Viel Arbeit in der Nische

Zwei geschwungene Holme und dreieckige Querschnitte für die Sitzlatten prägen die Gestalt der Bank von Tobias Walker. Bild: Schnitz GmbH

Gartenmöbel.  Möbel im Freien können ein interessantes Betätigungsfeld für Schreiner darstellen. Doch will man Erfolg haben, müssen in diesem besonderen Markt einige Hürden überwunden werden. Oft führt der Weg über die Zusammenarbeit mit anderen Handwerkern zum Ziel.

Draussen sein ist «in». Das kann man überall lesen und hören. Die Leute kochen, essen und verweilen gerne und immer länger im Grünen, vor allem natürlich im Café und Restaurant zusammen mit Freunden. Und sie nutzen dabei Möbel, deren Markt umkämpft und schwierig ist. Das zumindest sagen die Marktforschungsinstitute.

Ein Segment boomt

Die Umsätze für Outdoor-Ausstattungen waren in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum insgesamt rückläufig. Vor allem das Objekt-Geschäft soll schwächeln und von einem Preiszerfall gekennzeichnet sein. Unterdessen sagen die Zahlen auch, dass im privaten, hochwertigen Sektor noch Luft nach oben sei. So freuen sich einzelne Anbieter über jährlich wachsende Umsätze wie etwa der Outdoor-Möbel-Spezialist Dedon. Gefertigt werden unter anderem Sitzlandschaften zu Preisen, die eher an das Markensofa im Wohnzimmer erinnern. Also ein Betätigungsfeld für Schreiner? «Interessant ist dieser Markt, gerade mit dem heutigen Baustil», sagt Tobias Walker, Gründer der Schnitz GmbH im urnerischen Flüelen. Dennoch arbeiten Schreiner eher selten in diesem Segment, und das hat Gründe. «Der Markt ist herausfordernd.»

Spezialisten müssen sich positionieren

Das sieht auch Schreiner und Architekt Martin Siebenmann so, Chef der 7 Möbel AG in Zürich. «Der Handel bedient so viele Bedürfnisse mit industriell oder mindestens seriell gefertigten Möbeln – da kann der Schreiner selten konkurrieren. Das gilt qualitativ und beim Design und natürlich ohnehin, wenn es um den Preis geht – auch bei den Outdoor-Möbeln. Schreiner kommen heute erst dann ins Spiel, wenn der Markt ein Bedürfnis nicht deckt.» Dennoch hat Siebenmann besondere Referenzen im Aussenbereich vorzuweisen, wie sie nur eine Schreinerei haben kann. Neben vereinzelt gefertigten Solitärmöbeln in Holz sind dies vor allem Stauraummöbel, die massgefertigt die Bedürfnisse der Kundschaft nach praktischen und dauerhaften Lösungen für die Freiluftsaison bedienen. Das sind Nischen, die Anbieter von Serienmöbeln nicht besetzen können.

«Meistens sind die Arbeiten von Schreinern in diesem Bereich speziell auf den Kunden zugeschnittene Einzelstücke, die durch einen Wiederverkauf zu teuer würden», sagt Stefan Harder, Mitinhaber der Harder Schreinerei AG in Winterthur ZH. Auch deshalb sind entsprechende Kollektionsstücke noch seltener als die vereinzelt auftauchenden, individuellen Lösungen. «Sobald Massanfertigungen gefragt sind, kommen entweder Architekten, Designer oder Handwerker wie Schreiner und Schlosser ins Spiel. Aber selten ergeben sich aus bestehenden Kundenbeziehungen Anfragen wie für unsere Arbeiten der Korpusmöbel für den Aussenbereich», erklärt Siebenmann.

Meist sind Kooperationen nötig

Outdoor-Möbel sind selten reine Holzarbeiten, auch weil die meisten heimischen Hölzer zu wenig witterungsbeständig sind. «Es braucht dann wiederkehrende Pflege, was Kunden oft abschreckt. Dies ist ein grosser Nachteil gegenüber Metall und anderen Materialien», sagt Walker. Weil deshalb andere Werkstoffe für Möbel im Aussenbereich zum Einsatz kommen, braucht es meist die Kooperation mit weiteren Handwerkern wie Polsterern oder Metall-Spezialisten. «Ich habe sehr gute Partner gefunden, die auch bereit sind, über den Tellerrand zu blicken. Ein solches Netzwerk aufzubauen, braucht jedoch viel Zeit, wird aber mit Erfolg belohnt», sagt Walker.

