Modellflug ist wie eine Sucht

Walter Beeler (56) macht seinen Heli-kopter startklar für den nächsten Flug. Bild: Claudia Waldmann

Gewissenhaft und gut gelaunt bereitet Walter Beeler sein massstabgetreues Modell eines Swiss Helicopters für den Flug vor. Als Letztes montiert er die Rotorblätter und legt sich die Steuereinheit mithilfe von Gurten um Nacken und Schultern. Die Freude steht dem 58-jährigen Urner ins Gesicht geschrieben, und er schwärmt: «Der Modellflug ist mein Lebenselixier!»

Er trägt den grün-gelben Helikopter weg vom Modellflug-Clubhaus und setzt ihn in angemessener Entfernung vorsichtig auf den kurz gehaltenen Rasen. Der Elektromotor wird gestartet, die Maschine hebt ab und schwebt, ganz wie das Original, über Beeler hinweg.

Walter Beeler, der gelernte Schreiner und spätere Schreinermeister, ist ein offenherziger, unkomplizierter Mann, der Freude hat am Umgang mit Menschen. Ausser in der Schreinerei Beeler, die seit 1934 existiert und die er schon sehr früh als Schreinermeister von seiner Mutter übernommen hat, arbeitet der Vater von drei erwachsenen Töchtern als Gewerbeschullehrer in Altdorf UR. Daneben engagiert er sich als Präsident in der Modellfluggruppe Schwyz-Uri. Der Verein existiert seit 1961 und hat rund 90 Mitglieder, die aus dem Urnerland und dem Talkessel Schwyz kommen. Man trifft sich zweimal in der Woche im gemütlichen Modellflug-Clubhaus in Erstfeld, wobei nicht nur Organisatorisches besprochen wird wie zum Beispiel die Planung von Ausstellungen oder die Teilnahme an Meisterschaften. Sondern es ist auch ein Treffen von Freunden, die zusammen grillieren und sich ein Glas Bier oder Wein schmecken lassen. Natürlich erst nach den zwei bis drei Stunden Flugzeit.

«Modellflug ist ein wunderbarer Ausgleich zum Tagesgeschäft in der Schreinerei», sagt Beeler, nachdem er seinen Helikopter wieder routiniert hat landen lassen. Mit Begeisterung erzählt er, dass seine Maschine bis zu 60 km/h schnell fliegen und er sogar Lasten an den Helikopter hängen kann, gleich wie bei den Grossen von Swiss Helicopter. Wobei es schwieriger sei, ein Modell zu steuern, als einen richtigen Helikopter zu fliegen, sagen die echten Piloten. Beeler sagt: «Ich sehe oben in der Luft die Originale und fliege mit meinem Modell sozusagen mit. Das gibt einem das Gefühl, wirklich dabei zu sein.» Ursprünglich hatte er den Wunsch, selbst fliegen zu lernen, und begann mit der Flugschule. Doch leider konnte er diesen Traum aus gesundheitlichen Gründen nicht weiterverfolgen, deshalb begann er 1980 mit dem Modellflug: «Wenn mein Leben etwas anders verlaufen wäre, dann wäre ich jetzt vielleicht in der Luft und kein Schreiner.»

Walter Beeler erlernte alles Wissen rund um den Modellflug autodidaktisch. Das beginnt beim Bau eines Modells, der 1000 Stunden umfassen kann, und reicht bis hin zum Absolvieren von 100 und mehr Flugstunden, bevor man sicher fliegen kann. Heutzutage nimmt er an Meisterschaften teil, wo er wiederholt den ersten Platz belegte. Aktuell steht im Sommer 2018 die Weltmeisterschaft im Modellflug in Meiringen im Berner Oberland an.

Bei der Frage, ob er schon einmal einen Heli «geschrottet» habe, schmunzelt der leidenschaftliche Modellflieger und antwortet: «Ja, das kam leider schon vor, aber keines von den schönen Modellen, sondern zum Glück ein Übungsmodell, eine sogenannte fliegende Mechanik ohne Verkleidung.»

Ein Leben ohne seinen Helikopter kann sich Beeler nicht mehr vorstellen: «Modellflug ist für mich wie eine Sucht. Wenn andere rauchen, muss ich fliegen!»

«Das Hobby ist ein wunderbarer Ausgleich zum Tagesgeschäft in der Schreinerei.»

CW

Veröffentlichung: 14. Juni 2018 / Ausgabe 24/2018

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