Kein Durchkommen

Das Insektenschutzrollo bei dieser Schiebetür schliesst von oben und ist im geschlossenen Zustand je nach Lichtverhältnis kaum zu sehen. Bild: Divario AG

Insektenschutz.  Der Frühling ist Rollo- und Plisseezeit. Es lohnt sich für Schreiner, die Chance auf eine zusätzliche Dienstleistung zu prüfen und den Insektenschutz kennenzulernen. Denn der sogenannte Querverkauf schafft nicht nur Umsatz, sondern auch Kundenkontakte.

«Der Schreiner hat aus meiner Sicht viele Möglichkeiten, Insektenschutzlösungen bei der Kundschaft zu platzieren», sagt Dominic Windhager. Er ist Geschäftsführer bei der Firma Rollfix AG in Sins AG, einem Schweizer Hersteller von Insektenschutzprodukten, der ausschliesslich Wiederverkäufer wie Schreinereien beliefert.

Für Schreinereien lassen sich die Dienstleistungen und Produkte im Bereich Insektenschutz als Querverkauf oder sogenanntes Cross-Selling definieren. Dabei werden als Ergänzung zu einer Ausgangsleistung weitere passende Produkte und Dienstleistungen angeboten: Bei einem Kundenbesuch wegen eines Schranks kann ein Auftrag für Insektenschutz-Spannrahmen im Schlafzimmer resultieren, und umgekehrt entsteht aus einem Auftrag für Fensterrollos womöglich ein ganzer Küchenumbau. Wer nun denkt, dass Insektenschutzprodukte für Schreinereien nur als Ergänzung zum eigenen Fenstergeschäft sinnvoll sind, liegt falsch, wie das Beispiel von Jürg Odermatt von der Odermatt Schreiner AG in Baar ZG zeigt. Die Firma verarbeitet seit Jahren Insektenschutzprodukte, dies nebst der klassischen Schreinerei. «Ich bin durch Eigenbedarf bei mir zu Hause darauf gestossen. Vor 25 Jahren habe ich die ersten Fensterrollos bei mir eingebaut.»

Überschaubares Risiko

Heute liegt der Anteil dieser Produkte bei der Schreinerei mit fünf Mitarbeitenden bei satten 20 bis 35 Prozent des Umsatzes. Dabei bedient die Schreinerei mehrheitlich Privatkunden. Aber auch Firmen, welche Hygieneanforderungen erfüllen müssen, wie beispielsweise Lebensmittelhersteller oder die öffentliche Hand mit Schulen oder Heimen, darf Odermatt zur Kundschaft zählen. «Ein gutes Geschäft, welches uns neben einem schönen Zusatzumsatz auch regelmässig neue Kunden für die Schreinerei bringt», freut sich Odermatt. Wer auf das richtige Produkt setzt, profitiert von funktionierenden Lösungen, das Risiko für die Produktion trägt der Hersteller. «Bei einem Qualitätsprodukt nach Schweizer Massstäben sind Aufwand und Risiko für den Schreiner gering, die zusätzlichen Aufträge belasten die eigene Produktion nicht. Ebenso ist die Montage meist rasch und dank des geringen Gewichts mühelos erledigt», sagt Sebastian Huber, Geschäftsführer der Firma Divario AG aus Herisau AR. Divario ist ebenfalls ein Schweizer Hersteller von Insektenschutzlösungen, welcher mehrheitlich Wiederverkäufer und somit auch Schreiner beliefert.

Einfacher Einstieg

Um Insektenschutzprodukte zu montieren, braucht es grundsätzlich kein spezielles Werkzeug. «Die Montagen können wir mit unseren Standardwerkzeugen erledigen», sagt Odermatt. Auch bei der Massaufnahme kann auf gängige Hilfsmittel wie beispielsweise einen Distanzlaser zurückgegriffen werden. Sinnvolle Hilfsmittel für Werbung, Beratung und Verkauf erhält der Wiederverkäufer vom Hersteller. «Aus meiner Sicht ist der Markteintritt für den Schreiner komplett frei, und Insektenschutzprodukte ergänzen das Kerngeschäft auf ideale Weise», hält Windhager fest. Die Stärken des Schreiners, nämlich millimetergenaue Massarbeit und individuelle Beratung, kommen dabei auf ideale Weise zum Tragen. «Um den Einstieg zu erleichtern, bieten wir dem Verarbeiter nebst dem idealen Werkzeug auch Kleinmaterial-Sets an. Diese enthalten beispielsweise Spezialdübel zur Befestigung an Wänden mit Aussenisolation, welche nicht jeder Schreiner in seinem Standardmontagematerial führt», sagt Huber.

