Schlag auf Schlag zum Erfolg

Bild: Christian Bärtschi

Jürg Marti ist ein ehrgeiziger und vielseitiger Mensch – im Beruf und als Sportler. Seit er denken kann, ist er aktiver Hornusser. In dieser Schweizer Nationalsportart hat er viel erreicht: Seit 2012 spielt er beim Verein Bern-Beundenfeld in der Nationalliga A. Doch wie kam er zum Hornussen? «Bereits mein Grossvater und mein Vater waren Hornusser, so hatte ich schon als Kind einen engen Bezug zu dieser Sportart», erzählt Marti. Am Hornussen reizt ihn vor allem, dass es gleichzeitig eine Einzel- und eine Mannschaftssportart ist. Als angreifender Spieler hat man pro Partie vier Streiche (Schläge) zugute. Diese zählen zum Team-Resultat und auch zur Einzelspielerwertung. Marti versucht jeweils, in beiden Kategorien möglichst weit vorne zu landen. Als Einzelspieler möchte er unter den 50 Besten sein. Wenn ein gut trainierter Hornusser mit seinem Stecken, also dem Schläger, ausholt und mit dem obersten Ende, dem Träf, den Nouss (Spielball aus Kunststoff) ideal trifft, liegen Weiten von bis zu 330 Metern drin. Das Ziel der verteidigenden Mannschaft, die im Feld, dem sogenannten Ries, steht, ist es, den Nouss so schnell wie möglich zu stoppen, sodass er wenig Distanz zurücklegt. Hornusser sprechen hier von «abtun».

Auch wenn der Selbstversuch zeigt, dass der Umgang mit dem Stecken recht schwierig ist, bezeichnet Marti die Arbeit der fangenden Mannschaft als die grössere Herausforderung. Erstens muss man den bis zu 160 Kilometer pro Stunde schnellen Nouss überhaupt sehen, zweitens muss man den Mut haben, diesen mithilfe der Schindel – einer Art überdimensionales Küchenbrett aus Holz – zu stoppen. Die Königsdisziplin im Ries ist das Stechen. Dazu wirft ein Fänger die Schindel hoch in die Luft, um den Nouss möglichst direkt zu stoppen.

Ein Hornusser muss nicht nur körperlich fit sein und gute koordinative Fähigkeiten mitbringen, sondern auch im Kopf stark sein. Denn sehr oft fallen Partien knapp aus, und so entscheidet jeder Punkt. «Aus diesem Grund arbeiten wir auch mit Mentaltrainern zusammen», erklärt der Schreiner. Das Träf besteht aus gespresstem Hartholz. Mögliche Holzsorten sind unter anderem Ahorn, Nuss- oder Kirschbaum. Ein Hightech-Produkt ist der Stecken, das Schlaginstrument aus Karbonfaser oder aus Fiberglas. Die Länge des Steckens ist an die Postur und die Schlagdynamik des Spielers angepasst und variiert auch im Durchmesser. Er darf maximal 3 Meter lang und 3,6 Millimeter dünn sein. Marti nutzt ein eigens für ihn geschliffenes Unikat aus Karbonfaser mit einer Länge von 2,65 Metern. Weil er ein dynamischer und eher leichtgewichtiger Hornusser ist, bevorzugt er ein kurzes und somit schnelles Schlaginstrument.

Sport gehört beim Schreiner aus Affoltern im Emmental zum Leben. Lange Zeit spielte er Eishockey in der ersten Liga. Heute führt er als Trainer Jugendliche in den rasanten Sport ein. Wie der Sport ist auch der Beruf eine Konstante bei Marti. Seit elf Jahren arbeitet er in vielseitiger Funktion bei der Ramseyer Schreinerei in Burgdorf BE. So macht er unter anderem Massaufnahmen, hilft in der Werkstatt und führt Montagearbeiten aus. Am liebsten ist er im Service tätig, denn er schätzt den Kundenkontakt und die Herausforderung, perfekt passende Lösungen zu finden.

«Bereits mein Grossvater und mein Vater waren Hornusser, so hatte ich schon als Kind einen engen Bezug zu dieser Sportart.»

cb

Veröffentlichung: 05. September 2019 / Ausgabe 36/2019

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