Mit dem Charakter eines Workshops

Grosszügig bemessene Begegnungszonen zwischen den Ständen luden zu intensiven Fachgesprächen ein. Bild: Andreas Brinkmann

Messe.  Die zweite Auflage der ZOW unter der neuen Führung hat einige Überraschungen hervorgebracht. Zudem hat sich die Messe im deutschen Bad Salzuflen als Ort des Austauschs bestätigt. Aufgefallen ist aber auch, dass deutlich weniger Aussteller teilgenommen haben.

Die einladende, einheitliche Standarchitektur mit den dazwischenliegenden Begegnungszonen boten an der Zulieferermesse Ostwestfalen, kurz ZOW, eine perfekte Grundlage für vertiefende Fachgespräche. Der Anlass, der vergangene Woche in Bad Salzuflen (D) über die Bühne ging, versteht sich als Ort der Netzwerkarbeit und der Kommunikation – auch für verantwortliche Techniker auf Aussteller- und Besucherseite. Entsprechend konnten sich die Fachleute sehr konkret über die vorgestellten Produkte und die Möglichkeiten ihrer Unternehmen unterhalten. Das schuf eine realistische Sicht auf die Dinge, die auch kleineren Firmen weiterhelfen kann.

Realistisch muss allerdings auch die Sicht auf die Messe selbst sein: Die wirklich sehr guten Präsentationen und wertvollen Gespräche konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zahl der Aussteller im Vergleich zu früheren Ausgaben stark zurückgegangen ist. Es wird sich zeigen, wie die nächste ZOW in zwei Jahren, die gemeinsam mit der Industrie vorbereitet wird, aussehen wird. Erst Ende 2016 hatte die Kölnmesse GmbH die ZOW übernommen und komplett neu aufgestellt. Damit gehört die Messe dem gleichen Veranstalter wie die Interzum, die Weltleitmesse für Möbelfertigung und Innenausbau. Seit der Übernahme werden ZOW und Interzum im jährlichen Wechsel ausgetragen.

Erfinder und Hersteller

An den vielen Ständen in der 12 000 m2 grossen Halle wurden durchaus überraschende Produkte gezeigt. Die Firma Nolax AG aus dem luzernischen Sempach zum Beispiel stellte Möglichkeiten vor, wie in Platten injizierter Kunststoff zu sehr hohen Ausrisswerten bei direkt eingedrehten Spanplattenschrauben führt. Das gilt sowohl für Schrauben in die Plattenflächen wie auch in deren Kanten. Gerade Letztere schnitten in den Tests sehr gut ab.

Auch Beschlägehersteller arbeiten mit Ideenschmieden ausserhalb ihrer Firmen zusammen. Dazu gehört die deutsche Ambigence GmbH. Sie zeigte sehr schmal gebaute Klappenbeschläge, die von der Korpusinnenseite in die Fläche eingelassen werden können, und solche, die gleich in eine Tasche in der Plattenkante geschoben werden. Es handelt sich um einen Beschlag mit rund 10 mm Baubreite und voller Einstellbarkeit. Interessant war auch die Anbindung an Glasklappen ohne Rahmen.

Formen, die unmöglich scheinen

An einer Veranstaltung wie der ZOW werden scheinbar beiläufig Produkte gezeigt, die man für sich und den eigenen Betrieb erst entdecken muss und bei denen der unmittelbare Nutzen oft nicht gleich erkennbar ist. Schliesslich hat noch niemand danach gefragt.

Beispielsweise war von der Muto GmbH aus Karlsruhe (D) ein A4-grosses Stück namens «Nuo» zu sehen. Dafür wurde ein 0,5 mm dickes Furnier auf ein Baumwollgewebe kaschiert und so gelasert, dass es sich wie ein weiches Stück Leder verformen lässt. Dieses «Tuch» ist in Standardgrössen bis 2500 × 1240 mm erhältlich.

Ein Meister der Verformung ist sicher auch die Firma Fritz Becker GmbH aus Brakel (D). Mittlerweile schafft es der Formholzspezialist, dreidimensional verformte Schichtholzteile mit beidseitigem CPL rissfrei herzustellen. Konstant weiterentwickelt hat sich auch das Filzangebot der Firma. Akustikwände mit einem dicken Kern aus Wabenkarton mit kissenförmig zusammengepressten Aussenkanten bilden nur einen Teil der Neuheiten. Mittlerweile werden immer tiefer gezogene Filzprodukte hergestellt, die mittels verschiedener Schichten die Ansprüche an Festigkeit und Oberflächenqualität erfüllen.

