Weniger ist oft mehr

Ein Roboter (l. und u. r.), drei Kompressoren (o.) und die Zuschnittan-lagen (M.) bei der Türenfabrik Brunegg. Bilder: Türenfabrik Brunegg AG

Druckluft.  Druckluftanlagen sind Energieschleudern. Wird Ersatz nötig, ist dies der ideale Zeitpunkt, um die Druckluftversorgung perfekt auf den künftigen Bedarf auszurichten. Damit lässt sich viel Geld sparen, wie das Beispiel einer Schweizer Türenproduktion zeigt.

Schreinereien und Holzbaubetriebe sind auf Druckluft angewiesen. Allein der Strom zum Betrieb solcher Anlagen kostet die Holzverarbeitungsbetriebe in der Schweiz jährlich rund vier Millionen Franken. Das sind unnötig hohe Kosten.

Der Stromverbrauch einer Druckluftanlage fällt ins Gewicht, zumal für Lüftung und Licht bereits viel Energie verbraucht wird. Weil eine zuverlässige Druckluftversorgung notwendig ist, werden auch die hohen Energiekosten als Selbstverständlichkeit erachtet. Es fällt kaum auf, wenn eine solche Anlage nicht effizient läuft. Zwar gibt es Warnsignale wie steigende Wartungskosten beim Kompressor. Weil aber viele Unternehmen den Stromverbrauch der Druckluftanlage nicht systematisch auswerten, können sie Effizienz und Kosten auch nicht beurteilen. Mit dem Ergebnis, dass die Betriebskosten steigen, ohne dass der Unternehmer die Ursache kennt.

Eine Studie des Bundesamts für Energie (BFE) zeigt, dass in einem typischen Holzbearbeitungsbetrieb bis zu 20 Prozent der Energiekosten für die Druckluft eingespart werden könnten. Die Reduktion ist möglich durch die kontinuierliche Bekämpfung von Leckagen, durch die Drosselung des Druckluftbedarfs oder weniger gross dimensionierte Kompressoren. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass an vielen Orten die Abwärme der Kompressoren nicht oder nur ungenügend genutzt wird.

Mängel sind schwierig zu beheben

Welche Optimierungsmassnahmen wirtschaftlich umgesetzt werden können, muss jeweils der Einzelfall zeigen. Doch für alle Betriebe gilt: Wenn eine alte Druckluftanlage ersetzt oder eine neue geplant wird, bietet sich die Chance, eine gut konzipierte, betriebssichere und sparsame Anlage zu beschaffen. Das ist die Voraussetzung für tiefere Energie- und Betriebskosten. Denn die Mängel einer schlecht konzipierten Druckluftanlage können selbst mit allen Optimierungen in den nächsten zehn Jahren nicht behoben werden.

Diesen Grundsatz beherzigte auch die Türenfabrik Brunegg AG (Brunex), die zu den grossen Schweizer Herstellern von Türsystemen aus Holz gehört. So bedeutete der Spatenstich für eine neue Fertigungshalle am Produktionsstandort in der Aargauer Gemeinde Brunegg auch den Beginn einer umfassenden Erneuerung der Wärme- und Druckluftversorgung. Denn die hohe Fertigungstiefe und die Just-in-time-Produktion des Unternehmens machen den Einsatz von modernen, elektronisch gesteuerten Fertigungs- und Kommissionierungsanlagen notwendig, die durchgängig auf Druckluft angewiesen sind. Und wer wie Brunex in der Schweiz produziert, muss hochwertige Produkte zu attraktiven Preisen herstellen. Die Rechnung geht nur dann auf, wenn die Betriebskosten tief sind. Eine Voraussetzung dafür ist die Energieeffizienz.

Abwärme optimal nutzen

Die Planung einer neuen Druckluftversorgung sollte stets mit der Analyse der bestehenden Anlage und ihres Verbrauchs beginnen. So mass der Kompressorlieferant der Türenfabrik während einer Woche den Druckluftbedarf. Schon diese erste Analyse zeigte, dass der Druck des ganzen Netzes von 9 bar deutlich höher war als nötig.

Gleichzeitig zeigten die Berechnungen, dass in der Nutzung der Kompressorenabwärme ein grosses Potenzial liegt. Daher revidierte die Türenfabrik den ursprünglichen Entscheid, auf eine Abwärmenutzung zu verzichten. Durch das hohe Wärmeniveau der Druckluftabwärme, das zwischen 60 und 80 Grad liegt, kann im Sommer das Brauchwasser gewärmt und im Winter zusätzlich der Energieverbrauch der Heizung um 75 000 kWh jährlich gesenkt werden. Und dank eines gross dimensionierten Verteilsystems wird das Druckluftsystem «gutmütig»: Der Druck kann gesenkt, Kosten können gespart werden.

