Vorsicht ist besser als Nachsicht

Wie ein Lagerraum im Idealfall ausge-stattet sein sollte, ist im Kompetenz- und Trainingscenter von Feyco Treffert in Urdorf ZH zu sehen. Bild: Monika Hurni

Gefahrenpotenzial.  Von der Logistik über die Lagerung bis zur Verarbeitung: Brennbare Flüssigkeiten bergen Gefahren, denen sich der Schreiner stets bewusst sein sollte. Werden die Sicherheitsvorschriften eingehalten, können Risiken auf ein Minimum reduziert werden.

Die Logistik, Lagerung und Verarbeitung von Lacken und Farben birgt einige Risiken. Zentrale Themen sind die Brand- und Explosionsgefahr. Daneben gilt es aber auch, den Umweltschutz und nicht zuletzt die gesundheitsschädigenden Faktoren für den Schreiner zu beachten.

Beim Umgang mit Lacken und Lösemitteln sind deshalb einige Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Diese beginnen nicht erst beim eigentlichen Spritzvorgang, sondern weit vorher, wie Fachmann Armin Schmid betont. Als Bereichsleiter Weiterbildung bei den Luzerner Schreinern erteilt er Unterricht zu diesem Themengebiet und führt regelmässige Kontrollen in Schreinereien durch. Schmid spricht insbesondere die Logistik an. Er rät dem Schreiner, sich die Gebinde vom Lackhändler bis zum Lagerort liefern zu lassen, da sich dieser mit den Vorschriften bezüglich Transport und Umschlagplatz auskennt.

Bodenabflüsse verschliessen

Ähnlich sieht es Daniel Baghdadi, der die Kontrollen im Kanton Zürich für die Vollzugsstelle Umweltschutz im Holzgewerbe (VUH) organisiert: «Dem Schreiner ist oft zu wenig bewusst, dass bereits beim Umschlagplatz gewisse Massnahmen zu treffen sind.» So darf dort kein Bodenabfluss vorhanden sein, und wenn doch, muss dieser mit einer angepassten Vorrichtung verschlossen werden können. Denn gelangen schädliche Flüssigkeiten in ein Gewässer, so kann der Schreiner für den Schaden haftbar gemacht werden. «Im schlimmsten Fall ist eine Bachbettsanierung nötig, deren Kosten die Betriebsexistenz gefährden können», warnt Baghdadi.

Getrennte Lagerung

Grundsätzlich wird unterschieden zwischen brennbaren Flüssigkeiten mit einem Flammpunkt unter 55 ºC und leicht brennbaren Flüssigkeiten mit einem Flammpunkt unter 30 ºC, bei welchen weitergehende Schutzmassnahmen erforderlich sind (z. B. Nitroverdünner, Aceton oder Toluol). Die gesetzlichen Bestimmungen zur Lagerung und zum Umgang mit diesen Flüssigkeiten sind in der Richtlinie 1825 der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (Ekas) festgehalten.

Wichtig ist, dass die Gebinde korrekt gekennzeichnet sind. Stoffe, die beim Kontakt mit brennbaren Flüssigkeiten eine gefährliche chemische Reaktion verursachen könnten, müssen in jedem Fall getrennt von diesen gelagert werden.

Mit brennbaren Flüssigkeiten unverträglich sind beispielsweise Oxidationsmittel wie Peroxide oder Salpetersäure.

Vorschriften nach Lagermenge

Die Lagervorschriften für brennbare Flüssigkeiten mit einem Flammpunkt unter 60 ºC richten sich nach deren Lagermenge:

  • Bis 25 Liter: Raum beliebiger Bauart
  • 26 bis 100 Liter: Schrank RF1 (kein Brandbeitrag) mit Auffangwanne und Kennzeichnung
  • 101 bis 450 Liter: Raum EI30 mit geringem Brandrisiko

Für Lagermengen über 450 Liter gilt eine Melde- und je nach Kanton und Gewässerschutzzone eine Bewilligungspflicht.

