Mit Vollgas zum Erfolg

Der ausgebildete Zimmermann Eskil Suter (49) machte erst Karriere als Rennfahrer, dann als Chef der eigenen Firma. Bild: Franziska Hidber

Eskil Suter hat gerade keine Zeit. Er führt spontan eine Gruppe aus England durch seine Firma Suter Racing Technology AG im beschaulichen Turbenthal ZH. Hier entstehen unter anderem komplette Motorräder – vom leeren Papier bis zum fertigen Modell. Vor zwei Tagen noch hat der Firmenchef eine Maschine aus dem eigenen Haus in Italien getestet, morgen fliegt er nach Griechenland. Denn die Motorräder, Konzeptfahrzeuge, Prototypen, Antriebs- und Kupplungssysteme, Motoren und Einzelteile aus dem Tösstal haben längst den globalen Markt erobert. In Suters Büro liegt an diesem Montagvormittag bereits der Pass auf dem Tisch – gut und gern 100 Tage im Jahr ist der Firmenchef unterwegs. Jetzt hat er die Engländer verabschiedet, reicht seinem Hund einen Kauknochen. Der 49-Jährige mit dem wachen Blick und der leisen Stimme setzt sich auf seinen Bürostuhl und sagt: «Langweilig wird mir nie. Aber das ist gut, ich mag es, wenn etwas läuft.» Das hohe Tempo ist typisch für ihn. Mit dreizehn wollte er Motorradrennfahrer werden, ganz ernsthaft. Schon der Vater war ein begeisterter Motorradfahrer, ebenso der Bruder. Unzählige Stunden verbrachte der Jugendliche in der Werkstatt, die der Vater mit den Söhnen zusammen aufgebaut hatte, schraubte hier und ölte da, flickte jenes und verbesserte dieses – alles autodidaktisch, ganz nach dem Prinzip Versuch und Irrtum. Und er fuhr selber: erst Motocross, dann Strassenrennen.

Der Tösstaler entpuppte sich rasch als Talent, brauste auf den Ranglisten rasant nach vorne. Doch der Vater bestand auf einer Berufsausbildung. «Lern zuerst etwas Richtiges», beschied er dem Sohn, und dieser entschloss sich für die Lehre als Zimmermann. «Ich wollte dazulernen», sagt er rückblickend, «eine Lehre als Mechaniker hätte kaum Sinn gemacht.» Wieso lernen, was man schon kann, wenn doch neue Herausforderungen locken? Er lacht, wenn er von den Diskussionen mit seinem Berufsschullehrer erzählt: «Ich kam von der Mechanik und brachte daher einige unkonventionelle Vorschläge ein. Einmal zum Beispiel schlug ich vor, einen Stahlträger zu verwenden und einfach in Holz zu kleiden. Das führte zu einem anregenden Austausch.» Ohne seine Leidenschaft für den Motorsport wäre Suter womöglich Zimmermann geblieben. Doch er hatte bereits die Profilaufbahn eingeschlagen, feierte nationale und internationale Erfolge. Legendär ist die Geschichte, wie er als 22-Jähriger bei der Schweizer Meisterschaft allen ein Schnippchen schlug. Die Strecke im Berner Jura war kurz und holprig, der asphaltierte Acker eine Qual für Suters Honda und die Trainingszeiten des jungen Rennfahrers sehr bescheiden. Aber Suter ist keiner, der schnell aufgibt. Also lud er die Honda kurzerhand in seinen alten Transporter, kehrte zurück nach Turbenthal und baute in einer Nachtschicht die Aufhängung der Maschine komplett um. Am nächsten Tag war er pünktlich am Start, fuhr pro Runde 2 Sekunden schneller als die Konkurrenz und gewann. Von Stund an galt er auch in Sachen Fahrwerkstechnik als Profi. Auch diese Leidenschaft hat er zum Beruf gemacht.

Vor 20 Jahren beendete der damals 29-Jährige seine Rennsportkarriere und gründete mit seinem Bruder Simon die Suter Racing Technology AG. Heute beschäftigt er rund 35 Mitarbeitende – sie teilen sein Herzblut für den Motorsport. Schnell unterwegs ist der ehemalige Profifahrer in seinem Leben noch immer. Und glücklich dabei. Nur etwas fehlt ihm als Geschäftsführer manchmal: «Ich würde gern wieder mehr mit den Händen arbeiten – ‹chlütteren› und schrauben, wie damals in der Werkstatt.»

«Langweilig wird mir nie. Aber das ist gut, ich mag es, wenn etwas läuft.»

hid

Veröffentlichung: 10. November 2016 / Ausgabe 45/2016

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