Fugen werden rar

Im Bad ist heute eine nahezu fugenlose Optik gefragt. Auch Schreiner belegen Wände immer öfter. Bild: Laufen

Wasserfeste Platten.  Das Badezimmer wird immer wohnlicher. Doch die Materialien und Konstruktionen sind wegen der Feuchtigkeit erhöhten Beanspruchungen ausgesetzt. Werkstoffe für die Gestaltung der Feuchtgebiete gibt es viele. Ein Knackpunkt sind die Fugen.

Eines vorweg: Den wasserfesten Holzwerkstoff gibt es nicht. Wasserfest gebundene Varianten gibt es dagegen viele. Diese werden zunehmend modifiziert, sodass Holzwerkstoffe mit immer besserem Verhalten gegenüber Feuchtigkeit auf den Markt gelangen. Weil das Feuchteverhalten ein Thema ist, sind massgeschneiderte Eigenschaftsprofile immer realistischer. So gibt es neben den bewährten Werkstoffen zum Einsatz in Räumen mit erhöhter Luftfeuchtigkeit wie etwa Glas und Acrylglas, Mineral- und Quarzitwerkstoff oder Composit-Materialien auch immer mehr Alternativen. Mit diesen kann der Schreiner selbst produzieren, anstatt die von spezialisierten Betrieben vorgefertigten Teile nur zu montieren. Und weil der Schreiner immer öfter als Generalgestalter auch an den Flächen im Badezimmer aktiv ist, rücken diese in den Fokus. «Wegen geeigneter Materialien für das Badezimmer kontaktieren uns Schreiner vor allem dann, wenn Wandverkleidungen im Feuchtraum anstehen. Andere Aufgaben wie etwa der Möbelbau für das Badezimmer werden mit Holzwerkstoffen oder auch in Massivholz umgesetzt, sodass dazu bei uns kaum Fragen eingehen», erklärt Michael Betschart, Innendienstleiter Holzwerkstoffe bei der PVA AG in Altendorf SZ.

Die Komplettausführung samt Wandverkleidung durch den Schreiner scheint ziemlich an Fahrt zu gewinnen. Das hat vor allem gestalterische Gründe, weil grossformatige Elemente schlicht ärmer an Fugen sind, als dies etwa bei keramischen Platten der Fall ist. Weil aber auch Trägerplatten mit erhöhter Feuchtebeständigkeit bei wiederkehrender Wassereinwirkung aufquellen, egal ob es sich um Faser-, Span- oder Lagenhölzer handelt, kommen dann doch die Fragen nach dem Wo, Wie und Was, dies gerade beim Einsatz von Plattenmaterialien als flächige Elemente an Wand, Boden und Decke in den Feuchtgebieten.

Da sich jeder Stoff bei Einwirkung von Feuchtigkeit verändert, kommt es massgeblich auf die Konstruktion und das Nutzerverhalten an. Man könnte auch sagen, dass es kein Material gibt, das sich gänzlich unbeeindruckt vom Wasser zeigt. Selbst ein hinsichtlich Feuchtigkeitsaufnahme über jeden Zweifel erhabenes Acrylglas nimmt nach 24 Stunden Tauchgang um zwei Prozent an Gewicht – sprich Wassergehalt – zu. Freilich hat das keinerlei praktische Auswirkung, doch es verdeutlicht umso mehr die grundsätzliche Thematik.

Luftig oder dicht wie Feuer und Wasser

Laut Betschart treten in der Praxis konkret Fragen zum Verkleben der Werkstoffe und zur Versiegelung von Kanten, Bohrungen und Ausfräsungen bei der Anwendung in Feuchträumen auf. In der Regel benennt der Materialhersteller für die jeweiligen Einsatzzwecke, wie die Schmalkanten auszubilden, sprich zu versiegeln sind. Und auch jeder Klebstoff- und Lackhersteller hat seine eigenen Hinweise und Bestimmungen, damit die geforderten Eigenschaften erfüllt werden können. Ein ziemliches Dickicht für den Anwender.

Wenn ein Schreiner eine wasserfest verleimte Spanplatte der Klasse P3 (für Feuchträume) für eine Wandverkleidung im Badezimmer verwenden wolle, dann rate er ihm davon sicher nicht grundsätzlich ab, sagt Betschart. Es sei dann einfach nötig, dass die Kanten entsprechend geschützt ausgeführt würden und die Fläche hinterlüftet sei. Und das könne ein Problem sein, weil die Bäder ohnehin oft nicht besonders gross seien und man keinen Wohnraum verschenken wolle.

