Streicher und ganz andere Kanteln

Auch Ulme wird für Fenster eingesetzt. Keilgezinkt mit einer sichtbaren, durchgehenden Decklamelle, wird das Edelholz für Fenster bezahlbar. Bild: Bernhard Agner

Kanteln.  Aus besonderen Kanteln lassen sich besondere Fenster bauen. Neben speziellen Eigenschaften geht es dabei vor allem um die Optik. Das bietet Chancen vor allem für kleinere Fensterbaubetriebe, weil Holz aus dem Schweizer Wald preislich auf einmal konkurrenzfähig ist.

Die Auswirkungen der Pandemie auf die weltweiten Warenströme sorgen an den Märkten für Holz und Holzwerkstoffe für Verwerfungen. Dies betrifft auch die Kanteln für Türen und Fenster.

Aber längst nicht immer müssen die Folgen nur negativ sein. Durch die weltweit gestiegenen Preise für Holz ist der Rohstoff aus den heimischen Wäldern wieder konkurrenzfähig geworden. «Wir befinden uns in einer geradezu historischen Situation. Das erste Mal überhaupt können wir Fichtenkanteln aus Schweizer Holz günstiger anbieten als Importware. Das gab es eigentlich noch nie», erklärt Hans-Rudolf Wälchli, zuständig für Verkauf und Marketing bei der Sägerei Trachsel AG in Rüti bei Riggisberg BE. Der Hersteller von Halbfertigfabrikaten für die Holz verarbeitende Branche, vor allem für Fenster- und Türenbauer, liefert Kanteln aus eigener Produktion in Fichte und Tanne mit dem Zertifikat Schweizer Holz. Die Trachsel AG gilt als Spezialistin für lamellierte Kanteln, die am Ende in Fenstern mit natürlicher Holzoberfläche verarbeitet werden und nicht mit dem Hinweis «Streicher» versehen werden. So nennt man in der Branche Kanteln, die am Ende farblich deckend beschichtet werden und das Holz als reines Trägermaterial dient.

Schweizer Holz vor allem bei Fichte

Keilgezinkte Kanteln, wie sie etwa von der Brühwiler Fensterholz AG im aargauischen Attelwil produziert werden, landen zu einem erheblichen Teil bei den grossen Fensterherstellern der Branche. Auch die Geschäftsführerin des Unternehmens, Maria Brühwiler, hat sich dem Schweizer Holz verschrieben. «Im Moment will jeder Kanteln aus dem Schweizer Wald. Sollte der Preis für Importware wieder zurückgehen, dürfte sich dies wieder ändern», prognostiziert Brühwiler. Am Stammsitz im thurgauischen Wiezikon schneidet das Unternehmen im eigenen Sägewerk pro Jahr rund 15 000 m3 Schweizer Holz ein. «Das gibt uns eine grosse Flexibilität bei der Produktpalette, und auch beim Einsatz des Rohholzes können wir die verfügbaren, unterschiedlichen Qualitäten entsprechend einsetzen und sortieren», erklärt Brühwiler.

Da derzeit viel Holz nachgefragt wird, scheint die Güte inzwischen ebenfalls ein Thema, und dies längst nicht nur bei der Fichte, dem beliebtesten Fensterholz in der Schweiz. «Die Qualität des Rundholzes in den Produktionsstätten scheint aufgrund der hohen Nachfrage im Moment manchmal etwas schwierig», verrät Adrian Siegrist, Geschäftsleiter der Siegristholz GmbH in Bad Ragaz SG. Der Handelsbetrieb arbeitet vor allem mit kleinen und mittel- grossen Fensterbauern zusammen. Im Unternehmen entfällt der Löwenanteil des Fensterholzes auf die Fichte. «90 % ist bei uns Fichtenholz, der Rest sind Eiche und Lärche. Andere Holzarten sind die Ausnahme», sagt Siegrist.

Eiche ist als Fensterholz etabliert

Die Eiche habe sich inzwischen als hochwertiges Nischenprodukt bei den Fenstern eingebürgert. Denn um Schweizer Holz handle es sich dabei in aller Regel nicht, so die Experten. Fällt die Wahl auf die Eiche, gehe es entweder um Brandschutzfenster oder schlicht um ein edles, hochwertiges Antlitz. «Oft handelt es sich dann um Objekte, bei denen das Eichenholz mit durchgehenden Lamellen und natürlichem Erscheinungsbild eingesetzt wird», erklärt Siegrist.

