Schreiner setzt auf Powsurfboards

Für Simon Basler (27) bedeuten seine Powsurfboards made in Winterthur die Welt. Bild: Beatrix Bächtold

Powsurfboards heissen die Snowboards ohne Bindung, entwickelt und hergestellt von Simon Basler. Der 27-jährige Schreiner gründete 2015 im Rahmen seiner Diplomarbeit an der Höheren Fachschule für Technik und Gestaltung Zug die Firma riftboards.ch. Seitdem surft er beruflich auf drei Brettern: Im Sozialpädagogischen Zentrum Gfellergut bildet er Schreiner aus, büffelt nebenbei für sein Studium zum Berufsschullehrer, und dann stellt er noch Bretter her. Bretter, auf denen man im Wasser und zu Lande unterwegs ist, und solche, mit denen man durch den Tiefschnee stauben kann. Letztere bedeuten für ihn die Welt. «Skater fahren ohne Bindung, Surfer reiten immense Wellen ohne Bindung. Wieso nicht Powdersurfen ohne Bindung?», fragt Basler eher rhetorisch und betont, dass er bindungslose Snowboards nicht erfunden, aber perfektioniert hat. «Vom Aufbau her sind sie einmalig und qualitativ das Gelbste vom Ei», erklärt er. Während namhafte Hersteller ihre Bretter auf schichtverleimtem Sperrholz aufbauen, produziert der Schreiner in seiner Werkstatt nach Mass Unikate um einen Kern aus Esche und Paulownia, dem Holz des Blauglockenbaums. Das macht sie federleicht und elastisch. Zur Demonstration nimmt er ein Powsurfboard, stellt es auf den Boden und biegt es wie Gummi rund 50 Grad durch. «Das intensiviert das Fahrgefühl. Man spürt Freiheit und schmiegt sich Berg und Gelände an.» Bereits gut zwei Dutzend Freaks sind schon mit so einem Powsurfboard made in Winterthur unterwegs. Sobald der Kunde übers Internet sein Brett konfiguriert hat, macht sich Basler an die Arbeit. Zuerst schneidet er mit einer Schablone den Kern aus. Dann leimt er die Kante aus ABS, einem schlagzähen Plastikwerkstoff, auf.

Im Kern integriert er zwei Chromstahlmuttern mit Unterlagsscheibe. Hier wird später die Powsurf-Leash befestigt. Am Rucksack oder Gurt eingeklinkt, verhindert diese «Leine», dass sich das geliebte Powsurfbrett nach einem Sturz verabschiedet. Kern und Kante belegt Basler mit einem Glasfasergewebe und fixiert es mit individuell eingefärbtem und luftfahrtgeprüftem Epoxydharz. «Das Board soll Temperaturen von minus 50 bis zu plus 80 Grad Celsius aushalten», erklärt er. Das harzgetränkte Riesenpäckchen verfrachtet Basler dann auf einen Skibelag und deckt es mit dem Oberbelag zu. Dieses «Sandwich» härtet 24 Stunden lang in einer Formpresse aus. Danach schleift er die Kanten und «gart» es 24 Stunden lang bei 50 Grad Celsius. Zum Abschluss kommt das Grip-Pad, eine Matte, auf der der Fahrer selbst mit gewöhnlichen Wanderschuhen genug Halt findet, um sein gut zwei Kilo schweres Board zu steuern. Zwei Wochen Arbeit stecken in einem Powsurfboard, und der Kunde blättert fast sieben Hunderternoten dafür hin. «Mehr als die Hälfte davon sind Materialkosten», sagt Basler und betont, dass es günstiger nicht mehr geht. Wer noch ein Nötli drauflegt, erhält die Powderwaffe aus purem Holz. Einige Powsurftypen haben unter seiner Anleitung bereits ihr eigenes Hightechgerät hergestellt, so unter anderem auch Lernende für die Vertiefungsarbeit der Berufsschule. Und wie stellt man fest, ob man ein Powsurftyp ist? Ganz einfach: «Wer möchte, kann einen Testtag buchen und dann ab mit mir in den Pulverschnee.»

«Skater fahren ohne Bindung, Surfer reiten immense Wellen ohne Bindung. Wieso nicht Powdersurfen ohne Bindung?»

beb

Veröffentlichung: 02. Februar 2017 / Ausgabe 5/2017

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