Ein bisschen mehr Liebe für die Welt

Der «stolze Schreiner» Manuel Scepka (36) in seinem hauseigenen Studio: Seine Freitage gehören der Musik. Bild: Samuel Huwyler

Leute. Manuel Scepka und die L.O.V.E-Crew – dieses Paar ist bald ein halbes Leben erfolgreich zusammen und hat viel mehr als 400 Höhenmeter hinter sich.

15 Minuten, 400 Höhenmeter. Kurz, aber oho. Denn in diesen 15 Minuten passiert viel. Am Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag. Dann sitzt Manuel Scepka am Steuer seines Autos und fährt von Berneck SG nach Wolfhalden AR, zur Schreinerei Anhorn. Während er Kurve um Kurve Richtung Appenzellerland in Angriff nimmt, purzeln Textteile durch seinen Kopf, Töne, Arrangements von Funk bis Hip Hop, Soul, Reggae oder auch Rock, all das vermischt sich im Flow, neue Ideen zünden in seinem Hirn ein Feuerwerk, das abgehen will – und auch soll. Aber nicht am Montag, Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag – diese Tage gehören dem Beruf. «Ich bin stolzer Schreiner», sagt der 36-Jährige mit einem breiten Lächeln. Doch dann ist da der Freitag – und der Freitag gehört der Musik. In seinem Studio im Erdgeschoss des sorgfältig restaurierten Altstadthauses im Zentrum von Berneck sitzt Scepka am Bass oder Mischpult und bringt in Form, was ihm während der Fahrten zugeflogen ist. Sein Herz gehört der Musik und den Botschaften, die er damit transportiert. Es gehört seiner Band «L.O.V.E-Crew», für die er als Bandleader tiefgründige Songs produziert und performt, Konzerte plant, Gastmusiker einlädt, am Netzwerk webt, Fan-Artikel via Website vertreibt. Letztere stammt auch von ihm. Daneben sprayt der Graffitikünstler bei Bedarf auch das Bühnenbild für Auftritte oder den Hintergrund für Videos.

Dass «Love» weit mehr ist als ein Marketingkalkül und «L.O.V.E-Crew» mehr als eine Band, wird im Gespräch schnell deutlich: «Wir sehen uns als Teil einer Bewegung. Wir wollen etwas bewirken und ein bisschen mehr Liebe in die Welt bringen», erklärt der Wahl-Ostschweizer. Und: «Womöglich klingt es kitschig, aber für manche Botschaften reichen Worte allein nicht aus. Was wir vermitteln wollen, schafft nur die Musik.»

Manuel Scepka und die L.O.V.E-Crew – dieses Paar ist bald ein halbes Leben erfolgreich zusammen und hat viel mehr als 400 Höhenmeter hinter sich. Eine kleine Zeitreise zu den Anfängen führt nach Bad Zurzach im Aargau, als Scepka Oberstufenschüler war und ausgerechnet ihm der Musikunterricht ersatzlos gestrichen wurde – auf dass er diese Zeit in Französischwörtchen und Mathematikformeln investiere. Und trotzdem wurde der Grundstein für seinen musikalischen Weg just an besagter Oberstufe gelegt: Sein Lehrer nämlich liess den Bass in der Schule stehen, Scepka durfte das Instrument mitnehmen. Es fügte sich gut, dass jemand kurz zuvor im Keller des Mietshauses ein Schlagzeug vergessen hatte und sein Nachbar, ein Schlagzeuger, mit einem Gitarristen daherkam. Die erste Band, «The Rocky Delity’s», war geboren. Doch Texte, Reime, Gedichte geschrieben und eigene Rap auf «Kassettli» aufgenommen, hatte der Jugendliche schon lange zuvor. Aus einer Band wurden mehrere, aus einem Song viele, einige davon wurden berühmt, schafften es ins Kino, ins Musical und sogar in den Zirkus. Dabei war L.O.V.E-Crew einst als «Sonntagsprojekt» gedacht. «Wir wollten damit nicht live auf die Bühne», schaut der Bandleader zurück. Tempi passati. Seit 2018 tritt die Crew regelmässig auf, 2019 erschien das erste Album.

Und nun «kribbelt es wieder», das zweite Album soll Ende Jahr erscheinen. Es wird sich wiederum der «Lovelution» verschreiben. «Love» versprüht aber auch sein Privatleben: Der Aargauer zog der Liebe wegen ins St.Galler Rheintal, wo die 400 Höhenmeter ihn regelmässig in einen Flow versetzen – am Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag.

«Für manche Botschaften reichen Worte allein nicht aus. Was wir vermitteln wollen, schafft nur die Musik.»

Franziska Hidber

Veröffentlichung: 07. November 2022 / Ausgabe 44/2022

Artikel zum Thema

20. Mai 2024

Auch für guten Speck brauchts Holz

Leute. Seinen Bastelraum im Keller nutzt Simon Schifferle nicht fürs Schreinern. Er baut darin auch keine Modellflugzeuge und stellt keine Modelleisenbahnanlagen auf.

mehr
13. Mai 2024

Ein Nautiker für alle Fälle

Leute. Eigentlich hat Tom Hofer einen Beruf im Winter und einen im Sommer. Winters arbeitet der gelernte Schreiner als Abteilungsleiter der Schreiner und Zimmerleute in der Werft der BLS Schifffahrt AG in Thun BE.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Leute