Deshalb sind inzwischen oft gänzlich unempfindliche Platten, die direkt flächig auf den Untergrund geklebt werden und keinen besonderen Kantenschutz benötigen, interessanter. Bei dieser Konstruktion nimmt die Anzahl geeigneter Produkte jedoch rapide ab. Denn bei Holzwerkstoffen braucht es dann eine Dampfsperre, damit sie die einseitige Befeuchtung ohne nennenswerte Verformung aushalten.

Auf Trockenheit folgt Feuchtigkeit

«Weil bei Planern und Architekten oft keine Schattenfugen gewünscht sind, wird immer öfter geklebt», erklärt René Nussbaumer, Leiter Anwendungstechnik bei der Argolite AG in Willisau LU. Das sei recht einfach und schnell zu bewerkstelligen. Für diesen Zweck hat das Unternehmen die direkt zu verklebende, mit beidseitiger Aluminiumeinlage versehene HPL-Platte «Kompakt Plus» entwickelt. «Im Winter haben wir in manchen Wohnungen enorm trockene Luft, dann wird gekocht oder geduscht, und die relative Feuchte steigt extrem an. Die Aluminiumeinlage, als Dampfsperre wirkend, ist dann hilfreich», sagt Nussbaumer. Das zeigten auch die zunehmenden Anfragen zur Verarbeitung und Behandlung der Platten. Weiterer Vorteil sei, dass keine besonderen Massnahmen bei der Kantenausbildung erforderlich seien. Je mehr zum Klebstoff gegriffen wird, desto eher geht die Entwicklung zum technischen und weniger natürlichen Werkstoff.

Ein Beispiel hierfür ist der noch wenig bekannte WSP-Dekor-Werkstoff. Offeriert von der Steinhaus GmbH im st. gallischen Tübach, besteht der flächige Werkstoff in der Aussenschicht aus einem eingefärbten Gelcoat. Dieser wird, mit einer Glasfasermatte verstärkt und mit Kunstharz durchtränkt, unter teilweiser Beimengung von Mineralien gegossen. Urinfest und säurebeständig, haben sich diese Werkstoffe bereits im Schiffbau bewährt. Und solche Materialien haben Vorteile in Form von kaum stattfindender Wasserdampfdiffusion und damit Masshaltigkeit der Konstruktion. Sie haben aber auch Nachteile im Verhalten bezüglich Ausgleichsfeuchtigkeit im Raum, was sich dann unter Umständen als ungünstiges Klima bemerkbar machen kann. Wichtig scheint deshalb, verschiedene Zonen im Badezimmer zu schaffen. Solche, die Feuchtigkeit aufnehmen können, und solche, wo Feuchtigkeit keinen Schaden anrichtet, obwohl sie gehäuft auftritt.

Konstruktion und Nutzung entscheiden

Hinterlüftete Konstruktionen sind eine Möglichkeit der flächigen Badezimmergestaltung ohne spezielle Verbundmaterialien. Sie sind deutlich geringerer Beanspruchung ausgesetzt als ein mit Dampfsperre ver- sehener und verklebter Aufbau. Zum Einsatz kommen dabei althergebrachte, vorgehängte Konstruktionen. Sind diese meist mit Aufhängevorrichtungen in Form von Falzleisten realisiert, kann dahinter die Luft zirkulieren. «Wenn die Hinterlüftung sauber gemacht wird, funktioniert das Ganze einwandfrei. Soweit ich mich erinnere, gab es in den letzten Jahren diesbezüglich noch nie ein Problem», sagt Nussbaumer. Wird eine hinterlüftete Konstruktion gewählt, nimmt die Variantenvielfalt für den gestaltenden Schreiner enorm zu. Aber es gibt noch die Mode. «Die Fugen sind generell das entscheidende Thema.» Dürfen es Schattenfugen oder Wartungsfugen mit Silikon sein? Kann verleimt werden, und wenn ja, wie gross? Sind Verbindungsprofile zum jeweiligen Produkt oder identisch eingefärbte Dichtstoffe verfügbar? Fragen, die Nussbaumer zu bedenken gibt.