Druck im ganzen System reduziert

Als Resultat wurde in der neuen Fertigungshalle eine neue Druckluftzentrale gebaut, die künftig Platz für einen zusätzlichen Kompressor und einen weiteren Trockner für die Druckluft bietet, wenn der Betrieb weiter wächst. Die bestehenden 37-kW-Kompressoren wurden durch drei 25-kW-Kompressoren abgelöst – einen Kompressor mit fixer und zwei mit geregelter Drehzahl. Die intelligente Steuerung berechnet, welche Leistung aktuell gebraucht wird, und stellt diese in Kombination der drei Kompressoren effizient zur Verfügung.

Die Türenfabrik Brunegg hat mit den beiden energiesparenden Drucklufttrocknern eine Lösung realisiert, die sowohl energieeffizient wie auch betriebssicher ist. Gleichzeitig wurde der Netzdruck im ganzen System Schritt für Schritt um 1,5 bar auf 7,5 bar reduziert. Allein damit senkt Brunex den Energieverbrauch um über 10 Prozent. Zudem haben Messungen gezeigt, dass der Druckluftbedarf um rund 20 Prozent gesenkt wurde. Insgesamt konnte der Stromverbrauch allein für die Druckluftkompressoren um 24 000 kWh/Jahr gesenkt werden. Das entspricht Einsparungen von 3500 Franken pro Jahr.

Das Beispiel der Türenfabrik Brunegg AG zeigt, wie wichtig ein korrekt ausgelegtes Leitungsnetz für eine energieeffiziente Druckluftversorgung ist. Während die meisten Maschinen in der Nacht und am Wochenende nicht in Betrieb sind, produziert die vollautomatische Türenfertigungsstrasse rund um die Uhr. Der Vollautomat wird darum durch eine separate Leitung mit Druckluft versorgt. In der neu konzipierten Ringleitung können die anderen Maschinen und Verbraucher ausserhalb der Betriebszeiten vom Druckluftnetz abgetrennt werden. So werden die Leckageverluste auf ein Minimum reduziert.

Gut zu wissen

Wenige Schritte zur effizienten Druckluft

70 bis 80 Prozent der gesamten Druckluftkosten sind Energiekosten. Umso wichtiger ist es, dass bei einer Erneuerung auf die Effizienz geachtet wird und Anlagen regelmässig kontrolliert und optimiert werden. Ausführliche Informationen und Checklisten für Neu- bau, Erneuerung oder Optimierung der Druckluftversorgung gibt es auf der Internetseite der Kampagne «Effiziente Druckluft» von Energie Schweiz.

Auch das Druckluft-Förderprogramm «ProEDA» des Bundesamts für Energie (BFE) unterstützt die Betriebe bei der Abklärung des Effizienzpotenzials und fördert Investitionen in effiziente Anlagen mit bis zu 20 Prozent.

Die wichtigsten Punkte

Alle 7 bis 10 Jahre steht die Erneuerung der Druckluftstation an. Wenn dabei einige Punkte beherzigt werden, arbeitet die neue Druckluftanlage auf lange Sicht kosteneffizient und zuverlässig.

Zuerst optimieren, dann erneuern: Bevor die Dimensionierung für den neuen Kompressor festgelegt wird, sollte die Druckluftmenge bei den Verbrauchern richtig eingestellt, Anschlussmaterial und Schläuche kontrolliert und durch verlustarmes Material ersetzt werden. Zudem sollte das Leitungsnetz auf Leckagen geprüft und diese abgedichtet werden. Dies verhindert eine überdimensionierte Anlage und erhöhte Investitions- und Betriebskosten.

Bedarf analysieren lassen: Dank einer systematischen Analyse des Verbrauchsprofils und der Druckabfälle im System und dank der Definition der Anforderungen an die Druckluftqualität kann der Lieferant eine korrekt ausgelegte, wirtschaftliche und betriebssichere Anlage anbieten.

Prüfen, ob die Abwärme genutzt werden kann: Jede Druckluftanlage produziert Abwärme. Diese kann entweder direkt genutzt werden, indem sie im Winter in die Werkhalle geblasen wird, oder indem der Kompressor mit einem Wärmetauscher nachgerüstet wird. So können rund 80 Prozent der Energie der Druckluftanlage für Warmwasser, Heizung oder Prozesswärme genutzt werden. In der Regel lohnt sich das Nachrüsten eines Wärmetauschers ab einer Kompressorgrösse von 15 kW.

Leckagen konsequent reduzieren: Ausserhalb der Produktionszeiten sollte die Anlage abgeschaltet, nicht benötigte Teilstränge sollten vom Leitungsnetz abgekoppelt werden. Zudem lohnt es sich, Leitungen und Anschlüsse regelmässig zu kontrollieren und Leckagen abzudichten. Solche finden sich oft in der Maschine, nahe an der Maschine oder direkt beim Werkzeug.

www.druckluft.chwww.enerprice-partners.ch/proeda2

TOL

Veröffentlichung: 24. August 2017 / Ausgabe 34/2017

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