Erfahrungen mit der Eiche aus heimischen Wäldern hat man bei der Agner Holz AG in Schötz LU. «Wir verarbeiten auch Eiche aus der Schweiz. Aber es ist schwierig, genügend Holz zu bekommen, und deshalb entsprechend aufwendig, es zu suchen. Anspruchsvoll ist auch das Trocknen des Holzes, und schliesslich ist aufgrund der hohen Nachfrage die verfügbare Qualität des Rundholzes in den letzten Jahren nicht gerade besser geworden», erklärt Bernhard Agner, Geschäftsleiter des gleichnamigen Unternehmens, das seinen Schwerpunkt auf die Kantelproduktion für Türen und Fenster gesetzt hat.

Es geht natürlich ums Geld

Während die Eiche für die Spezialisten von Fenster- und Türenkanteln schon fast Standard ist, trifft dies für andere Holzarten längst nicht zu. Dabei wäre dies auch eine Chance für das Herkunftszeichen Schweizer Holz, zumal die benötigten Mengen bislang überschaubar sind.

«Wir schauen heute zu wenig, was in unseren Wäldern wächst, und setzen das eigene Holz zu selten ein», zeigt sich Agner überzeugt. Ein Grund: Dazu bräuchte es etwas Idealismus, weil Vielfalt und Besonderheiten am Ende auch stets aufwendiger und damit etwas teurer seien. «Aber das Bauen ist generell sehr teuer in der Schweiz, und wer baut, gibt oft viel Geld für Details aus, die womöglich auch anders und einfacher zu lösen gewesen wären. Das Sparen am Holz beim so wichtigen Bauteil Fenster heisst Sparen an der falschen Stelle», erklärt Agner. Gemessen am Endpreis des Fensters, schlägt der Holzanteil mit etwa 10 bis 15 % des Preises zu Buche. Das ist relativ wenig, weshalb der Einsatz einer hohen Holzqualität von einer geeigneten, womöglich höherwertigen Holzart zielführend scheint. Wenn jedoch ein Fensterbaubetrieb, der 1000 m3 Holz pro Jahr benötigt, für das Holz pro Kubikmeter 300 Franken mehr bezahlt, sieht die Rechnung anders aus. Bereits dann wird in der Praxis von vielen bei der Fichte nicht mehr auf Schweizer Holz gesetzt, sondern auf die in den letzten Jahren stets günstigere Importware. Geht es um andere Holzarten, fällt die Differenz schnell deutlich grösser aus. Aber: Das Schweizer Holz ist derzeit konkurrenzfähiger als je zuvor.

Für die Eichenkantel mit durchgehenden Decklamellen kann man laut Experten etwa den zwei- bis dreifachen Preis gegenüber einer Fichtenkantel gleicher Qualität ansetzen. Trotzdem hat sich offensichtlich ein Markt für solche Fenster gebildet, der zwar nur einen kleinen Anteil hat, dafür aber die Produktion in der Schweiz ermöglicht und so auch ein Stück Unabhängigkeit schafft.

Ob ein Eichen- oder anderes hochwertiges Holzfenster in einem konkreten Bauprojekt eingesetzt wird, hängt mutmasslich vom Wissen und von der Wertschätzung für die Sache bei den Akteuren ab. «Um hochwertige Materialien verkaufen zu können, müsste man dem Endkunden diese präsentieren können. Wenn dieser seine Fenster als Möbelstück sieht, wäre er vielleicht bereit, mehr zu investieren. Je nach Architekt oder Generalunternehmer ist es für die Fensterbauer aber nicht immer einfach, den Endkunden zu erreichen», erklärt Siegrist. Die Spezialisten unter den Fensterbauern für besondere Fenster aus eher ungewöhnlichen Hölzern seien eine kleine Gruppe, aber auch eine interessante.

Das Holz wirkt

Bemerkenswert: Das Interesse seitens der Bauherren und Kundschaft für das etwas andere Fensterholz ist offenkundig vorhanden. «Wir rechnen oft Sonderwünsche, bestellt werden sie am Ende aber eher selten», sagt Agner. Ganz ähnlich klingt es beim Handelsbetrieb Siegrist, wo viele Besonderheiten angefragt würden, aber es nur ganz selten zu einem Auftrag für Fensterkanteln in einer Holzart, abseits des Üblichen und Bekannten, komme. «Am Ende geht es dann doch einfach meist ums Geld», erklärt Agner diesen Umstand.

