Bekömmlich für Holz

Lackieren oder ölen? Die Schreiner lassen dem Kunden im Badezimmer immer häufiger die Wahl und beraten entsprechend. Bild: Victoria + Albert

Oberflächen.  Schreiner sind immer öfter als Badezimmergestalter aktiv. Die SchreinerZeitung hat nachgefragt, wie die Oberflächen ausgebildet werden. Das Ergebnis: Öle und Lacke werden gleichermassen erfolgreich eingesetzt. Wichtig sei die Kommunikation der Vor- und Nachteile.

«Früher waren wir nicht besonders erpicht darauf, Badezimmerausstattungen zu realisieren», sagt Sven Manser, Inhaber der Benno Manser AG. Es sei sehr aufwendig mit den Details. «Dann kamen die Aufträge immer häufiger und inzwischen haben wir eine gewisse Routine und auch ein Lösungsportfolio entwickelt», erklärt er. Und heute sei es auch so, dass der Schreiner preislich gut mithalten könne, solange es nicht um Stangenware gehe. «Bei Materialien und Qualität sind wir vielseitiger und zuverlässiger für die Erfüllung von Kundenwünschen als die Anbieter von Badezimmer-möbeln mit relativ wenigen Varianten aus den Standardprogrammen», sagt Manser.Bei den Oberflächen für die Möbel im Bad hat das Unternehmen vereinfacht. Hatte man früher gleich drei verschiedene Lackhersteller in der Verarbeitung, ist es heute nur noch einer. Manser ist bei der Kundenberatung für die Oberfläche vor- und umsichtig. So weist der Schreiner darauf hin, dass kunstharzbeschichtete Oberflächen recht unempfindlich sind. Wünscht der Kunde natur, beziehungsweise farblos lackierte Holzoberflächen, verschweigt er nicht, dass diese einer gewissen Achtsamkeit im Umgang bedürfen.

Knackpunkt: Pflege liegender Flächen

Das gelte vor allem für liegende Flächen. Stehe das Wasser häufiger auf den Waschtischabdeckungen, dann seien sowohl lackierte als auch geölte Oberflächen in Holz nicht wirklich geeignet. Gerade bei den Abdeckungen mit aufgesetzten Waschbecken, die sich derzeit grosser Beliebtheit erfreuen, gebe es immer etwas Spritzwasser bei der Benützung. Entscheidend, egal ob geölt oder lackiert, scheinen deshalb die Gewohnheiten der Benutzer und die damit verbundene Pflege zu sein. «Man muss den Kunden darauf aufmerksam machen, dass auf liegenden Flächen Wasserflecken entstehen können, wenn man diese nicht richtig pflegt und das Wasser auf der Fläche nicht gleich wieder aufnimmt», so Manser. Wer etwa kleine Kinder hat, wenig nach seinen Möbeln schaut oder vielleicht eher sparsam lüftet, dem empfiehlt Manser weder Lack noch Öl für die Waschtischabdeckung, sondern eine beschichtete Oberfläche, die entsprechend strapazierfähig und langlebig ist. Kein Wunder, gibt etwa die Badewell AG auf ihrer Internetseite Pflegehinweise zu Badezimmermöbeln. Dort heisst es unter anderem: «Entfernen Sie auftretende Verschmutzungen möglichst sofort. Und reiben Sie anschliessend die Oberflächen trocken».

Geschieht dies nicht, sind weder Öl noch Lack auf Dauer bekömmlich für ein schönes Antlitz von Holz im Badezimmer. «Bei horizontalen Flächen ist besonders wichtig, dass diese nach dem Kontakt mit Wasser regelmässig trockengewischt werden», bestätigt Franz Thummer von der Adler-Werk Lackfabrik den Sachverhalt.

Wichtig: Gewohnheiten der Kunden

Für Patrik Andrey, Inhaber und Geschäftsleiter von der Wohnmacher AG, ist die Kommunikation mit dem Kunden entscheidend, um herauszufinden, welche Oberfläche im jeweiligen Fall die richtige Lösung ist. «Vor zehn Jahren habe ich den Kunden noch gewisse Sachen ausgeredet, heute erkläre ich ihnen eher die Vor- und Nachteile einer Lösung und lasse sie dann selbst entscheiden», so Andrey. Sowohl geölte als auch lackierte Flächen können sich je nach Gewohnheiten ganz unterschiedlich mit ihren Eigenschaften darstellen. «Die geölte Fläche kann der Kunde selbst pflegen und auch reparieren, eine lackierte Fläche kann ein Kunde lediglich reinigen», sagt Andrey. Aber: Die fachgerecht lackierte Oberfläche verzeiht erst mal etwas mehr als die geölte.Wer kennt es nicht, gerade bei diesen sommerlichen Temperaturen: Man stellt ein gut gekühltes Getränk auf eine geölte Holzfläche und sieht dann noch lange danach die Ränder des Glases auf der Fläche. Oder allenfalls auch die milchig weissen Flecken, wenn der Lackfilm Feuchtigkeit durch eine vorangegangene Beschädigung an einer Stelle durchlässt.

