Das Steuer fest in Schreinerhand

Mit dem Schweizer Brevet in der Tasche begibt sich Schreiner Pascal Schneider (45) auf die Weltmeere. Bild: PD

Wenn die See tobt und sich die Wellen auftürmen, ist Pascal Schneider in seinem Element. «Hinaus aufs Wasser! Ein Tag genügt, um die Batterien wieder aufzuladen. Die dafür benötigte Zeit lohnt sich», sagt der Schreiner. Als Mitbegründer und Geschäftsführer der Reseda-Standorte Spreitenbach und Luzern scheint er sich mit Investitionen bestens auszukennen. Seit 2005 lässt der 45-Jährige in seiner Werkstatt für seine Kundschaft Designmöbel aus Millionen von Teilen nach Mass anfertigen, nachhaltig und ohne Zwischenhandel.

Doch nun zurück zum Wasser. Vor rund zehn Jahren steckte ein befreundetes Pärchen den Unternehmer mit dem Segelvirus an. «Obwohl ich vorher noch nie auf einem Segelboot war, begleitete ich die beiden spontan auf einer Etappe ihrer Weltreise», erzählt er. Als das Grüppchen in einem türkischen Hafen an Bord ging, herrschte bereits relativ raue See. «Als ich den Fuss auf das Schiff setzte, spürte ich sofort: Da geht für mich eine Welt auf», sagt Pascal Schneider. Er steckte das Auf und Ab der Wellen locker weg, und so zog es ihn dann später auch, vom Segelfieber gepackt, in die Republik Seychellen. Zu diesem an sich schon grossen Seeabenteuer kamen noch viele kleine dazu, wie zum Beispiel die Lebensmittelbeschaffung vor Ort. «Kokosnüsse und Papaya direkt vom Baum und in einem Geschäft eine alte Gefriertruhe mit unverpacktem Fisch und gefrorenen Hühnern im Federkleid», erzählt er amüsiert.

Weil Pascal Schneider kein Mann ist, der auf Dauer einfach mitfährt und die Verantwortung delegiert, will er mehr und macht in der Schweiz den Hochseeschein. Er hätte es leichter haben können und diesen Ausweis zum Beispiel in Deutschland mit einem Bruchteil an Zeit und Kosten erlangen können. Doch Pascal Schneider bevorzugte die intensivere Ausbildung in der Schweiz. «Die Anforderungen sind in der Schweiz höher, aber man lernt auch mehr. Die Hochsee ist kein Spielplatz. Schliesslich hängt mein Leben und jenes der Crew von meiner Ausbildung ab», sagt er. Also büffelte er Theorie und absolvierte die vorgeschriebenen drei Wochen Seefahrt mit mindestens 18 Tagen auf See und 1000 Seemeilen. «Jetzt kann ich exakt navigieren, auch wenn alle andere Technik versagt», sagt er. So wie zum Beispiel damals bei einer komplizierten Einfahrt in einen Hafen an der Ostsee. «Es herrschte verheerend viel Wind. Die Befeuerung fiel aus, es war stockdunkel. Das Wasser rechts und links war so seicht, dass selbst die Enten im Wasser stehen konnten. Und wir mussten uns den Weg neben Schnellfähren in einer schmalen Fahrrinne suchen», erzählt Schneider. Nur wer gut ausgebildet ist, kann so eine schwierige Situation bewältigen.

«Als Unternehmer ist das ganz ähnlich», zieht Schneider den Vergleich. Anstatt Wetterlage müsse man einfach das Wort Wirtschaftslage einsetzen. «Bevor man einen Kurs einschlägt, muss man schauen, woher der Wind weht. Wenn der Wind dreht, muss man die Segel neu setzen. So macht man aus einer anfangs ungünstigen Ausgangslage das Beste», sagt er. Und beim Weiterphilosophieren entdeckt er sogar Ähnlichkeiten zu seinem Beruf. Er sagt: «Skipper und Schreiner haben eine breite Ausbildung und arbeiten mit der Natur. Dazu kommt: Selbst ein neues Schiff ist ein Flickwerk, und als Schreiner kenne ich mich bestens aus mit den verschiedensten Materialien.»

«Die Hochsee ist kein Spielplatz. Schliesslich hängt mein Leben und jenes der Crew von meiner Ausbildung ab.»

beb

Veröffentlichung: 21. Juni 2018 / Ausgabe 25/2018

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