In Bezug auf die Auffangwanne gilt folgende Regel: Das Fassungsvermögen des Behältnisses muss im Minimum der Flüssigkeitsmenge des grössten gelagerten Gebindes entsprechen. Anstelle einer Auffangwanne besteht auch die Möglichkeit, den gesamten Raum als Auffangbecken zu gestalten. Zu diesem Zweck müssen sämtliche Bodenabläufe versiegelt sein und der Raum muss über eine ausreichend hohe Schwelle im Türbereich verfügen.

Unnötige Brandlasten

Um das Gefahrenpotenzial im Havariefall zu mindern, rät Martin Bossart, Sicherheitsfachmann bei der Suva, die Lagermengen und die Gebindegrössen soweit möglich zu reduzieren. «Ausserdem werden so auch die Risiken beim Handling und dem Umgang mit Lösemitteln im Betrieb herabgesetzt, zum Beispiel beim Umfüllen.» Daneben sei es wichtig, die Lagerräume in regelmässigen Abständen «auszumisten». «Oft stehen viele ältere Gebinde in den Lagerräumen, welche im Brandfall zu unnötigen Brandlasten werden.» Bossart empfiehlt, Restfarben nach Beendigung eines Auftrags für den Fall einer Kundenbeanstandung noch einige Wochen aufzubewahren und diese anschliessend fachgerecht zu entsorgen.

Denn: «Oft geraten die Lagerbestände von Restfarben in Vergessenheit, oder sie entsprechen nicht mehr dem Farbton des nachzuproduzierenden Werkstücks.»

Natürliche oder künstliche Lüftung

Ein zentrales Thema bei der Lagerung ist die Belüftung. Liegen die Räume über Bodenniveau, so ist eine natürliche Lüftung möglich. Gefordert ist eine Querlüftung zwischen zwei ins Freie führenden Öffnungen, welche pro Quadratmeter Bodenfläche jeweils mindestens 20 cm2 gross sein müssen. Aufgrund der Tatsache, dass die Dämpfe leicht brennbarer Flüssigkeiten schwerer sind als Luft und sich deshalb absenken, muss sich eine dieser Öffnungen höchstens 10 cm über Boden befinden.

Liegen die Lagerräume unter Bodenniveau oder ist aus anderen Gründen keine natürliche Entlüftung möglich, so ist eine künstliche nötig. Gefordert ist dabei ein drei- bis fünffacher Luftwechsel pro Stunde, wobei die Absaugstellen auch hier maximal 10 cm über Boden angeordnet sein müssen.

Elektrostatik

Um einer möglichen Funkenbildung und der damit verbundenen Explosionsgefahr beim Umgang mit leicht brennbaren Flüssigkeiten vorzubeugen, muss das Auftreten gefährlicher elektrostatischer Aufladungen vermieden werden. Es gilt deshalb, sämtliche leitfähigen Anlageteile zu erden. Als weitere Schutzmassnahmen sollten sowohl der Bodenbelag wie auch die Schuhsohlen leitfähig sein. Beim Umfüllen der Gebinde sollte die Strömungsgeschwindigkeit der Flüssigkeiten gering gehalten und die Rohre oder Schläuche möglichst nahe an den Boden der Behälter geführt werden.

Vorschriften im Lackierraum

Auch bei der Verarbeitung der Lacke und Farben gilt es so einige Vorschriften zu beachten. In den Arbeitsräumen, so auch im Spritzraum, dürfen leicht brennbare Flüssigkeiten nur in Mengen aufbewahrt werden, die für einen ungehinderten Arbeitsablauf erforderlich sind.

Um die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz im Lackierraum zu gewährleisten, darf nur bei laufender Absaugung gespritzt werden. Die Absauggeschwindigkeit muss mindestens 10 cm pro Sekunde betragen. Wird dieser Wert nicht erreicht, so ist ein Wechsel der Filtermatten oder allenfalls eine Wartung der Absauganlage durchzuführen. Die Spritzpistole ist mit der Absauganlage zu verriegeln. Auf diese Weise ist das Spritzen nur bei eingeschalteter Anlage möglich, wodurch auch die Risiken einer Explosion stark minimiert werden.

Als Gefahrenquelle nicht zu unterschätzen sind elektrische Anlagen und Installationen, die zu gefährlichen Zündquellen werden können. Aus diesem Grund sind im Lackierraum nur spritzstrahlgeschützte Lampen und Steckdosen zulässig. Installationen wie Radios, Heizstrahler oder Halogenlampen sind im Spritzbereich verboten.

