «Ich bin im Vorteil, weil ich weiss, wie die Architekten- und die Schreinerseite funktionieren.»

Noch bis Mitte September arbeitet Julien Donzé in Engelberg. Danach zieht es ihn wieder in die Romandie. Wohin, ist offen.

Er sucht nun eine Stelle im Designen

«Meine Idee ist, eine Stelle zu finden, bei der ich Architektur und Schreinern verbinden kann. Ich würde gerne in Richtung Design gehen und Projekte und Prototypen ent­wickeln.» Aber er will nicht nur im Büro ­sitzen, sondern auch in der Werkstatt arbeiten. «Sonst fehlt mir etwas.» Mit der Jobsuche pressiert es ihm nicht. «Ich schaue mich lieber länger um und finde das Passende.» Zuerst geniesst er nun die letzten Tage in der Innerschweiz. «Ich möchte noch die Prüfungen für das Gleitschirm­brevet abschliessen.»     nicole d'orazio

www.klosterschreinerei.ch

Veröffentlichung: 02. September 2020 / Ausgabe 36/2020

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