Starker Auftritt am neuen Ort

Ein Kubus mit vielen Funktionen: Das eigene Firmengebäude mit einer Grundfläche von 1600 m2 beherbergt oben Produktionsstätten und unten das Büro sowie die Ausstellungsflächen. Bild: R + S Schreinerei AG

Neubau.  Die Arbeitsbedingungen in einem Schuppen waren nostalgisch und unzeitgemäss. Daher entschied sich die R + S Schreinerei AG für einen Neubau. Die Standortsuche geriet aufwendig, aber lohnend, denn im neuen Ambiente in Wohlen zeigt sich erst das Entwicklungspotenzial.

SchreinerZeitung Ihr Betriebssitz in einem alten Schuppen gaben sie 2011 auf. Warum kam es zum Neubau?
Alex Schibli: Das bisherige Gebäude war rund 100 Jahre alt und entsprechend sanierungsbedürftig. Fehlende Isolation, undichte Dächer und zu wenig Platz für unsere Mitarbeiter zählten zu den elementaren Mängeln. Als Mieter in diesem Gebäude war unser Einfluss hinsichtlich Veränderungen aber äusserst begrenzt, zumal eine Renovation hohe Kosten bedeutet hätte. Doch meinem Kompagnon Kaspar Rüdisüli und mir war bewusst, dass wir vorwärts gehen müssen, um zukünftig stabil zu wirtschaften.
Was bedeutet vorwärts gehen?
Wir entschieden uns nach Prüfung verschiedener Varianten 2007 für einen Neubau. Dies war nur ein Baustein unserer so genannten «Vorwärts»-Strategie, die ein Bündel an Massnahmen beinhaltet. Dazu zählt beispielsweise mein Intensivstudium KMU, eine Erweiterung unseres Marketings und der Planung sowie die Einführung der Qualitätssicherung.
Von der Entscheidung bis zum Bezug der Räumlichkeiten vergingen fünf Jahre. Was dauerte so lange?
Ursprünglich dachten wir an eine Umsetzung im Jahr 2008, doch die Landsuche war schwierig. Ausserdem schrieb ich parallel zum laufenden Betrieb meine Diplomarbeit. Und die Suche nach einem geeigneten Architekten sowie die Finanzierung dieses Grossprojekts nahmen viel Zeit in Anspruch.
Warum war die Suche nach einem Grundstück so schwierig?
An unserem früheren Standort in Dottikon gab es kein geeignetes Industrieland, und wenn, waren die angebotenen Parzellen zu gross für uns. Wir mussten also die Gemeinde wechseln. In Wohlen konnten wir Grösse und Ausschnitt der Parzelle bestimmen. Die Ausgangslage war optimal für die Planung eines Gebäudes. Doch vor dem Kauf musste das Grundstück auf Servitute, Bodenbeschaffenheit, Durchfahrtsrechte und vielem mehr überprüft werden.
Woher wussten Sie, welcher Standort sich eignet?
Ich habe in meiner Diplomarbeit eine Matrix entwickelt, um den optimalen Standort für eine Schreinerei unseres Profils zu evaluieren. Dabei spielen Faktoren wir Erreichbarkeit, Vernetzung, Sichtbarkeit eine Rolle. Aus sechs Wahlmöglichkeiten kristallisierte sich die heutige Lösung als beste heraus. Unser Gebäude liegt an der Hauptstrasse eines Wohn- und Gewerbeviertels. Es ist wie ein Schaufenster. In einem reinen Industrieviertel wären wir zu weit von unserer Kundschaft entfernt. So besuchen unsere Ausstellung Vorbeifahrende, die aufmerksam geworden sind.
Warum legen Sie Wert auf die Publikumswirksamkeit?
Im traditionellen Schreinerbetrieb ist das eher verpönt. Bei uns kam früher noch dazu, dass die alten Räumlichkeiten nicht vertrauenserweckend waren. Inzwischen punkten wir mit der Ausstellungsfläche, dank der wir ein breites Repertoire unseres Könnens zeigen. Das ist als Verkaufshilfe nicht zu unterschätzen. Auch unser Auftritt ist mit dem professionellen Innern selbstbewusst geworden.
