Schreiner bauen ihren Stand selber

Entworfen... Bild: Girsberger AG

STandbau.  Mit einem selbst geplanten und realisierten Stand zeigen Schreiner gerne, was sie draufhaben. Dass so ein gutes Stück gleich mehrere Messen hält, ist ein nachhaltiger Nebeneffekt. An der Holz 2022 gibt es hierfür eindrückliche Beispiele.

Holz in seiner Urform findet man am Stand der Girsberger AG aus Bützberg im Kanton Bern. Auf 120 m2 wird hier aus gestapelten Klotzbrettern ein Massivholzlager nachge-bildet. Diese Idee ist bewährt und nachhaltig. Bewährt deshalb, weil das 1889 gegründete Unternehmen damit auf ein ähnliches Gestaltungskonzept wie anlässlich der Holz 2019 setzt. Nachhaltig deshalb, weil die kostbaren Bretter nach ihrem grossen Messeauftritt wieder in die Holzlager des Unternehmens zurückkommen und in den Verkauf gehen.

Mit diesem Materialkreislauf setzt die Girsberger AG ein Ausrufezeichen hinter den Gedanken der Klimaneutralität. Seit 2015 ist das Unternehmen auf allen Produktionsebenen zu 100 % klimaneutral unterwegs und wurde dafür von Ecovadis, dem weltweit grössten Anbieter von Nachhaltigkeitsratings für Unternehmen, mit «Ecovadis Gold» ausgezeichnet. Das Standkonzept und die Skizzen stammen von André Bolliger, einem internen Kollegen. Als kreativer Kopf ist er nicht nur für das Design der Websites oder das Grafikdesign der Broschüren verantwortlich, sondern kümmert sich auch mit viel Gespür fürs Holz um den Messeauftritt. Und so dienen an der Holz 2022 Klotzbretter in unterschiedlichen Längen, Breiten und Stärken zugleich als Möbel, als Rezeption, als Sitzgelegenheit oder als Tisch für Besprechungen. Die wesentlichen Holzarten des Girsberger-Sortiments werden so mit allen Sinnen und dem Girsberger eigenen Branding erlebbar gemacht. Eiche, Amerikanischer Nussbaum, Ulme. Jeder Stamm ist mit einer Nummer versehen. Hinter jeder Nummer verbirgt sich ein Qualitätscode, der genau Aufschluss über jeden Stamm gibt. Bei der Girsberger AG ist Holz Trumpf – auch beim Messeauftritt.

Dieser Boden hats in sich

Nachhaltig tritt auch die Schilliger Holz AG aus Küssnacht am Rigi auf. Gegründet 1861, wird das Schwyzer Unternehmen mit 330 Mitarbeitenden heute in der fünften Generation geführt. Der Messeauftritt steht unter dem Motto «Kompetenz und Innovation». Speziell am 3 × 6 m grossen Stand sind die Bodenelemente aus Douglasie. «Dieser Boden ist ein flexibles Multitalent. Mit ihm könnten wir problemlos bis zu 70 m2 Standfläche bilden. Alles Material stammt aus unserem eigenen Haus», erklärt Melanie Schilliger (Bild), Vertriebsleitung Schilliger Holz AG. Der aktuelle Stand repräsentiert den Familienbetrieb bereits seit 15 Jahren. Der damalige Verkaufsleiter, der gerade erst in Pension ging, hatte die Idee zu diesem Messestand. Er übernahm auch die Planung und Gestaltung für den hölzigen Messeauftritt. Gerüstet und gestrichen wurde der Stand vom Betriebszimmermann. «Ich denke, dass es bei der Planung einige Herausforderungen zu bewältigen gab. Schliesslich wurden die Details von Anfang an so konstruiert und ausgeführt, dass man den Stand mehrmals verwenden kann. Eine Knacknuss war sicher auch die gebogene Holzplatte mit dem Werbeschriftzug. Die Tatsache, dass alles ‹hausgemacht› ist, erleichterte die Realisierung aber massiv», sagt Schilliger.

