Er stellt die Verbindung wieder her

Der Arbeitsagoge Peter Bianchi (49) in der Werkstatt der IG Arbeit Luzern. Bild: Caroline Mohnke

Leute. Die Schreinerwerkstatt der IG Arbeit in Luzern ist gross und hell. Mittendrin steht Arbeitsagoge Peter Bianchi und erklärt einem Mitarbeiter den nächsten Arbeitsschritt.

«Ich fahre jeden Tag gerne zur Arbeit», erzählt der gelernte Schreiner EFZ. Täglich pendelt er von Langnau am Albis nach Luzern. Aufgewachsen ist der 49-Jährige in Adliswil ZH. Als Jugendlicher wollte er Kindergärtner werden. Doch dann hat er in Zürich eine Schreinerlehre gemacht. «Nach der Lehrzeit habe ich in einer Grossschreinerei drei Jahre an der CNC-Maschine gearbeitet und danach in Wollishofen elf Jahre in einer kleineren Schreinerei.» Dort habe er die Gelegenheit gehabt, eine Ausbildung zum Berufsbildner zu machen. Seit zehn Jahren amtet er in Zürich als Prüfungsexperte. «So verliere ich den Draht nie.»

An der Schreiner-Technikerschule in Zug liess er sich zum Projektleiter ausbilden. «Nach der Ausbildung war ich mehrere Jahre in der Projektleitung tätig», erzählt er, wo er sich um Gross- und Kleinprojekte kümmerte. «In mir wuchs der Wunsch, meine sozialen Kompetenzen im Beruf mehr einzubringen», erzählt er. Nach einem Besuch einer Laufbahnberatung war schnell klar: «Eine Tätigkeit als Arbeitsagoge wäre wie zugeschnitten für mich.» Doch eine Anstellung und gleichzeitige Ausbildung dafür zu finden, sei kein Kinderspiel gewesen.

«Es ist wichtig, die Menschen zu stärken und zu begleiten. Genauso wichtig ist es, Aufträge korrekt und rechtzeitig abzuliefern.»

Sechs Jahre musste er suchen, bis er etwas Passendes fand. «Seit 2019 arbeite ich hier in Luzern bei der IG Arbeit.» Dabei habe er die Gelegenheit bekommen, die zweijährige Ausbildung zu machen als Arbeitsagoge, die er 2022 mit einem Branchendiplom abschloss.

Heute leitet er die Schreinerwerkstatt mit zwischen acht und zehn Beschäftigten. «In der Einrichtung arbeiten total rund 130 Fachpersonen und 260 Mitarbeitende.» Nebst der Schreinerei gibt es noch ein Rahmen- und Kartenatelier, ein Textilatelier, einen Büroservice, ein Job-Coaching, verschiedene Gastrobetriebe und ein Brockenhaus. «Bei mir in der Schreinerei machen die meist jungen Leute eine sogenannte lernzielbefreite, praktische Ausbildung.» Das bedeute, dass während zweier Jahre alles gelernt werde, was möglich sei. «Alle haben ein Recht auf Ausbildung», betont Bianchi. Die grösste Herausforderung an seinem Job sei es, das Gleichgewicht zu finden zwischen Sozialauftrag und Produktionsauftrag. «Es ist wichtig, die Menschen in ihrer Selbstwirksamkeit zu stärken und zu begleiten. Genauso wichtig sei es, die Aufträge der Privatkunden und externen Kunden korrekt und rechtzeitig abzuliefern.» In seinem Arbeitsalltag erlebe er viel. «Gestern ging es zum Beispiel hektisch zu und her.» Dann gelte es jeweils, die Ruhe zu bewahren und zu entscheiden, wo seine Hilfe am dringendsten gebraucht werde. «Ich bin ein ‹Kittmensch›», lacht er. Er stelle die Verbindungen wieder her, wenn es mal nicht mehr gehe. Und auch das komme vor. Bei Peter Bianchi in der Werkstatt arbeiten sowohl Menschen mit psychischen als auch mit kognitiven Beeinträchtigungen.

Wenn er mal richtig abschalten wolle, dann setze er sich auf seinen Töff und geniesse die Natur oder mache einen Sprung mit dem Fallschirm. Der verheiratete, zweifache Familienvater hat noch andere Träume: Einer davon sei, einmal mit dem Töff durch den Sand zu fahren. «Paris–Dakar, oder so», lacht er. Aber zuerst stehe diesen Sommer noch ein Bungee-Jump bevor im Tessin.

Caroline Mohnke

Veröffentlichung: 06. Mai 2024 / Ausgabe 18/2024

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