Dem Zauber der Trompete erlegen

Er setzt ganz auf die Karte Musik: Den Hobel hat der gelernte Schreiner Niklaus Egg (26) gegen die Trompete getauscht. Bild: Tomasz Trzebiatowski

Bahnhof Bern. Niklaus Egg geht mit langen Schritten durch das Café, nimmt Platz und entschuldigt sich für die kleine Verspätung. Seine schwarze, rechteckige Tasche lässt er unter dem Tisch verschwinden. Egg bewahrt sein wichtigstes Arbeitsinstrument darin auf – die Trompete. Der Musiker und sein Instrument; im Klang werden sie zur Einheit. Die innige Beziehung zwischen Niklaus Egg und der Trompete nahm im zarten Alter von acht Jahren beim Musikunterricht ihren Anfang und reifte später im Musikverein Rothrist. Damals war ihm das Trompetenspiel ein schöner Zeitvertreib. Nach Beginn der Schreinerlehre hätte er sich auch eine hölzige Karriere vorstellen können. Die bevorstehende Rekrutenschule führte schliesslich zu einer wegweisenden Entscheidung. «Ich hatte mich für die Prüfung zur Aufnahme in das Schweizer Armeespiel angemeldet, da habe ich angefangen, noch mehr Zeit in die Musik zu investieren», sagt der 26-Jährige. Die Fachjury der Militärmusik hat er überzeugt. Seither rhythmisiert die Musik sein Leben: An der Hochschule für Künste studierte er das Spiel der klassischen Trompete sowie der ventillosen Barocktrompete und machte das Lehrdiplom für Musik. Der junge Aargauer ist ein umtriebiger Musiker, er unterrichtet, hat Gastauftritte bei verschiedenen Orchestern und Formationen.

Im Sinfonischen Blasorchester Aulos ist er Solist. In der Freizeit tauscht er die Trompete öfters gegen das Alphorn, und er scheut sich nicht, neue musikalische Pfade zu begehen – etwa mit dem Lucerne Brass Ensemble, das er 2012 mitgegründet hat. Die siebenköpfige Truppe tritt als Quartett, Quintett oder eben als Septett auf. «Blasmusikensembles in einer Besetzung von vier oder sieben Musikern sind sehr ungewöhnlich. Das macht uns irgendwie speziell», sagt Egg. Neben der Bühne fungiert er als Manager und organisiert die jährliche Tour. Das Ensemble im klassischen Konzertkalender unterzubringen, ist gar nicht so einfach. «Wir tragen den Blasmusikstempel», erklärt er. Blech hat zuweilen einen schweren Stand gegenüber klassischen Formationen, die in renommierten Konzerthäusern grösseren Anklang finden. Damit der Sprung auf die ganz grossen Bühnen gelingt, muss man sich erst einen Namen machen. «Dafür braucht es Jahre der Aufbauarbeit. Aber langsam tragen unsere Bemühungen Früchte.» Letzten Sommer war Niklaus Egg an der «Music Academy of the West» in Santa Barbara zu Gast. Unter den achtzig Bewerbern gehörte er zu den vier Auserwählten, die während acht Wochen bei berühmten Trompetenspielern pauken durften. Für Strand und Meer in Kalifornien blieb wenig Zeit – auf Proben folgten Unterricht und Auftritte. «Es war ein bisschen wie in einem Trainingslager», sagt Egg. Im Mai wird er an der «Haute école de musique de Genève» mit dem Master of Arts in Music Performance Orchestra ein weiteres Studium abschliessen. Die Klischees über eisernen Willen und Disziplin sind wahr – Talent alleine reiche eben nicht, sagt Egg. «Über den berühmten Trompetenspieler Maurice André weiss man, dass er täglich bis zu sieben Stunden geübt hat.»

Der Musiker verabschiedet sich, greift nach seiner Tasche und geht aus dem Café. Im Proberaum will er noch ein paar Töne spielen, bevor am Abend die Probe mit dem Berner Kammerorchester ansteht. Wie sein Vorbild André lebt auch er im Takt der Musik und arbeitet an seinem grossen Traum, eines Tages eine feste Anstellung in einem Orchester zu erhalten.

«Um sich einen Namen zu machen, braucht es Jahre der Aufbauarbeit. Aber langsam tragen unsere Bemühungen Früchte.»

sas

Veröffentlichung: 28. Januar 2016 / Ausgabe 4/2016

Artikel zum Thema

25. April 2024

Mit viel Gwunder voran

mehr
22. April 2024

Blitzschnell mit Stock und Ball

Leute. Er trainiert fünfmal pro Woche, viermal zwei Stunden nach der Arbeit und einmal morgens um 7 Uhr vor der Arbeit. Bei so viel Engagement müsste er ja einer der besten Unihockey-Spieler der Schweiz sein. Doch Marcel Arnet, der beim UHC Uster spielt, winkt ab: «Nein, ganz sicher nicht.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Leute