Weil von Anfang an Nummerierung und Beschriftung auf den einzelnen Elementen fehlten und nur Bilder vorhanden waren, war es knifflig, den Stand zum ersten Mal aufzustellen. «Doch der Plan war so gut, dass wir bereits nach dem zweiten und dritten Mal wie im Schlaf wussten, wo was hingehört. Bei der Planung wurde auch darauf geachtet, dass es nicht zu viele kleine Einzelteile gibt, sondern dass alles kompakt verpackt ist», sagt Schilliger. Den reinen Materialwert des Stands beziffert das Unternehmen auf rund 5000 Franken. Nicht mitgerechnet sind die regelmässigen Arbeiten, die dahinterstecken, beispielsweise in der Wartung. Einmal geplant, umgesetzt und jahrelang erfolgreich im Einsatz – eigentlich könnte die Schilliger AG gleich in den Messebau einsteigen. Doch Melanie Schilliger winkt ab. «Das wird nicht der Fall sein. Aber Standbesucher dürfen sich natürlich etwas abschauen. Wir sind gerne bereit, vor Ort Auskunft zu geben», sagt sie und an der Art, wie sie das sagt, spürt man, dass die Schilliger AG auch ein wenig stolz auf ihren soliden hölzernen Auftritt ist.

Holz kann hoch hinaus

Auf eine eigene Planung und Produktion für den Messeauftritt an der Holz setzt auch die Kuratle & Jaecker AG. Seit mehr als 60 Jahren beliefert das Unternehmen mit Hauptsitz in Leibstadt AG Handwerksbetriebe mit Holzwerkstoffen für den Einsatz ab Oberkante Betondecke bis zum Dachstock. Dieser dreidimensionale Gedanke spiegelt sich auch am Messestand wider, denn dieser kommt auf zwei Etagen daher. Mit rund 360 m2 Ausstellungsfläche ist er einer der grossen Stände der Fachmesse. Und er ist hoch. Gleich acht Meter ragt er nach oben. Komplett aus eigener Planung und mit eigenem Material wurde er von der Firma selbst erstellt. Auch der Transport des tonnenschweren Materials erfolgte mit einem der 80 Sattelschlepper der Gruppe. Der Stand aus heimischer Fichte beherbergt fünf Themenwelten. Wie zum Beispiel einen neuartigen, besonders widerstandsfähigen Bodenbelag und eine Neuheit im Fassadenbau. In luftiger Höhe kommt dann Ferienstimmung auf. Die Bewirtung der Gäste geschieht hier nämlich auf eigenen, neuartigen Terrassendielen.

«Die zweistöckige Bauweise des Stands ist auch ein Zeichen, dass man mit Holz durchaus mehrstöckig bauen kann. Häuser aus einheimischem Holz sind dafür ein gu- tes Beispiel», sagt Kurt Koller (Bild), Geschäftsführer Objekte und Ausstellungen der Kuratle & Jaecker AG. Der Stand dürfte den Messebesuchern bekannt vorkommen. Bereits auf der Holz 2019 präsentierte sich das Unternehmen in diesem «Gewand». Danach wurde er am Hauptsitz in Leibstadt eingelagert. Nach drei Jahren Dornröschenschlaf steht er jetzt wieder voll im Rampenlicht.

Das macht nicht nur aus ökonomischer Sicht Sinn, sondern bringt auch ökologisch nur Vorteile. «Es wäre ja wirklich schade, so einen ausgeklügelten und variablen Messestand nur einmal zu verwenden», sagt Koller. Und auch nach der Holz 2022 wird der Stand auf irgendeine Art dem Unternehmen dienen, ob für die Hausmesse, in der Umweltarena Spreitenbach oder an der Holz 2025. «Guten Ideen aus Holz stehen immer alle Türen offen», sagt Koller.

