Anschlagbrett für neue Ideen

Die drei Montagetische, «Takte» genannt, sorgen für reibungslosen Warenfluss und rationelles Arbeiten. Rechts: Der türenlose Schrank bietet Übersicht über den Vorrat an Silikon. Bild: Beatrix Bächtold

Die Spezialität der 50 Mitarbeitenden der H & T Raumdesign AG aus Aarau sind ausgeklügelte Schiebestapelwände. Vor einigen Jahren absolvierte der Geschäftsleiter und Schreiner Thomas Zulauf (Bild) ein Nachdiplomstudium in Lean-Management. «Daraufhin durchleuchteten wir die Abläufe und entschieden uns, zu optimieren», sagt Zulauf. Er betont «wir», denn ohne mitdenkende Mitarbeitende gehe gar nichts. Wie flüssig nun das Material fliesst, zeigt ein Blick in die Fertigungshalle für Schiebetürelemente. Man sieht drei Montagetische, «Fertigungstakte», nennt Zulauf sie . Im ersten Takt liegen die beschichteten Platten, im zweiten wird komplettiert, im dritten kommt das riesige «Baby» dann auf die Welt. Früher standen da vier Hobelbänke und zwei Leute. Heute rotiert das Team, es gibt keinen «König», jeder kann jede Aufgabe übernehmen. Damit diese Art Lean-Management funktioniert, brauchte es Input. Und den steuerten die Mitarbeitenden bei. So entstanden etwa die grossen Montagetische und die Auszüge auf Rädern, im Prinzip verstellbare Böcke, die sich der Plattenlänge anpassen. In den Auszügen ist auch das Werkzeug griffbereit verstaut, das es zum jeweiligen Takt braucht.

Der Chef nimmt alle Vorschläge ernst

Wer eine Idee hat, schreibt sie auf ein Formular und hängt sie an ein Brett im Aufenthaltsraum. «Montagmorgen, wenn ich komme, schaue ich immer zuerst auf das Brett. Ich bin halt ein Lean-Manager mit Herzblut», sagt Thomas Zulauf. Ein Lernender schlug etwa vor, an den Montagetischen keine bewegliche, sondern starre Rollen zu montieren. Mit diesen könne man besser geradeaus fahren. Die Idee wurde diskutiert. Man kam zum Ergebnis, dass man mit starren Rollen zwar leichter geradeaus fahren könne, beim Parken aber weniger beweglich sei. Und so wanderte das Formular, visiert vom Mitarbeiter, vom Chef und vom Produktionsleiter in einen Ordner. Vielleicht greift man ja später auf die Idee zurück. «Wir finden jeden Vorschlag spannend und nehmen ihn ernst», sagt Zulauf. Wird ein Vorschlag umgesetzt, gibt es keine Belohnung. Doch wer will, kann als Aktionär am Geschäftserfolg teilhaben. «So oder so. Ganz sicher ist jedem Mitdenkenden die Anerkennung im Team», sagt Zulauf. Natürlich sei es schwierig, wenn ein Mitarbeiter, der Jahrzehnte das gleiche gemacht hat, plötzlich umdenken müsse. «Jede Idee muss durch ein Tal der Tränen. Anfangs Aufbruchstimmung und Euphorie, später Ernüchterung, dann ein gemeinsames Feilen bis ein Ergebnis erzielt ist, das uns bei unserer Arbeit weiterbringt. Und das alles neben dem Tagesbusiness», sagt Zulauf. Da sei es verständlich, dass rund ein Prozent der Mitarbeitenden unter diesen Umständen keine Geduld für Neues aufbrächten.

Fort mit den Schranktüren

Vor zwei Jahren lud die H & T Raumdesign Kollegen aus der Schreinerbranche ein, Lean-Management und seine Auswirkungen in einem eintägigen Fachanlass live zu erleben. Ein erlebnisreicher Tag für die Schreiner. Doch für die Türen an gewissen Schränken ein schwarzer Tag. Zulauf erklärt: «Weil ein Mitarbeiter es vorgeschlagen hatte, haben wir die Türen am Silikonlager entfernt. Stichwort bessere Sichtbarkeit. Auch beim Verbrauchsmaterial ist ein guter Warenfluss wichtig.» Und so blieben die Türen fortan weg.

www.hta.ch

BEB

Veröffentlichung: 30. Juni 2022 / Ausgabe 26/2022

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