Schulung macht den Meister

Wer neue Produkte verkaufen will, muss erst Wissen aufbauen, um die Kundschaft gut zu beraten und Aufträge korrekt auszuführen. «Wir schulen unsere Mitarbeitenden spezifisch auf die gängigen Insektenschutzprodukte, denn jeder Typ hat seine Eigenheiten», betont Odermatt. Wichtig sei vor allem genaues Messen und die richtige Produktewahl gemäss Bausituation, denn wenn etwas falsch bestellt werde, seien Abänderungen meist unmöglich, da die Produkte auf Mass gefertigt würden.

Die Hersteller bieten Schulungen für Verkauf, Massaufnahme und Montage an. Doch Windhager relativiert: «Aus meiner Sicht können Schreiner zunächst ohne Schulung mit Verkauf und Montage von Standardprodukten wie Spannrahmen oder Fensterrollos beginnen.» Eine Schulung dränge sich aber spätestens dann auf, wenn es um erweiterte Themen wie Sonderlösungen, Produkttechnik, Tipps und Tricks sowie den Erfahrungsaustausch geht.

Heute hat jeder Baumarkt Insektenschutzprodukte im Angebot. Vom Türrollo bis zum Schutzgitter, welches mittels Klebestreifen befestigt wird. Ebenso lassen sich via Internet Produkte auf Mass zu niedrigen Preisen auch aus dem Ausland bestellen. Kann sich der Schreiner in diesem Marktumfeld behaupten? «Auf jeden Fall. Do-it-yourself-Lösungen wie Gewebe zum Kleben funktionieren oft nicht wunschgemäss. Onlineprodukte dagegen sind meist nicht ausreichend individuell, es sind keine Sonderlösungen möglich, oder die Produkte passen nicht auf Schweizer Einbausituationen», sagt Huber.

Mit Qualität und Service überzeugen

Weitere Themen wie mangelnde Qualität, Zollkosten, schwierige Kommunikation und Transportschäden etc. können zusätzlich Probleme verursachen und lenken spätestens beim nächsten Kauf die Wahl zu einem Schweizer Produkt hin. Hier kommt das Können und die Kundennähe des Schreiners besonders zum Tragen. «Wir beraten kompetent vor Ort und messen genau aus, so passen unsere Lösungen exakt zum Wunsch der Bauherrschaft. Zufriedene Kunden sind unsere beste Werbung, und das merken wir deutlich», betont Odermatt.

Eigene Ausstellung ist nicht Pflicht

Wer selbst Fenster anbietet, kann Insektenschutzprodukte als Ergänzung zu den eigenen Produkten im Showroom präsentieren. Wer nicht über diese Möglichkeit verfügt, kann auf die Hilfsmittel der Hersteller zurückgreifen. «Wir bieten Musterkoffer mit den wichtigsten Produkten an. Diese können vor Ort bei der Kundschaft genutzt werden und ermöglichen eine praktische Demonstration», erklärt Sebastian Huber. «Meiner Meinung nach ist keine eigene Ausstellung nötig. Die Beratung vor Ort gelingt mit Hilfsmitteln wie Handmustern, Muster-ecken, Farbkarten und Gewebemustern sowie Prospekten sehr gut», ergänzt Windhager. Wichtiger ist meist, dass der Schreiner die Bedürfnisse der Kundschaft versteht und im Verkauf darauf eingeht. Vor Ort bei der Kundschaft gelingt dies fast noch besser, da Situationen konkret besprochen werden können. Für Werbeaktivitäten bieten die Hersteller in der Regel eine breite Auswahl an Werbemitteln wie beispielsweise Flyern, Prospekten, Fotos und Texten für den eigenen Webauftritt an und unterstützen den Wiederverkauf damit aktiv.

Nach dem Verkauf ist vor dem Verkauf

«Die Verkaufsargumente gehen über die Montage hinaus, im Bereich Aftersales-Service liegen ebenfalls wertvolle Möglichkeiten», ergänzt Windhager. Ist beispielsweise das Gewebe eines Spannrahmens zerrissen, kann der Schreiner als Wiederverkäufer dank seiner Kundennähe rasch und flexibel reagieren. Die Ersatzteile sind beim Hersteller verfügbar, und so kann das Gewebe rasch ausgetauscht werden, zur Zufriedenheit des Kunden. Für Eigentümer von Mietobjekten, welche Wert auf reibungslosen und raschen Service legen, kann dies ein grosser Mehrwert bedeuten und zum Werterhalt der Liegenschaft beitragen. «Nebst der millimetergenauen Passform und den Vorteilen von Sonderlösungen ist das ein Argument, welches aktiv beworben werden kann», sagt Windhager.

Ökologie als Verkaufsargument

Nebst allen Vorteilen bei Anwendung und Komfort bieten Insektenschutzprodukte auch einen ökologischen Mehrwert. «Das Thema Insektensterben ist sehr aktuell und kann als Verkaufsargument eingesetzt werden. Viele Kunden werden beim Thema Ökologie hellhörig und sind sensibilisiert», betont Windhager. Aufgrund des Rückgangs an Lebensräumen, intensiver Landnutzung, des Einsatzes von Pestiziden in der Landwirtschaft und weiterer Gründe sind viele Arten bereits ausgestorben. Insekten sind aber für uns Menschen und das gesamte Ökosystem wichtig und unverzichtbar. Insekten bestäuben Pflanzen, fördern die Beseitigung toter Organismen, verbessern die Bodenqualität, vertilgen schädliche Artgenossen oder sind Nahrung für unzählige andere Tiere.