Zulieferer lassen bauen

Während die Hölzigen ihre Stände zum grössten Teil selber bauen, lassen Zulieferer bauen. So zum Beispiel die HG Commerciale (HGC). Als umfassender Anbieter führt die Genossenschaft fast alles für die Bauwirtschaft. HGC ist mit 43 Verkaufsstellen in der ganzen Schweiz präsent. Der Online-Shop umfasst über 40 000 Artikel.

Der Stand an der Holz 2022 fokussiert auf Holz und Naturstein. Alles massiv, alles solide. Diese grosszügige Materialisierung entpuppte sich dann auch als Herausforderung. Der Lift, der diese Elemente in den ersten Stock der Messehalle hieven musste, schluckt nämlich nur eine maximale Länge von 6,8 Meter. «Schon bei der Planung passten wir die Konstruktion des Stands entsprechend an. Das ging reibungslos vonstatten, denn unser Messebauer Standconcept SA und der Vertriebspartner Haudenschild Holzbau AG verfügen über Erfahrung in der Messelogistik», erklärt Peter Aeschlimann (Bild). Ursprünglich lernte der 43-Jährige aus Windisch im Kanton Aargau Schreiner. Nach einer Weiterbildung zum Holzingenieur ist er nun Leiter Marketing bei der HGC in Zürich. Doch zurück zum Messestand. Dessen Wände bestehen aus dem Bausystem MHM, einer Massivholzmauer aus unbehandeltem Schweizer Holz. Im Sitzbereich sind sie mit Dreischicht-Paneelen in verschiedenen Oberflächenstrukturen verkleidet. Umrahmt wird der Stand mit einer offenen Decken- und Wandkonstruktion aus Holz. Idee und Inhalte zum Messeauftritt erarbeitete das Marketing-Team in Zusammenarbeit mit den Sortimentsverantwortlichen. «Schliesslich wollen wir mit dem Stand zeigen, dass wir im Holzbau und Innenausbau ein umfassender, starker Partner sind. Wir präsentieren unsere ganze Sortimentsbreite vom Konstruktionsholz über die Fassade bis hin zum Innenausbau mit Bearbeitungsdienstleistungen und digitalem Service – und das auf relativ kleiner Standfläche», sagt Aeschlimann. Diese Sortimentsvielfalt, diese Menge an Möglichkeiten und Ideen waren dann auch die grösste Herausforderung. Die ursprüngliche Idee sah nämlich völlig anders aus. Bei der Detailplanung im Team hiess es dann fokussieren und reduzieren. Eine klare Themensetzung musste her. «Das gelang nur, weil alle Profis motiviert und mit viel Fachwissen an einem Strang zogen», sagt Aeschlimann. Der Stand der HGC ist keine Eintagsfliege. Er lässt sich in Einzelteile zerlegen und mit neuer Themensetzung nochmals neu aufbauen. Eine Wiederverwendung bis in alle Ewigkeit ist aber nicht geplant. «Es macht mehr Sinn, die verwendeten Materialien soweit möglich direkt wiederzuverwenden. Vielleicht gibt es ja Kunden oder Mitarbeitende, welche die verwendeten Produkte für einen permanenten Einsatz brauchen können. Wand- und Bodenverkleidungen können aber ohne Weiteres auf mehreren Messen oder Anlässen eingesetzt werden», sagt er. Obwohl der Stand der HGC auf der Holz 2022 zum ersten Mal im Rampenlicht steht, ist bei Aeschlimann kein Lampenfieber auszumachen. Er erklärt das so: «Wir haben alles gut vorbereitet und durchdacht. Fürs Erste sind wir zufrieden. Aber weil Erfolg immer auch eine Sache der Optimierung ist, sind wir auf das Feedback des Messepublikums gespannt. Dranbleiben, laufend Ideen aufnehmen und dann umsetzen – das ist ja schliesslich die Stärke und das Erfolgsrezept unserer Branche.»

www.girsberger.comwww.schilliger.chwww.kuratlejaecker.chwww.hgc.ch

Beatrix Bächtold

Veröffentlichung: 29. September 2022 / Ausgabe 39/2022

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