Schlagzeugbauer aus Leidenschaft

Andi Hinz (35) fertigt Schlagzeuge aus Holz. Er stellt alle Einzelteile selber her, ausser jene aus Metall. Bild: PD

Von der schmalen Gasse führt eine blaue Tür in die Werkstatt von Andi Hinz. Fein säuberlich nach Grösse geordnet, hängen Schraubzwingen, Schraubenschlüssel und Schraubenzieher an der Wand. Ein Kessel, aus dem später eine Trommel entstehen wird, ist in eine Schablone eingespannt. In der Altstadt von Schaffhausen stellt der Schreiner in Handarbeit Schlagzeuge aus Holz her. Zwei Monate lang arbeitet Hinz an einem Drumset. Im Jahr produziert er nicht mehr als fünf Sets. Bei neuen Anfragen führt Hinz deshalb eine Warte- liste. Von der Kundschaft, zu der passionierte Sammler wie Berufsmusiker gehören, wird die Wartezeit in Kauf genommen. Denn die «Meisterwerke, überragend und einmalig in Klang und Optik», wie es ein Schlagzeuger des Luzerner Sinfonieorchesters beschreibt, findet man so nicht ab Lager. Hinz spielt Schlagzeug, seit er 17 Jahre alt ist. Irgendwann fragte er sich, ob er das Instrument nicht vielleicht auch selber bauen könnte. Die handwerkliche Herausforderung reizte ihn. Während er hauptberuflich als CNC-Maschinist arbeitete, gestaltete er in der Freizeit einen eigenen Kesseltyp. Ausser den Metallver- bindern produziert der Tüftler alle Einzelteile eines Drumsets selber: aus Holz, weil er sich in diesem Material wohlfühlt und aus einem grossen Erfahrungsschatz schöpfen kann. Die traditionellen Techniken hatte er in der Schreinerlehre gelernt. Im Lehrbetrieb hätten sie noch ganze Haustüren mit Zapfen gestemmt, sagt er. Beim Händler in der Region wählt Hinz die Blockbretter, alle handverlesen. «S’ Filet», nennt das der 35-jährige Schaffhauser.

Für die Kesselwände schneidet er das Holz von fünf Millimetern Stärke auf der Tischkreissäge zu. Danach wird es gedämpft; durch die Hitze wird das Lignin weich, und das Holz kann in der Schablone auf Form gespannt werden. In einer einfachen Spritzkabine lackiert er die Kessel und Spannreifen. Sind alle Teile zusammengesetzt, stimmt er das Drumset. Kleinste Anpassungen verändern den Klang: dumpf oder hell, kompakt oder singend. «Das Instrument ist fein abgestimmt. Der Sound entsteht aber über die Hände des Musikers. Er klingt deshalb bei jedem anders.» Über die Jahre hat sich Hinz einen festen Kundenstamm aufgebaut und sich als Ausstatter von Festivals einen Namen gemacht. In der kreativen Szene von Schaffhausen ist er fest eingebunden. Die Werkstatt teilt er sich mit einem Gitarrenbauer, in den oberen Stockwerken sind ein Fotograf, eine Sattlerei und ein Tonstudio eingemietet. Das Atelierhaus ist als Verein organisiert – die Gemeinschaft teilt sich auch Räume und Nebenkosten. Und dient auch als Treffpunkt in der Gasse. Diesen Morgen schaut erst der Wirt vom Gasthaus nebenan rein, und später bringt ein befreundeter Harfenbauer einen Pack Musiknoten vorbei. «Den Alltag mit anderen Freischaffenden zu teilen, ist inspirierend. Wir alle haben den Wunsch, Ideen zu vertiefen und den eigenen Weg zu verfolgen.»

Als Hinz vor vier Jahren die sichere Stelle in der Schreinerei aufgab und die Schlagzeugmanufaktur «Holzwäg» gründete, erhielt er viel Unterstützung aus dem Umfeld. Denn sich in dieser Nische durchzusetzen, sei nicht einfach. Gerade mal eine Handvoll weitere Schlagzeugbauer können in der Schweiz von ihrem Handwerk leben. Durststrecken gehören genauso wie lange Arbeitstage zur Selbstständigkeit dazu. Dafür geniesst Hinz aber auch mal den Sprung in den Rhein an einem heissen Sommertag.

«Das Instrument ist fein abgestimmt. Der Sound aber entsteht über die Hände des Musikers. Er klingt deshalb bei jedem anders.»

ho

Veröffentlichung: 12. April 2018 / Ausgabe 15/2018

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