Alles für den Leichtbau

Die grösste Ausstellungsfläche wurde von der Interessengemeinschaft Leichtbau, kurz «Igel», beansprucht. Auf vielen kleinen Ständen entlang der Hauptfläche präsentierten sich ihre Herstellerfirmen. Davor visualisierten Installationen die Möglichkeiten dieser Produkte wie die hohe Plattenstabilität oder die Festigkeit verleimter Verbindungen. Wer sich irgendwie mit Leichtbau befassen will oder muss, konnte gangbare Lösungen finden, anfassen und diskutieren. Gezeigt wurden auch Belastungstests von identisch grossen Tablaren aus verschiedenen Plattenmaterialien – und wie sich diese unter Last verformen oder eben nicht.

Sowohl die Kernmaterialien wie auch die Leime, die für die Verbindung notwendig sind, waren zu finden. Bei den Besprechungsstehtischen von «Igel» zeigten zudem Ausschnitte im Kantenbereich und Sichtfenster in der Tischfläche den jeweiligen Kernaufbau der Platten. Der Besucher erhielt einen unmittelbaren Eindruck solcher Aufbauten. Eine derart konzentrierte, umfassende Information in diesem Spezialgebiet ist eine Besonderheit der ZOW.

Überraschende Fronten

Die HWB Furniere und Holzwerkstoffe GmbH aus Bad Salzuflen selbst präsentierte einen etwas anderen Leichtbau. Die extrem dünnen Steinfurnier-Platten aus der Linie «Decor Stone» des Unternehmens erlauben es, sogar Schranktüren mit echten Steinoberflächen herzustellen. In Bezug auf Frontgestaltung und -ausführung präsentierten verschiedene Hersteller interessante Möglichkeiten. Besonders dreidimensionale Oberflächen, die gezeigt wurden, wirkten äusserst wertig und überraschten.

Zeitgemässe Beschläge

Wenn Schranktüren Griffe brauchen, sollen auch diese zeitgemäss und schön sein. Neben vielen Griffprofilen sind die teils mehrfarbigen Holzgriffe der Marke «Vonsild» hervorgestochen, die in der Schweiz durch die österreichische Firma Alles im Griff GmbH vertrieben werden.

Mit einem grossen Stand war die italienische Firma Salice vertreten und zeigte unter anderem auf sehr elegante, leichtgängige Weise, wie eine ganze Schrankfront aus dem Korpus gezaubert wird. Die Mechanik ist so ausgelegt, dass vom Benutzer nur sehr wenig Kraft und Bewegung aufzubringen ist, um die gesamte Front vollständig zu öffnen und zu schliessen. Die gezeigte Küche könnte somit auch in einer Studiowohnung für ältere Menschen stehen.

Minimalisierende Lösungen

Die Pöttker GmbH aus Lippstadt hat den ultimativen Tischauszug mit Klappeinlage geschaffen, von dem früher wohl jeder Tischhersteller träumte: Der ausgestellte Tablomatikauszug für einen runden Tisch mit einem Durchmesser von 1200 mm hatte eine Grundplatte aus Stahl, die auf jede Art von Tischbein montiert werden kann. Über dieser Platte befand sich die 500 mm breite Klappeinlage. Alles zusammen hatte eine Gesamthöhe, die den Auszugsschienen entsprach – flacher geht es nicht.

Weitere platzsparende Möbellösungen konnten in der Sonderschau «Tiny Spaces» in Anwendungsbeispielen gefunden werden. Mit komprimierten Einrichtungssituationen wurden Möglichkeiten des Wohnens und Zusammenlebens auf engem Raum aufgezeigt – auch für Senioren. Ein Thema, das in Zukunft die Planer immer mehr beschäftigen dürfte.

www.zow.de

ab

Veröffentlichung: 13. Februar 2020 / Ausgabe 7/2020

Artikel zum Thema

16. April 2024

Der Salone startet

Heute beginnt die 62. Ausgabe vom Salone del Mobile in Mailand und damit die grösste Möbelausstellung und das wichtigste Design Event der Welt. Sechs Tage lang dreht sich in der Stadt alles um das schöne Leben. Wenn das kein Grund ist sich auf nach Süden zu machen! 

mehr
06. Februar 2024

Domotex macht Boden gut

Messe. Vom 11. bis 14. Januar ging im norddeutschen Hannover die Domotex über die Bühne. Nach schwierigen Jahren, weisen die Zahlen nun wieder nach oben. 

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Messen