Eine «Nussschale» zur Verlobung

Christian Balmer (43)baute sein eigenes Ruderboot aus Lärchenholz. Bild: PD

Christian Balmer ist eine Art «Künstler-Tausendsassa». Seine Leidenschaft gilt dem Spiel mit verschiedenen Materialien. Er experimentiert gerne mit Formen und Farben und deren harmonischem Zusammenwirken. Den Objekten, die unter seinen Händen entstehen, verleiht der gelernte Schreiner sein ganz persönliches Design. «Ich liebe es, Ästhetik und Funktion so lange zueinander in Beziehung zu setzen, bis ich die richtige Balance gefunden habe.» Für den Zuger, der sich vor einem Jahr als Innenarchitekt selbstständig gemacht hat, scheint nichts unmöglich. Am liebsten hat er, wenn Menschen mit einer verrückten Idee auf ihn zukommen. Inspiration holt er sich bei seinen zahlreichen Reisen in fremde Kulturen. Balmer ist auch in seiner Freizeit ein Macher. Eines seiner grössten Freizeitprojekte war der Bau eines eigenen Ruderbootes. «Auf die Idee gekommen bin ich, als ich da- bei war, das alte Holzboot meines Schwiegervaters zu restaurieren.» Wenn sich Balmer etwas in den Kopf setzt, beweist er Ausdauer und Hartnäckigkeit. Rund vier Jahre lang baute er in seiner Freizeit an seinem Ruderboot aus Lärchenholz. Er besorgte sich einen Plansatz bei einem Bootsbauer aus Deutschland. Dieser gab ihm eine einfache Skizze und eine Bildanleitung. «Der Rest war Selbststudium, Recherche und Ausprobieren.»

«Ich war während dieser Zeit stark gefordert mit meiner Arbeit und dem berufsbegleitenden Studium zum Innenarchitekten. Die Arbeit am Boot liess mich runterfahren», erklärt er. Jede freie Minute verbrachte er in seiner Werkstatt. Bei grösseren technischen Schwierigkeiten habe er mehrmals ans Aufhören gedacht, gibt er zu. Doch das hätte nicht zu ihm gepasst. Nebst seiner Beharrlichkeit bewies er eine Engelsgeduld. Selber betitelt er sich als «pingelige Siech». Die Mühe hat sich gelohnt. Nach vier Jahren war sein Baby geboren: 4,2 Meter lang, 1,25 Meter breit und 50 cm hoch.

Getauft hat er es nach seiner damaligen Freundin und jetzigen Frau Janine auf deren Übernamen «Schnine». «Das Boot war mein Verlobungsgeschenk. Die Bootstaufe war ein sehr emotionaler Moment, da verkündeten wir unsere Hochzeit», erzählt Balmer. «Als das Boot zum ersten Mal ins Wasser glitt, spürte ich eine grosse Genugtuung und viel Stolz.» Doch mit «Schnine» kam es auch zu kritischen Momenten. Einmal war das Paar mitten auf dem Zugersee, als die Sturmwarnung losging. «Der Sturm entwickelte sich so schnell und heftig, dass wir es nicht mehr rechtzeitig an Land schafften», erzählt Balmer.

«Es ist ein gewaltiges Naturereignis, wenn auf einmal Blitze unweit von dir niedergehen, die Wellen meterhoch über dir zusammenschlagen und der Regen wie Bindfäden runterprasselt. Unser rund 70 kg schweres Boot schaukelte wie eine kleine Nussschale auf hoher See.» Doch «Schnine» hat die beiden getragen. «Das Ereignis hat mir verdeutlicht, dass wir Menschen nichts sind im Vergleich zur Kraft der Natur.»

Der 43-Jährige hat noch mehr vor mit «Schnine». Aus ihr soll ein Segelboot werden. Im Frühling 2021 soll sie in See stechen. Und am Ende des Gesprächs wird der künftige Segler philosophisch: «Man kann von seinem Kurs abkommen. Wichtig ist, dass man immer wieder das Segel in den Wind stellt und das Ziel nicht aus den Augen verliert.»

«Wichtig ist, dass man immer wieder das Segel in den Wind stellt und das Ziel nicht aus den Augen verliert.»

caroline schneider

Veröffentlichung: 27. August 2020 / Ausgabe 35/2020

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