Auf dem falschen Fuss erwischt

Alina Betschart (23) bei ihrer Bodenübung an der Schweizermeisterschaft im Geräteturnen 2022. Bild:PD

Leute. Für Alina Betschart aus Frauenfeld TG stand in den vergangenen Jahren ein Körperteil besonders im Fokus: ihr rechter Fuss. Nicht etwa wegen des Tattoos an ihrem Fussgelenk, sondern wegen der Geschichte hinter der Narbe, die seit Kurzem direkt daneben zu sehen ist.

«Inzwischen spüre ich die Stelle nur noch nach einem harten Training», sagt die 23-Jährige und massiert sich die erst kürzlich verheilte Haut. Zuvor, genauer gesagt vor der Operation Anfang Mai, waren die Schmerzen im rechten Fussgelenk ein ständiger Begleiter. «Vor zwei Jahren habe ich mir bei einem Trainingssprung die Bänder am rechten Sprunggelenk gerissen», erzählt die junge Schreinerin, die seit ihrer Kindheit leidenschaftlich gerne turnt. Vor 15 Jahren wechselte Betschart nach zwei Jahren Kunstturnen ins Geräteturnen. Die Trainingshalle ist dieselbe geblieben, die Turnfabrik in Frauenfeld. Neue Sprünge trainiert man hier in einer sogenannten Schnitzelgrube. In einem grossen Becken dienen Schaumstoffschnitzel als Puffer, damit es auch bei unsauberen Landungen zu keinen Verletzungen kommt. Bei dem verhängnisvollen Sprung, einem Salto mit ganzer Schraube, verdrehte sich Betschart das Fussgelenk jedoch trotzdem unglücklich.

«Danach hatte ich immer wieder Schmerzen und deshalb auch sehr wenig Vertrauen in meinen Fuss», sagt die junge Schreinerin, die zurzeit bei der Meier Schreinerei AG in Weinfelden TG arbeitet. «Wenn das Vertrauen fehlt, ist gleichzeitig auch das Risiko für weitere Verletzungen höher», sagt Betschart. Deshalb habe sie sich zur Operation entschieden. Eine Entscheidung, die sie auch mit ihrem Arbeitgeber abgesprochen hat, da der Eingriff eine Arbeits- und Trainingspause von sechs Wochen zur Folge hatte. Bei der Operation wurden die äusseren Bänder des Sprunggelenkes gestrafft und neu verankert. Die ersten Wochen nach dem Eingriff waren für die Turnerin nicht einfach. Zu schaffen gemacht haben ihr aber nicht etwa die Schmerzen, die das frisch operierte Gelenk verursachte. «Schmerzen bin ich gewohnt, die gehören beim Turnen einfach dazu. Aber ich wusste absolut nicht, was ich mit der freien Zeit anfangen soll, die ich plötzlich zur Verfügung hatte», sagt Betschart. Ein Umstand, der nicht verwundert, denn nebst den zwei Trainingsabenden im Einzelgeräteturnen besucht sie normalerweise noch die Trainingsstunde im Vereinsturnen und leitet an den weiteren Abenden der Woche die Turnstunden zweier Nachwuchskategorien. Von April bis Oktober finden dann auch fast jedes Wochenende Wettkämpfe statt. «Auf einmal fällt das alles weg, ich war recht frustriert», sagt Betschart. Lachend fügt sie jedoch hinzu: «Nach zwei, drei Wochen konnte ich es aber akzeptieren und danach sogar geniessen.» Es habe ihr richtig gutgetan, wieder einmal Zeit für sich zu haben und dem Körper eine Ruhepause gönnen zu können. Eine Pause, die inzwischen längst wieder vorbei ist. Denn ihr Ziel ist die diesjährige Schweizermeisterschaft Anfang November. Dafür trainiert die junge Thurgauerin bereits wieder intensiv. «Ich bin ziemlich ehrgeizig, aber diese Verletzung hat mir gezeigt, dass ab und zu ein wenig Entspannung nicht so verkehrt ist.»

«Schmerzen bin ich gewohnt, die gehören beim Turnen einfach dazu. Aber ich wusste absolut nicht, was ich mit der freien Zeit anfangen soll.»

Sven Bürki

Veröffentlichung: 18. September 2023 / Ausgabe 37/2023

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