Schreiner und Architekt Siebenmann sieht kaum Unterschiede zum Innenbereich. «Es ist nicht wirklich anders als bei massgefertigten Möbeln für den Innenraum. Einzig bei den Polster- und Flechtarbeiten ist es schwieriger, da sich viele Polsterer nicht an Arbeiten für den Aussenraum heranwagen und weil es hierzulande fast keine Flechter mehr gibt», sagt Siebenmann. Der mehrheitlich in Schweizer Hand befindliche Outdoor- Spezialist Dedon hat beispielsweise wegen der Flechtarbeiten die Produktion auf die Philippinen verlegt.

«Vieles muss nach Mass gefertigt werden, weil nur Kunststoff, Chromstahl und feuerverzinkte Materialien wetterfest sind. Wir sind spezialisiert auf die Verarbeitung von Vollkernplatten und Scobalit, beides Materialien, die für Outdoor-Anwendungen gut geeignet sind», sagt Harder. «Dadurch haben wir schon längere Erfahrung mit solchen Arbeiten.»

Wie wichtig die Federführung der Schreinerei auch bei Kooperationen ist, zeigt das Bankprojekt für das Winterthurer Schwimmbad Wolfensberg. Auf Anfrage des Architekten hat die Schreinerei eine Banklösung mit feuerverzinkten Gestellen und beidseitiger Holzbeplanung realisiert. «Die einzelnen Konsolen mussten verschieden gefertigt werden, da der Boden schräg und geneigt war. Mittels CAD und Visualisierung konnten wir den Kunden von dieser Ausführung überzeugen», sagt Harder.

Manchmal geht es auch andersherum. Die Schreinerei Spicher AG im aargauischen Brugg hatte mit einem Stuhlentwurf Erfolg, der viele Kunden etwas an einen Gartenstuhl erinnert hat. «Dies gab den Ausschlag, auch eine wetterfeste Ausführung des Stuhles mit gummigelagertem Vollkern und Plexilatten zu entwickeln. Daraus ist dann eine ganze Familie entstanden, die uns viel Freude macht», sagt Geschäftsführer Markus Spicher. Das Unternehmen sucht die Zusammenarbeit nicht nur in anderen Disziplinen, sondern auch mit Berufskollegen. Diese haben das Möbelprogramm in ihrer eigenen Ausstellung, wenngleich es im Verkauf nicht um hohe Stückzahlen geht. Ein Nebeneffekt ist auch, dass sich öfter Landschaftsarchitekten mit speziellen Anfragen an die Spicher AG wenden.

Einzigartig bis zum Beschlag

«Fast alle Outdoor-Möbel sind Produkte von verschiedenen Handwerkern, die aufwendig entworfen, hergestellt und vor allem getestet und geprüft sind. Das schafft man nur mit serieller wenn nicht industrieller Herstellung, um einigermassen im Markt zu bleiben», sagt Siebenmann.

Damit Schreiner Entwürfe für den Aussenbereich umsetzen können, müssen sie meist auch die Beschläge in Eigenregie entwerfen. Aus dem Katalog gibt es kaum etwas. «Wir haben bislang keine besonderen Beschläge benötigt. In einem solchen Fall müssten diese wohl gezeichnet und massgefertigt werden. Damit wird, wie bei allen massgefertigten Arbeiten aus der Schweiz, das Endprodukt teuer und ist nur noch für eine sehr kleine Klientel interessant.»

Der leidenschaftliche Segler Tobias Walker hat einen ganz eigenen Weg gefunden, um das Problem mit dem fehlenden Angebot bei den wettertauglichen Beschlägen zu lösen. Der Kontakt zum Bootsbauer hilft ihm, an Beschläge zu kommen, die für solche Anwendungen geeignet sind. «Die Beschläge sind meist aus Chromstahl, hochwertig und somit auch teuer. Die Auswahl ist aber trotzdem bescheiden», sagt Walker.

Es verwundert somit nicht, dass vor allem spezialisierte Unternehmen den Markt für hochwertiges Mobiliar im Aussenbereich belegen. Eine deutliche Erleichterung für mehr Engagement von Schreinern würde sich durch ein breiteres Angebot an passenden Beschlägen ergeben. Die Nische ist auf jeden Fall interessant.

www.schnitz.chwww.7moebel.chwww.harderag.chwww.spicher.ch

ch

Veröffentlichung: 24. August 2017 / Ausgabe 34/2017

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