Unempfindlich, weil vorgehängt

Die Stuber & Cie AG in Schüpfen BE geht derzeit bei den Feuchträumen interessante Wege. Als fertige Nasszelle in hölzerner Leichtbauweise konzipiert, wird ein Raummodul komplett vorgefertigt, beim Aufrichten des Gebäudes eingesetzt oder danach auch eingeschoben. «Mit der Zelle realisieren wir Badezimmer schnell, in hoher Qualität und erzielen mehr Wertschöpfung im Unternehmen. Denn wir haben alle Abläufe und Schnittstellen im Griff», sagt Nik Stuber, Geschäftsleiter bei Stuber, auch Stuberholz genannt. Dabei arbeitet das Unternehmen mit hinterlüfteten Innenverkleidungen und Schattenfugen, die konstruktiv und optisch interessant sind.

Vom erst seit einigen Wochen fertig realisierten Konzept wird es in Kürze ein erstes Referenzobjekt geben. Interessant ist da-bei die hinterlüftete Wandverkleidung aus einem Guss. «Diese ist langfristig gesehen einfach unterhaltsfrei und hinsichtlich der Qualität meines Erachtens die beste Lösung. Die Platten können, falls nötig, einfach ausgehängt werden, damit man etwa an die Installation rankommt», sagt Stuber. Hinzu komme, dass man durch die Konstruktion eine Vielzahl von Materialien einsetzen könne. Holzwerkstoffe wie HPL, Glas oder auch Mineralwerkstoffe seien möglich. Das Ganze komme ohne unterhaltsintensive Silikonfugen aus und eröffne dem Unternehmen eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten bei den auf Mass gefertigten und individuell konfigurierten Nasszellen. Der Boden besteht dabei aus dem durchgehenden CNS-Material «Romay», aus «Corian», Kautschuk oder auch Feinsteinzeug. Die Wände sind stets auf einem Rost montiert und damit demontier- und auswechsel- bar. Glas, Mineralwerkstoff oder HPL-Vollkernplatten sind dafür im Konzept vorge-sehen.

Auch am Boden gehen Holzwerkstoffe

Parkettboden ist eine Möglichkeit, um das Badezimmer wohnlich zu gestalten. Dabei scheint man Zwischendichtungen aus Polyurethan in streifenförmiger Schiffsbodenoptik hinter sich gelassen zu haben. Stattdessen geht man inzwischen selbstbewusster an die anwendungsspezifischen Eigenschaften ran. «Wir geben Parkett nicht pauschal für Feuchträume frei. Aber der Einsatz ist möglich. Es kommt auf die Holzart, das Format, die Oberfläche und – ganz wichtig – das Nutzerverhalten an», sagt Jörg Roos, zuständig für die Anwendungstechnik bei der Bauwerk Parkett AG im st. gallischen St. Margrethen.

Gemäss Roos treten Probleme natürlich auf, wenn ein Parkettboden überschwemmt wird. Stehendes Wasser auf Holz rufe indes immer eine Reaktion hervor. Auch in der Küche, auf dem Tisch oder sonstwo. «Das Badezimmer stellt diesbezüglich keinen speziellen Raum dar», sagt Roos. Ausserdem sei der unbedachte Einsatz von Putzmitteln ein grösseres Problem als die Feuchtigkeit. Und weil ein Badezimmer oft barfuss betreten werde, sei im Gegenteil die mechanische Beanspruchung eines Parkettbodens geringer als in anderen Räumen. Dennoch sei die Erwartungshaltung der Kunden enorm. «Keiner beschwert sich, wenn es beim Auto durch den Autoschlüssel Kratzer an der Karrosserie gibt. Dann ist der Lack nicht schuld. Beim Parkett ist das anders», sagt der Fachmann.

Schutz der Stirnseiten

Im Grunde funktionieren sowohl Fertigparkett als auch vor Ort behandelte Oberflächen. Beim Fertigparkett ist eine Erstpflege wichtig, damit die Stirnseiten geschützt werden. «Eine Reklamation wegen Wasserempfindlichkeit unseres Parketts kam mir in den letzten Jahren nicht unter», sagt Roos. Das mag auch daran liegen, dass Fussböden aus Holzwerkstoffen im Badezimmer generell skeptisch angesehen werden, was deshalb der Vermeidung von Fehlern dient. Vorsicht ist geboten, aber Mut gefordert, denn auch massives Holz verträgt Wasser. Es muss nur quellen und schwinden können, ohne dass es den Bauherren stört beziehungsweise wahrgenommen wird. Holz verbessert das Raumklima, weil es als träger Puffer wirkt, vorausgesetzt, die Konstruktion erlaubt die Bewegung.

www.pva.chwww.argolite.chwww.steinhaus.comwww.stuberholz.chwww.bauwerk-parkett.com

ch

Veröffentlichung: 11. April 2019 / Ausgabe 15/2019

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