Um das Insektensterben zu stoppen, sind Bemühungen im Gange, wie etwa das Anlegen von Grünflächen in Städten oder das Verbot von bestimmten Pflanzenschutzmitteln. Insektenschutzprodukte helfen aktiv mit, denn sie halten die Tiere draussen und somit am Leben.

Als ökologisch sinnvoll kann auch die Materialisierung angesehen werden. Qualitativ hochwertige Insektenschutzprodukte bestehen zu einem Grossteil aus Aluminium, meist sind die Profile für Rahmen und Verstrebungen daraus gefertigt. Dieses Material lässt sich im Sinne der Kreislaufwirtschaft rezyklieren. Es gibt also auch in diesem Bereich Argumente, die den Verkauf von Insektenschutzprodukten fördern können.

www.rollfix.chwww.divario.chwww.schreinerei-odermatt.ch


Individuelle Lösungen

Die wichtigsten Aspekte

Um Insektenschutzprodukte auf die Bedürfnisse der Kundschaft anzupassen, stehen viele Optionen zur Auswahl, und bei vielen Lösungen sind Sonderanfertigungen möglich. Wichtige Aspekte sind:

Gewebearten: Je nach Anspruch kann dabei der Fokus auf besonders hohe Transparenz, auf den Schutz vor Pollen, auf Stabilität (Haustiere), auf Hygiene und sogar auf den Schutz vor Elektrosmog gelegt werden.

Sonderformen: Spannrahmen sind beispielsweise in Rundbogen- oder Dreiecksform erhältlich.

Bedienkomfort: Die Produkte lassen sich je nach Eigenschaft mit Soft-Close-Funktion, Fussbedienung, Türschliesser oder Motorisierung versehen.

Farbgebung: Normalerweise sind Standardfarben wie Weiss, Grau, Anthrazit und Braun erhältlich. Es sind aber meist auch individuelle Farben nach RAL oder NCS erhältlich, etwa um das Produkt har- monisch in eine Fassade zu integrieren.

Ästhetik: Moderne Produkte werden immer filigraner und verzichten auf überflüssige Verstrebungen und markante Profile, um ein unauffälligeres Erscheinungsbild zu erreichen.

Schutz am Fenster, an Türen und auf Lichtschächten

Lösungen für viele Anwendungen

Professionelle Hersteller bieten eine breite Palette an Produkten für den Insektenschutz. Diese lassen sich in drei Anwendungsbereiche einteilen: Fenster, Türen und Lichtschächte. Für jeden Bereich stehen unterschiedliche Produkte und Lösungen zur Verfügung.

Fenster

Spannrahmen: ein Rahmen, bestehend aus Profilen mit eingebautem Gewebe, welcher sich mittels Federmechanismus mit wenigen Handgriffen werkzeuglos ein- und ausbauen lässt. Die Rahmen lassen sich bei Nichtgebrauch, beispielsweise im Winter, rasch entfernen.

Drehrahmen: ein Rahmen mit Gewebe, welcher sich nach aussen oder innen öffnen lässt.

Schieberahmen: Für Dachfenster sind Schieberahmen mit einem festen und einem beweglichen Rahmenteil erhältlich.

Fensterrollos: Das Gewebe lässt sich dank seitlicher Führungen herunterziehen und verschwindet bei Nichtgebrauch wieder im Rollokasten. Diese Lösung ist auch für Dachfenster erhältlich. Ebenso sind Fensterrollos mit eingebautem Motor als Elektrorollos erhältlich. Diese können per Knopfdruck bedient werden.

Türen

Schiebetüren: für Hebeschiebetüren und grossflächige Durchgänge geeignet.

Drehtüren: nach aussen öffnende Tür, welche mit Türschliesser versehen ist.

Pendeltüren : nach innen und aussen öffnende Türen.

Türplissees: Plissees lassen sich stufenlos bewegen und wie eine Handorgel zusammenfalten.

Türrollos : seitlich bediente Türrollos, welche das Gewebe bei Nichtgebrauch im Rollokasten verschwinden lassen.

Lichtschächte

Abdeckungen: ein Rahmen aus Profilen mit eingebautem wetterfestem Gewebe, welcher auf bestehende Gitterroste aufgesetzt wird. Diese Lösung verhindert die Verschmutzung des schwer zu reinigenden Lichtschachts und hält ebenfalls Insekten fern.

Roland Wildi, RW

Veröffentlichung: 25. April 2024 / Ausgabe 17/2027

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