Schutz vor Dämpfen

«Voraussetzung für eine gute Oberflächenqualität ist auch eine entsprechend gute Beleuchtung im Lackierraum», sagt Martin Bossart. Und so komme es vor, dass Oberflächenspezialisten einen Halogenstrahler einsetzen, um die Voraussetzungen zu verbessern. «Das Problem ist, dass diese Strahler nicht den Ex-Schutzanforderungen entsprechen und dadurch zu einer möglichen Zündquelle werden.»

Um sich beim Lackieren nicht selber zu gefährden, ist es wichtig, das Sicherheitsdatenblatt des Produkts zu kennen. Dieses enthält vertiefte Informationen über Gefahren und erforderliche Schutzmassnahmen. Darauf ist die persönliche Schutzausrüstung (PSA) abzustimmen, insbesondere der notwendige Atemschutz.

Kommt es trotz aller getroffenen Vorsichtsmassnahmen zu einem Notfall, so ist es wichtig, dass die Mitarbeitenden wissen, was zu tun ist. Um im Brandfall schnell reagieren zu können, müssen in unmittelbarer Nähe der Gefahrenzonen klar gekennzeichnete Löschposten vorhanden sein.

Auch Wasserlacke bergen Gefahren

Spricht man von den Gefahren in Bezug auf Oberflächenbehandlungsmittel oder Beschichtungsstoffe, so denken die meisten Leute an Lacke auf Lösemittelbasis.

Doch auch Wasserlacke bergen ein Gefahrenpotenzial. Gesundheitsgefahren bestehen wie bei lösemittelhaltigen Lacken beim Einatmen der Lackaerosole und beim Hautkontakt mit dem noch nicht ausgehärteten Lack, weil sie oft kleine Mengen an Stoffen mit niedrigem Mak-Wert enthalten, wobei der Mak-Wert für die maximale Arbeitsplatzkonzentration steht.

Dasselbe gilt auch in Bezug auf den Umweltschutz. Versickern die Lacke im Erdreich, so kann dies sehr schädlich sein.

«Die Gefahren des Wasserlackes werden oftmals unterschätzt», sagt Armin Schmid.Dieser sei zwar wasserlöslich, enthalte aber dennoch schädliche Inhaltsstoffe, welche die physikalischen Eigenschaften des Bodens oder des Grundwassers verändern können. Das heisst: Ob es um die Brand- und Explosionsgefahr, den Schutz der Umwelt oder der eigenen Gesundheit geht, die Sicherheitsvorschriften sind zwingend einzuhalten.

www.suva.chwww.luzerner-schreiner.chwww.ekas.ch

Massnahmen nach Stop

Substitution (Ersatz)

  • Alternativstoffe: Wasserlack anstelle von PUR-Lacken
  • Lacke mit hohem Festkörperanteil/ lösemittelarm

Technische Massnahmen

  • Lüftung/Absaugung
  • Geschlossene Systeme

Organisatorische Massnahmen

  • Wartung (Absaugung, PSA)
  • Kennzeichnung von Gefahren
  • Schulung/Sicherheits- und Verhaltensregeln

Personenbezogene Massnahmen

  • PSA konsequent anwenden

mh

Veröffentlichung: 18. Mai 2017 / Ausgabe 20/2017

Artikel zum Thema

08. Februar 2024

Präzise kontrollierte Beschichtungsnebel

Spritzverfahren.  Wenn Lacktröpfchen mit hoher Geschwindigkeit durch den Raum rasen, brauchen sie einen guten Luftleitstrahl, um sicher am Ziel zu landen. Heutige Spritzverfahren müssen hohe Anforderungen erfüllen und Spitzenqualitäten ermöglichen.

mehr
08. Februar 2024

Oberflächen mit Eindruck

Dekore.  Selbst Fachleute müssen mittlerweile oft zweimal hinschauen, um zu erkennen, ob es sich um ein Holzdekor oder um echtes Holz handelt. Aber wie kommen die täuschend echten Oberflächen zustande? Die Schreinerzeitung hat bei den Herstellern nachgefragt.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Oberflächen