Arbeiten ohne bleibende Schäden

Auch bei Produkten mit natürlichen Inhaltsstoffen werden Schutzhandschuhe empfohlen. Bild: Andreas Brinkmann

Schutzausrüstung.  Der Umgang mit vielen, meist flüssigen Stoffen im Schreinergewerbe verlangt Massnahmen zum Schutz der Mitarbeitenden. Das ist auch nötig bei Stoffen, die als harmlos gelten. Die Wahl der richtigen Ausrüstung ist auch von der Arbeitssituation abhängig.

Im Herstellungsverlauf einer Schreinerarbeit wird mit vielen Materialien hantiert, die bearbeitet, miteinander verklebt, gereinigt, beschichtet und veredelt werden. Es ist faszinierend, womit man sich im Schreinerberuf befassen kann und welche Produktevielfalt heute ein Betrieb anzubieten in der Lage ist. Wer bereit ist, sich mit neuen Herausforderungen auseinanderzusetzen, sieht, wie sich die Grenzen des Machbaren immer weiter nach aussen verschieben. Umso wichtiger ist es daher, dass man sich stets wieder bewusst macht, auf welcher Basis im eigenen Betrieb gearbeitet wird und welche Schutzausrüstung wann und wie einzusetzen ist.

Kein Mittel ist gefahrlos

Heute ist es selbstverständlich, dass zum Lackieren mit einem Spritzgerät ein gut belüfteter, staubfreier Raum und eine Atemschutzmaske notwendig sind. Viele Schreiner wissen auch, dass wasserverdünnbare Lacke für den Verarbeiter gefährlicher sind als solche mit Lösemitteln, da sich der Spritznebel in der Lunge festsetzt und nicht abgestossen wird. Manche Handwerker bieten daher lieber geölte Oberflächen an, denn die werden von Hand aufgetragen und bestehen oft aus naturnahen Produkten. Nur, ist das dann wirklich so harmlos, wie es gerne dargestellt wird? «Auch natürliche Rohstoffe und Lösemittel können dem Körper Schaden zuführen», sagt Gebhard Ochsner, Anwendungstechniker bei der Votteler AG in Schwarzenbach SG. «Auch können solche Dämpfe ab einer gewissen Menge Kopfschmerzen oder andere Beschwerden hervorrufen.»

Vorgegebene Lösungen vom Betrieb

Mittel, die aggressiv genug sind, Schutzhandschuhe zu durchdringen, können kaum als hautverträglich bezeichnet werden. Das Gleiche gilt für Leime, die sich dauerhaft mit Oberflächen verbinden, und für die Reiniger, die solche Leimrückstände entfernen. All diese Produkte sind feste Bestandteile in jeder Produktion. Ihre Anwendung muss entsprechend der Gebrauchsumstände jeweils eine betriebliche Grundlage haben, damit sie gewinnbringend ist, ohne Schaden anrichten zu können. Es sollte beispielsweise niemand ein PU-Leimgerät einer Kantenleimmaschine ohne den erforderlichen Schutz reinigen und dieser Schutz muss definiert und dem Anwender bekannt sein.

Was heisst das im Idealfall? Wer ein neues Produkt in den Betrieb bringt, der kümmert sich auch gleich um die Mittel, die bei der Anwendung zum Schutz der Mitarbeiter eingesetzt werden sollen. Die Verantwortlichkeiten sind klar geregelt und wer es genau wissen will, findet in der Informationsschrift SBA 140.d der Suva Antworten zum Thema Rechte und Pflichten auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes.

Der Hersteller weiss, was es braucht

Wer ganz konkret wissen will, welcher Schutz wann erforderlich ist, kann nicht einfach auf allgemeine Richtlinien zugreifen. Dort wird meistens nur darauf hingewiesen, was man schützen soll, aber nicht womit. Das weiss der Hersteller. Für jedes Produkt wird immer auch ein Sicherheitsdatenblatt erstellt, welches dann über den Händler zum Käufer kommen soll. Da diese Datenblätter mehrere DIN-A4-Seiten füllen können, wird man sie aber nicht gleich beim gekauften Mittel im Regal vorfinden, sondern muss allenfalls nachfragen.

Wer beispielsweise auf der Website der Opo Oeschger AG aus Kloten ZH Leime, Beschichtungsmittel, Reiniger und dergleichen sucht, kann immer gleich die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter herunterladen. Alle Datenblätter haben eine vorgegebene Struktur, damit man sich rasch orientieren kann. Der Abschnitt Nummer acht befasst sich immer mit der erforderlichen Schutzausrüstung.

Verhältnismässig und sicher

Welche Komponenten der Schutzausrüstung wann zur Anwendung kommen, muss je nach Situation bestimmt werden. Beim Ölen eines kleinen Musterbrettes entstehen beispielsweise viel weniger Dämpfe als bei einem Parkettboden. Wichtig ist, dass die allenfalls benötigte Ausrüstung vorhanden ist. Die Suva empfiehlt, aufgrund von Ist-Situationen, die jeweils erforderliche Zusammensetzung festzulegen.

Schutzanzüge verhindern einerseits, dass beim Lackieren Staub auf die Oberfläche kommt, andererseits kommt auch kein Lack- oder sonstiger Nebel auf die Haut. Bei sehr vielen flüssigen Produkten steht auf dem Sicherheitsdatenblatt, dass eine dichtschliessende Schutzbrille verwendet werden soll, damit keine Spritzer in die Augen gelangen. Das bedeutet, dass viele der üblicherweise benutzten Brillen zu wenig Schutz bieten.

Fast immer sind lösemittelbeständige Handschuhe vorgeschrieben. Ob das Ein- oder Mehrweghandschuhe sind, ist weniger wichtig als die Durchdringungszeit, bis das Lösemittel die Haut erreicht – und ja, auch bei «lösemittelfreien», natürlichen Ölen sind Handschuhe vorgeschrieben.

Leider gerne unterschätzt

Gebhard Ochsner weist noch auf alltägliche Situationen hin: «Vergessen oder zumindest weniger beachtet wird der Misch- und Reinigungsprozess. Auch hier gilt die Vorgabe, dass Handschuhe, Maske und gegebenenfalls Schutzbrillen zu tragen sind. Gerade Härter sollte nicht an die Hände gelangen.» Was Masken anbelangt, gibt es auf der Website der 3M Schweiz AG aus Rüschlikon ZH einen Atemschutz-Ratgeber zum Herunterladen. Weiterhelfen kann aber auch jeder Händler.

Von der Votteler AG kommt noch ein Hinweis, der interessieren dürfte: Um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer in der gesamten EU weiterhin sicher mit Diisocyanaten umgehen können, werden nun im Rahmen der europäischen Reach-Verordnung neue Schulungsanforderungen verbindlich vorgeschrieben. Unternehmen müssen ihre Mitarbeitenden bis zum 24. August 2023 schulen. Weitere Informationen sind beim Verband Schweizerischer Lackfabrikanten (VSLF) erhältlich.

www.votteler.comwww.suva.chwww.opo.chwww.3mschweiz.chwww.vslf.ch

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 10. März 2022 / Ausgabe 10/2022

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