Badezimmer, die allen dienen

Die Ausbaulösung der Ruepp Schreinerei AG ist barrierefrei und lässt sich von allen nutzen. Bild: Ruepp Schreinerei AG

Hindernisfrei.  Das fortschreitende Alter der Generation «Baby-Boomer» verlangt nach neu gedachten Wohnräumen, die auch zunehmenden Beeinträchtigungen Rechnung tragen können. Eine grundsätzliche Planung mit entsprechender Weitsicht nützt letztlich allen.

Barrierefreies Wohnen bedeutet, dass Hindernisse nicht bewältigt werden müssen, weil sie erst gar nicht da sind. Beispielsweise schwellenlose Durchgänge und bodenebene Duschtassen, deren Oberfläche auch im nassen Zustand kein Rutschen erlauben, sind Annehmlichkeiten, die alle schätzen, ganz gleich, wie fit sie körperlich sind. In einem solchen Umfeld fühlt man sich zu Hause. Für Leute mit körperlichen Beeinträchtigungen kann das Nichtvorhandensein von Barrieren die Selbstständigkeit massiv erhöhen oder überhaupt ermöglichen.

Die Sicht auf die Dinge

Die Körperpflege ist eine wichtige, alltägliche Tätigkeit, wodurch Bad und WC als funktionale Räume einen hohen Stellenwert haben. Beispielsweise dunkle Badezimmer mit Spotlampen als Beleuchtung, heben einzelne, oft kleine Bereiche im Raum hervor und lassen alles andere in Dunkelheit versinken. Das kann schon ein Hindernis darstellen. Durch den hohen Lichtkontrast können Dinge schlechter wahrgenommen werden, und im Spiegel ist eine davorstehende Person nicht gut oder nur mit starken Schlagschatten erkennbar. Menschen mit verringerter Sehkraft sind in solchen Situationen schnell einmal überfordert. Sie brauchen eine Beleuchtung, welche blendfrei alles im Raum deutlich erkennbar und kontrastreich zeigt, wodurch ein Gesicht im Spiegel gleichmässig erkennbar ist.

Mit dem Alter kommen die Probleme

Alleine schon durch das fortschreitende Alter nimmt die Sehkraft immer weiter ab und die Blendempfindlichkeit zu. «Die Lichtoptimierung ist die einfachste und effektivste Massnahme, um die Sehschärfe, die Kontrastwahrnehmung, die Lesegeschwindigkeit und das psychische Wohlbefinden zu verbessern», ist in den Unterlagen des Schweizerischen Zentralvereins für das Blindenwesen SZBlind mit Sitz in St. Gallen nachzulesen. «Gute Entblendungswerte sind am einfachsten mit einer hauptsächlich indirekten Beleuchtung und grossflächigen Leuchten zu erreichen.»

Der SZBlind hat zu diesem Thema ein Merkblatt erarbeitet, welches auf seiner Website unter Infothek heruntergeladen werden kann. Neben vielen technischen Angaben sind dem Merkblatt auch Tipps zur Erreichung einer grösseren Planungssicherheit zu entnehmen.

Situativ angepasste Einrichtung

Mit einer bewussten Planung der Materialisierung und Farbgebung kann sehr viel zu einer besseren Sichtbarkeit beigetragen werden. Oberflächenstrukturen und eine klar definierte Anordnung der Dinge des täglichen Gebrauchs unterstützen zudem routinierte Abläufe.

Wenn Personen eine körperliche Beeinträchtigung aufweisen, braucht es zusätzlich eine besondere Planung. Wer auf einen Rollator oder sogar einen Rollstuhl angewiesen ist, benötigt ausreichend Platz für sein Fahrzeug. Während der Rollator eventuell nur hingestellt wird, muss mit dem Rollstuhl alles Notwendige zu erreichen sein. Alle Dinge des täglichen Bedarfs sollten somit auch aus einer sitzenden Position heraus gut sichtbar, erreichbar sowie bedienbar sein. Wer einen Rollator benötigt, wird sich über die Möglichkeit freuen, einen Hocker benutzen zu können.

Intime Planung mit Weitsicht

Der Sanitäreinrichter Geberit, mit Schweizer Vertretung in Jona SG, empfiehlt vorausschauend zu planen. So können bei der Verwendung einer Vorwandinstallation beispielsweise die Befestigungsplatten für die Nachrüstung von Haltebügeln beim WC schon installiert werden. So muss bei späteren Anpassungen nicht in die Baustruktur eingegriffen werden. Wandhängende WCs erleichtern das einfachere Putzen des Fussbodens, und sie erlauben eine individuelle Höhe beim Montieren. Es gibt sogar höhenverstellbare Modelle. Ist auch ein Stromanschluss vorhanden, kann später ein WC mit integrierter Duschfunktion installiert werden, was das Leben von bewegungseingeschränkten Menschen enorm erleichtert. Ebenso ist eine Fernbedienung der Spülung sehr sinnvoll.

Grundlegende Normen

Auch wenn es für uneingeschränkt gesunde Menschen schwer nachzuvollziehen ist, wie umfassend eine Badezimmerplanung idealerweise sein soll, zeigt dies das Leben immer wieder mit kurz- oder langfristig dauernden Veränderungen auf. Schon ein kleiner Unfall beim Sport schränkt den Betroffenen massiv in seinem Tun ein – sonst Banales wird dann schwierig.

Die Schweizer Fachstelle «Hindernisfreie Architektur» ist ein nationales Kompetenzzentrum, das sich mit sämtlichen Belangen in diesem Fachbereich befasst und bei der Ausarbeitung entsprechender Normen dabei ist. Ihre Richtlinie «Wohnungsbau, hindernisfrei – anpassbar, 2023» vermittelt praxisnah Lösungen für die Umsetzung eines solchen Wohnungsbaus. Diese Richtlinie kann von der Website der Fachstelle heruntergeladen werden.

Ohne Freiflächen geht nichts

In dem Dokument ist nachzulesen, dass mindestens ein Sanitärraum pro Wohnung an individuelle Bedürfnisse der Bewohner anpassbar sein muss. Das ist bei Neubauten problemlos realisierbar, bei Umbauten kann das allerdings etwas mehr Aufwand erfordern. Das wichtigste Kriterium ist neben der Durchgangsbreite die Raumgrösse, damit später vor jeder Sanitäreinrichtung (jedem Apparat) genügend Bewegungsfläche für die Nutzung mit Rollstuhl oder Rollator zur Verfügung steht.

Diese Freiflächen sind in ihren minimalen Abmessungen definiert, damit an die jeweiligen Apparate herangefahren und vom Rollstuhl aus transferiert werden kann. Bei geschickter Anordnung der Apparate können die erforderlichen, sich überlappenden Freiflächen auch einen relativ kleinen Raum zulassen. Schon ein Raum von 1,8 mal 1,8 Meter lässt sich mit WC, Lavabo und Dusche zu einem geeigneten Sanitärraum ausstatten. Er schliesst allerdings die Möglichkeit einer Badewanne aus. Bei der in diesem Fall erforderlichen Freifläche von mindestens 1,2 mal 1,2 Meter darf absolut nichts hineinragen. Duschtrennwände sind daher oft nicht einsetzbar. Vorhänge bieten dagegen einiges mehr an Flexibilität. Es lohnt sich zudem, schon bei der Raumplanung stabile Befestigungszonen für später notwendige Haltevorrichtungen einzuplanen und sehr gut zu dokumentieren.

www.szblind.chwww.geberit.chwww.hindernisfreie-architektur.chwww.rueppschreinereiag.ch

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 24. August 2023 / Ausgabe 34/2023

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