Welche Überlegungen standen angesichts des Neubaus an?
Die grosse Frage war, ob wir unsere Produktion weiterführen wollen. Und wir hielten an diesem Qualitätssiegel fest und zielten auf eine Erhöhung der Produktion ab. Daraus ergaben sich alle weiteren Massnahmen. So waren Investitionen in Maschinen, wie eine CNC nötig. Aber auch unsere Vollzeitstellen haben wir von 20 auf 30 erhöht. Für die Finanzierung benötigte es einen Business-Plan. Bis zur Bankeingabe unterstützten uns die Berater der Tre Innova, denn das Projekt war finanziell riskant.
Worin bestand das Risko genau?
Ich und Kaspar Rüdisüli konnten zwar Eigenkapital einbringen, aber wir mussten viel Geld aufnehmen. Deshalb brauchte es eine wohl überlegte Risikobeteiligung der Teilhaber. Und die Berechnung musste glaubwürdig sein, Zinsbelastung und Amor-tisation sollten nach Fertigstellung tragbar sein. Wir mussten eine Planerfolgsrechnung über drei Jahre erstellen. Vom Mieter zum Eigentümer – das war ein riesiger Schritt. Unsere positive Grundeinstellung half uns dabei.
Inwiefern waren Sie an der Gestaltung des Neubaus beteiligt?
Standortsuche sowie Finanzierung waren für mich aufwendiger. Doch auch die Zusammenarbeit mit dem Architekten Xaver Meyer war für das Gesamtergebnis äusserst wichtig. Er übernahm die konzeptionelle Arbeit, während meine Frau als Architektin die gestalterischen Fragen wie etwa die Materialisierung oder die Fenstereinteilung mit mir zusammen überlegte. So lösten wir in Kooperation mit dem Architekten die Aufgaben. Das lief rund. Anstrengend war hingegen die Zügelaktion.
Was war beim Zügeln zu beachten?
Eine gute Vorbereitung ist wichtig, denn die laufenden Aufträge müssen trotzdem abgewickelt werden. Zur besseren Koordination hatten wir Büro und Werkstatt zeitversetzt umgezogen. Mein Augenmerk galt dem optimalen Einsatz unseres Personals. Und um Wege zu sparen, bauten wir unser Holzlager so gut als möglich ab. Doch die Doppelbelastung von Geschäftsleitung und Bauherrentätigkeit brachte mich an meine Kapazitätsgrenzen.
Wie reagierten Ihre Kunden und Mitarbeiter auf den Ortswechsel?
Wir sind nur sechs Kilometer weiter gezogen und die Kundschaft blieb uns weitgehend treu. Die Distanz war auch für unsere Mitarbeiter tragbar. Allerdings veränderte sich das Team. Das hängt mit dem grösseren Anteil der Maschinenproduktion zusammen, während früher die Handarbeit überwog. In diesen Wandel wollten einzelne Mitarbeiter leider nicht mitgehen und entschieden sich für ihre traditionelle Arbeitsweise. Ich hatte das nicht erwartet, schätze aber ihr konsequentes Verhalten.

Auftritt verändert

Runderneuert

Alex Schibli ist eidg. dipl. Schreinermeister sowie Teilhaber und Geschäftsleiter der R + S Schreinerei AG in Wohlen. Die Gründung erfolgte 1999 aus einem Management-Buyout. Als der angestammte Firmensitz in einem alten Schuppen ein sicheres und effektives Arbeiten nicht mehr ermöglichte, entschied man sich für einen Neubau. Damit einher ging eine konzeptionelle Veränderung des Betriebes in puncto Produktionsweise und Aussenauftritt. Die Suche nach dem idealen Grundstück zog sich über ein Jahr hin. Die reine Bauzeit betrug knapp ein Jahr. Seit Einzug zu Jahresbeginn 2012 wächst die Küchenwerkstatt und beschäftigt 35 Mitarbeiter.

www.rs-schreinerei.ch

MZ

Veröffentlichung: 24. Oktober 2013 / Ausgabe 43/2013

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