Wir sind die Firma

Damit Handwerk nicht nur Durchlaufstation ist, sind Angebote für Entwicklungsmöglichkeiten des Einzelnen wichtig. «Industrie 4.0» ist deshalb auch eine Chance für eine technisch hochstehende Branche, wie es die Schreiner sind. Bild: Fotolia/Jörn Buchheim

«Ich bin so froh, ein Schreiner zu sein», schallte es durch die Werkstatt, als Oskar Eberhard die Lösung für ein kniffliges Detail gelungen war. Eberhard hatte diese Freude am Beruf oft zum Ausdruck gebracht, schaffte ein ganzes Arbeitsleben lang mit Begeisterung in der Schreinerwerkstatt. Er war so ein typischer Schreinergeselle alter Schule, von denen man sagen kann: ein Schreiner mit Leib und Seele, der vielleicht zwei oder drei Stationen in seinem Berufsleben hatte.

Gut zwanzig Jahre später ist die Welt eine völlig andere. Schreiner wie Eberhard sind seltener geworden. Der Typus des Arbeitsnomaden beherrscht die Realität, Generation Praktikum, lebenslanges Lernen, Schlüsselkompetenzen, Wissens- und Informationsgesellschaft sind schlagende Ausdrücke unserer Zeit. Generell geht der Trend hin zu einem möglichst hohen Bildungsabschluss.

Ausbilden lohnt in jedem Fall

Kein Wunder, sehen die heutigen Eberhards anders aus. Aber im Grunde funktioniert es immer nach dem gleichen Prinzip. Jeder braucht ein Umfeld, das es ermöglicht, Bestätigung und Anerkennung zu finden. Und damit das Gefühl, dass es in der eigenen Verantwortung liegt, etwas richtig und gut zu machen. Nicht umsonst heisst es immer wieder: Die Mitarbeiter sind der entscheidende Erfolgsfaktor in kleinen und mittleren Unternehmen. Noch mehr als andere Wirtschaftsbereiche lebt das Handwerk von qualifizierten Mitarbeitern, zumal in einem anspruchsvollen Berufsbild wie dem des Schreiners. Tatsächlich sind sie deshalb oft Keimzelle hin zu einem Mehr an Nachhaltigkeit. Denn die Unternehmen vertreten ihre Leistungen in Sachen Ausbildung selbstbewusst und mit Stolz auf ihre jungen Mitarbeitenden nach aussen. Kaum eine Schreinerei, bei der nicht die Auszubildenden auf der Website ein besonderes Forum erhalten. Nicht selten ist es sogar der Azubi selbst, der die Pflege der Firmenwebsite im Betrieb übernimmt.

Der Beruf des Edelhandwerkers ist beliebt und geniesst einen guten Ruf bei Kunden und bei jungen Menschen. Dementsprechend viele Auszubildende erlernen den Beruf des Schreiners. Auch wenn später nicht alle dabei bleiben, prägt und strahlt diese Leistung über die Branche hinaus. So sind nicht wenige Architekten gelernte Schreiner, was sich auf ihr späteres Schaffen und ihre Einstellung gegenüber dem Handwerk widerspiegelt. Darunter auch so manch bekannter Name, von Gion A. Caminada bis Peter Zumthor.

Chancen für den Einzelnen entscheidend

Den Mitarbeiterstolz, den eine ehrlich gelebte Firmenkultur hervorbringt, kann man nicht hoch genug schätzen. Wenn ein grosses Unternehmen wie Google seine Mitarbeiter zu ihren Chefs befragt, ist das einen Artikel in der Tageszeitung wert. In Schreinereien ist das Gespräch auf Augenhöhe darüber, wie man was nun besser machen könnte oder künftig andere Lösungen für sachliche, organisatorische oder strategische Entwicklungen finden kann, schlichtweg ganz normal. Das liegt schon darin begründet, dass die Mitarbeitenden später mit einer Maschine arbeiten müssen. Zu Veränderungen im betrieblichen Alltag braucht der Chef die Rückmeldung aus der Werkstatt für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung.

Gute Chancen für das Handwerk

Auch wenn sich das Schreinerhandwerk im Wettbewerb um die klügsten Köpfe starker Konkurrenz gegenüber sieht, stehen die Chancen für das Handwerk gut. Denn das System ist etwa im Vergleich zu Nachbarländern durchlässig, Karrierechancen sind inbegriffen. Zugutekommt weiter, dass es umfängliche Aus- und Weiterbildungsangebote gibt, die im internationalen Vergleich auch deutlich intensiver nachgefragt und wahrgenommen werden.

Dem Typ Eberhard von heute fällt es dadurch je nach Neigungen und Fähigkeiten leichter, seinen dauerhaften Platz im schönsten Beruf der Welt zu finden.

CH

Veröffentlichung: 31. August 2017 / Ausgabe 35/2017

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