Gefahr: Nagellackentferner

Andererseits sei die Tischplatte und auch die Küchenabdeckung deutlich stärker beansprucht als die Oberflächen im Badezimmer. Wären da nicht ganz besondere Belastungen, auf die Andrey und Manser hinweisen: der Einsatz von Nagellackentferner. Wer einer Kundin, die heute mit roten Nägeln und morgen mit blauen erscheint, eine lackierte Fläche empfiehlt, der hat mutmasslich schon übermorgen eine unzufriedene Kundin. «Dann ist wegen des Lösemittels im Nagellackentferner eine geölte Fläche die bessere Wahl», weiss Andrey. Andererseits ist die Bereitschaft beim Kunden meist eher gering, geölte Flächen regelmäs-sig zu pflegen. «Oft ist es zu spät, bis der Kunde überhaupt auf die Idee kommt», weiss Manser. «Bei verschiedenen Gesprächen mit Kunden haben wir den Eindruck gewonnen, dass diese zwar optisch eine geölte Oberfläche schön finden, aber den Aufwand der Pflege nicht in Kauf nehmen wollen», sagt Emanuel Hausammann von der Loosli Badmöbel AG.

Unerlässlich: Kommunikation

«Ich versuche immer herauszufinden, ob der Kunde eher von der natürlichen oder der optischen Seite herkommt. Dann erkläre ich ihm die Vor- und Nachteile beider Beschichtungen und er kann wählen, ob er lieber eine natur-matt lackierte oder eine geölte Oberfläche möchte. In den häufigsten Fällen sieht er den Unterschied nicht wirklich und er entscheidet sich dann öfter für die matt lackierte Oberfläche, weil diese weniger Pflege braucht», sagt Andrey.

Bei nicht filmbildenden Lasuren und Ölen ist eine Unterwanderung der Beschichtung und in der Folge ein Abplatzen des Filmes nicht möglich. «Die Wasserfestigkeit der- artiger Beschichtungen ist in der Regel aber deutlich geringer als von lösemittel-basierten Zwei-Komponenten-Polyurethanlacken», erklärt Franz Thummer.

Auch Manser bewahrt den Kunden durch den offenen Umgang mit den Vor- und Nachteilen der Oberflächensysteme vor späteren Überraschungen. «Wir haben noch nie Reklamationen oder Schäden gehabt, aber man muss das Thema beim Kunden gut kommunizieren», so Manser. «Das ist auch ein guter Grund für den Schreiner im Badezimmer, denn dieser kann entsprechend gut beraten und ist im Vergleich zu einem Installateur dann doch deutlich kompetenter», sagt Manser. Andrey berichtet von guten Erfahrungen mit beiden Ansätzen. «Wir haben für Oberflächen im Badezimmer sowohl mit Öl als auch mit Lack bislang nur gute Erfahrungen gemacht», sagt er. Reklamationen gebe es nicht.

Bloss nicht: den falschen Lack

Da wasserlösliche Lacke nach wie vor bei Schreinern eher selten zum Einsatz kommen, wird bei lackierten Flächen für Badezimmermöbel in der Regel ein DD-Lack auf Polyurethanbasis verwendet. Das gilt sowohl für farblose als auch für die Ausführung von farbig deckenden Beschichtungen. «Der vom Hersteller empfohlene Aufbau ist dabei unbedingt einzuhalten», weiss Richard Kläger von der gleichnamigen Schreinerei. Dies werde in der Praxis oft eher etwas vernachlässigt. Dasselbe gelte auch für das Ölen. Bei der Oberflächenbehandlung mit Öl sei nicht nur die Deckschicht entscheidend, sondern auch der Aufbau mit einem produktabhängigen Grundieröl und der Nachbehandlung mit einem abgestimmten Pflegeprodukt, ähnlich wie bei einem Parkettboden.

Nitrocelluloselack habe man schon einmal eingesetzt, was sich aber als Fehler erwiesen habe. Das bestätigt auch Thummer: «NC-Lacke sind im Badezimmer nicht zu verwenden. Wir empfehlen hier hochwertige, lösemittelbasierte Zwei-Komponenten-Polyurethanlacke.»

Da matte Oberflächen mit fühlbarer Struktur derzeit beliebt sind, haben die Lackhersteller zum Teil auch die typischen «Glanzunterschiede» durch die unterschiedliche Vernetzung in Vertiefungen in den Griff bekommen. Die matt lackierte Fläche ist so auch bei Oberflächen mit Struktur in den Vertiefungen des Holzes durchgängig matt. «Wir hatten eine relativ raue Oberfläche im Sortiment in Eiche, die recht schwierig zu lackieren war, weshalb wir diese Oberfläche geölt und den Rest lackiert haben. Heute verwenden wir einen Mattlack für das ganze Möbel, der optisch wie geölt aussieht», erklärt Hausammann.

www.manser-ag.chwww.badewell.chwww.adler-lacke.comwww.wohnmacher.chwww.loosli-badmoebel.chwww.klaegerag.ch

ch

Veröffentlichung: 09. Juli 2015 / Ausgabe 28-29/2015

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