Am Anfang war der Schreiner

Mit der «Hirundella» hat Robert «Bobby» Glettig (76) viele schöne Reisen erlebt. Bild: PD

Lastwagen- und Buschauffeur, Taxifahrer, Fahr- und Tauchlehrer, Fachmann im Bereich der Service-Elektronik, Schiffsbauer. Robert «Bobby» Glettig hat schon ziemlich alles gemacht. Angefangen hat derweil alles mit einer Lehre als Bau- und Möbelschreiner. «Das Schreinerhandwerk hat mir von Anfang an sehr gut gefallen», erinnert sich der heute 76-Jährige. Trotzdem sollte Glettigs Schreinerkarriere nur von kurzer Dauer sein. Denn nach bestandener Lehrabschlussprüfung legte er die Führerprüfung für schwere Motorwagen ab und absolvierte danach die Rekrutenschule als Motorfahrer. Eine Leidenschaft, die ihn nie mehr loslassen sollte und zu seinem Beruf wurde. 13 Jahre als Tankwagen-Chauffeur und rund 25 Jahre als Auto- und Motorradfahrlehrer prägten Glettigs Berufsleben. Unterbrochen von einem neunjährigen Abstecher in den Bereich der Elektronik-Servicewelt. Insbesondere seine Aufgabe als Töfflehrer hatte es Glettig angetan. «Am Ende nannte man mich den ‹Töff-Papst von Chur›», sagt der Bündner lachend. Töfftouren waren es auch, die Glettig nach Sardinien führten. «Über 60 Mal war ich da und organisierte mit und für verschiedene Gruppen Touren rund um die Insel.» In dieser Zeit hat Glettig auch seine Freude am Tauchen entdeckt und kurzerhand die Tauchlehrerausbildung gemacht, um danach auch noch Tauchlehrgänge anbieten zu können. Und zwar nicht irgendwo, sondern auf der «Hirundella», seinem selbst gebauten Schiff und einem seiner ganz grossen Herzensprojekte.

Über neun Jahre zog sich der Bau der «Hirundella» hin, bis sie 2002 fertiggestellt war. «Es war unheimlich viel Arbeit», erinnert sich Glettig. Eine Arbeit, die sich aber mehr als gelohnt habe, und eine Arbeit auch, bei der ihm das erlernte Schreinerhandwerk immer zugute gekommen sei. So ist ein rund zehn Meter langes, knapp dreieinhalb Meter breites, hochseetaugliches Schmuckstück entstanden, das Platz für sechs Personen bietet. An die erste Wässerung des Schiffes kann sich Glettig noch gut erinnern. «Das war in der Kiesgrube in Untervaz», sagt er und lacht. «Ich blieb natürlich auf dem Schiff, denn wäre es untergegangen, hätte ich auch gleich mit untergehen wollen.» Die «Hirundella» ging nicht unter. Und sie bescherte Glettig und seiner Lebenspartnerin zahlreiche unvergessliche Reiseerleb- nisse wie etwa die erste Ausfahrt von Basel nach Marseille, die Tauchausflüge nach Sardinien oder die letzten Fahrten an der niederländischen Küste.

Vor fünf Jahren musste Glettig seine «Hirundella» abgeben. «Mit meinen Knieproblemen wurde es für mich schlicht zu viel», sagt er. Natürlich komme bei ihm hin und wieder Wehmut auf. Doch in erster Linie seien es einfach unheimlich viele schöne Erinnerungen, wenn er an diese Zeit zurückdenke. Kurz vor der Aufgabe seines Schiffes konnte sich Glettig immerhin noch einen weiteren Wunsch erfüllen. «Ich sprach über 20 Jahre davon, einmal einen Hund haben zu wollen», sagt er. Vor knapp fünf Jahren hat sich dieser Wunsch mit dem Hovawart Amiro erfüllt. «Er hält mich fit und wach», sagt Glettig über seinen vierbeinigen Wegbegleiter.

So fit, dass Glettig auch heute noch regelmässig in seiner Hauswerkstatt arbeitet. Denn seine Liebe zum Schreinerhandwerk hat er nicht verloren.

«Ich blieb natürlich auf dem Schiff, denn wäre es untergegangen, hätte ich auch gleich mit untergehen wollen.»

FB

Veröffentlichung: 09. Mai 2019 / Ausgabe 19/2019

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