Der Thurgauer Trüffelbauer

Jürg Truninger (37) auf seiner Trüffelplantage: Mit etwas Glück kann er in zwei Jahren ernten. Bild: Franziska Hidber

Lotti ist zufrieden. Sie schnuppert an der jungen Eiche und lässt sich dann mit einem Schmatzen auf dem Bodenvlies nieder, kurz darauf ist ihr Schnurren deutlich zu hören. Jürg Truninger lacht und streichelt die Hofkatze: «Sie denkt, das hier sei ihr Privatwald.»

Was Lotti nicht wissen kann: «Das hier» – rund 700 Jungbäume, Eichen, Schwarzkiefern, Buchen und Haseln – ist eine Trüffelplantage. Truninger hat sie vor drei Jahren auf seinem Hof in Hörhausen angelegt, hoch oben auf dem Thurgauer Seerücken. «Zuerst schickte ich eine Bodenprobe ein, um den Kalkgehalt testen zu lassen», erinnert er sich. Denn Kalk ist die Bedingung Nummer eins für den Trüffelanbau. Dazu Südlage und ein leicht abfallendes Gelände. Als die Bestätigung eintraf, gab es für den Trüffelliebhaber kein Zurück mehr: Er zäunte 70 Aren Land ein, um die Rehe fernzuhalten, liess die Wurzeln von 600 Jungbäumen mit Sporen des Burgundertrüffels impfen, weitere 100 Baumwurzeln mit Sporen des Wintertrüffels, und pflanzte alle 700 an. Inzwischen ist der Jungwald ordentlich gewachsen, aber kein einziger Trüffel. «Bis die ersten spriessen, dauert es sicher noch zwei Jahre», weiss der Trüffelbauer, «vielleicht aber auch sieben – und wenn es ganz dumm läuft, ernte ich gar nie etwas.» Ein Risiko, das dem Bauernsohn von Anfang an bewusst war. Er hat sich im Vorfeld gründlich vorbereitet: viel gelesen, Trüffelbauer um Rat gefragt, sogar einen Kurs besucht.

Gut gerüstet, wagte er sich an die Investition von 30 000 Franken. Einen Teil sammelte er auf einer Crowdfunding-Plattform im Internet, ein anderer Teil fliesst via Patenschaften in die Plantage. «Dass so viele Leute eine Patenschaft für einen Trüffelbaum übernehmen wollen, hätte ich nie gedacht», freut sich der Initiator.

Mit diesen Beiträgen deckt er die Unkosten, dafür erhalten die Paten später ihren Anteil an der Ernte und werden heute schon zu Trüffel-Events geladen. Zum finanziellen Aufwand addiert sich die Arbeit. «Die Erde rund um die Bäume muss regelmässig gelockert und gejätet werden, das kostet mehr Zeit als gedacht», räumt der 37-Jährige ein. Dazu kommen die Sprinkleranlage und der Bodenschutz, auf dem sich Lotti gerade räkelt, plus die Kontakte zu den Partnern und das Organisieren der Events. Doch die Euphorie, die seine Trüffelidee ausgelöst hat, sowie der Rückhalt durch die Paten machen das für ihn längst wett. Und natürlich hofft er, dass sich der Einsatz auszahlen wird: Um die 700 Franken kostet ein Kilo der raren Delikatesse aktuell. Hätte er hier auf dem elterlichen Hof nicht die idealen Bedingungen gefunden, wäre er womöglich immer noch als Schreiner tätig. «Ich liebte meinen Beruf und hatte nie vor, den Hof zu übernehmen.» Doch jetzt – Trüffel sei Dank – hat er zur Erleichterung seines Vaters genau das getan. Schon Truningers Urgrosseltern bestellten hier die Felder.

Mit dem Anbau von Weizen, Gersten, Mais und Raps, der kleinen Mutterkuhherde und den Erdbeer- und Kirschplantagen plus den Trüffeln hat die Familie heute noch alle Hände voll zu tun. Als sein Vater erstmals von der Trüffelplantage gehört hatte, sei er skeptisch gewesen, erzählt Truninger. Und auch die Kollegen, die zunächst an einem bierseligen Abend begeistert riefen: «Ja, das ist im Trend, so cool, das musst du unbedingt machen», äusserten am Morgen danach ihre Zweifel. Heute sind die Bedenken weg: Alle erwarten mit Ungeduld die erste Ernte. Der Trüffelbauer lacht: «Sollte sie wider Erwarten ausbleiben, freuen sich immerhin die Vögel über den Wald.» Und natürlich Lotti.

«Dass so viele Leute eine Patenschaft für einen Trüffelbaum übernehmen wollen, hätte ich nie gedacht.»

hid

Veröffentlichung: 06. Juli 2017 / Ausgabe 27-28/2017

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