Nicht anders verhalte es sich mit gedämmten Fensterkanteln, mit denen sich die Minergie-Dämmwerte erreichen liessen. Auch diese sind deutlich teurer als die Standard-Fichtenkanteln, werden selten nachgefragt und noch seltener bestellt. «Bei den Minergiekanteln gibt es ganz verschiedene Produkte, die auch sehr unterschiedlich im Preis sind. So liegen etwa Sandwichkanteln mit einem Dämmkern aus Purinit preislich beim Faktor drei bis vier gegenüber der Fichte, je nach Ausführung», erklärt Siegrist. Deshalb wird oft versucht, mit grösseren Holzquerschnitten die Werte zu erreichen, anstelle die Dämmkanteln einzusetzen. «Daher sind Auftragseingänge nicht sehr häufig für diese Produkte», erklärt Siegrist.

Noch weniger Nachfrage verzeichnet Bernhard Agner bei der Gruppe der Isolierkanteln. «Wir haben noch nie eine Bestellung mit dem Isolieraufbau bekommen», erklärt Agner. Verwunderlich ist indes eher, dass der höhere Lambda-Wert von Harthölzern offensichtlich bei manch architektonisch hochstehendem Objekt nicht die entscheidende Rolle spielt.

Leichter ist es, wenn sich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen lassen. So setzt die Sägerei Trachsel AG auch thermobehandelte Fichte und Tanne für die Kantelherstellung ein. Da Altholz nach wie vor sehr gefragt ist, dient das thermisch behandelte Holz als Ersatz für das echte Altholz und eröffnet so die Möglichkeit, eine optische Angleichung der Fenster in entsprechendem Interieur umzusetzen. Weil das so behandelte Holz auch eine Verbesserung des Lambda-Wertes mit sich bringt, ist auch der U-Wert des Rahmens am Ende besser. Daneben werden die Nadelhölzer auch gedämpft, um einen Altholzcharakter zu erzielen. «Solche Kanteln werden häufig nachgefragt als kostengünstige Alternative zum Altholz», sagt Siegrist.

Überhaupt scheinen auch beim Fensterholz Mode und Trends durchaus eine gewisse Rolle zu spielen. Eine spürbare Häufung von Anfragen in bestimmten Holzarten lässt sich beobachten. «Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich die Architekten untereinander absprechen. Auf einmal kommen Anfragen nach der Esche. Erst eine, dann zwei und schliesslich die dritte. Und danach ist es wieder lange ruhig», beschreibt Agner das Phänomen.

Den bunten Strauss nutzen

Gerade für den handwerklichen Fensterbauer bietet der bunte Strauss der möglichen Holzarten Chancen, während der Einsatz von Standardware in Fichte im handwerklichen Fensterbaubetrieb kaum konkurrenzfähig gegenüber den grossen Akteuren erscheint. Vereinzelt spielen Fensterbauer diese Karte mit Erfolg aus. Solche Fenster in edlen Hölzern wirken eher wie ein Möbelstück denn wie ein funktionales Bauteil. Dafür braucht es allerdings eine entsprechende, hochstehende Ausführung und auch die Kunden, die das zu schätzen wissen. Viele Bauherren würden nach der Küche, dem Garten und anderen Dingen schauen, aber kaum auf das Fenster, weiss Siegrist. Dennoch können edle Fensterhölzer bei einer bestimmten Klientel ein interessantes Nischenprodukt sein, wenn das im Verkauf gezielt gefördert werde, zeigt sich Siegrist überzeugt.

Selbst beim Nussbaum mache am Ende der Aufwand in der Herstellung den hohen Preis aus und nicht die Kosten für das Holz an sich, so Siegrist. Das Beispiel Nussbaum zeigt es auf: Da keine Lamellen für die Produktion von Fensterkanteln am Markt verfügbar sind, müssen solche extravaganten Wünsche aus der üblichen Rohware hergestellt werden, nämlich aus Klotzbrettern. «Das gibt natürlich oft einen relativ grossen Verschnitt, auch weil durchgehende Lamellen gewünscht werden», weiss Agner, der solche Aufträge schon öfter ausgeführt hat.

Die Mischung machts

Nicht selten wird Holz gespart, indem verschiedene Hölzer in der Kantel miteinander kombiniert werden. Gerade bei Holz-Metall-Fenstern bietet sich dies an. So lässt sich im Rauminneren eine gewünschte Optik in einem beliebigen Holz erzielen, ohne die Kosten in die Höhe zu treiben und Gefahr zu laufen, ein zu wenig widerstands-fähiges Material einzusetzen. Für ein Altersheim hatte Agner zum Beispiel vor einiger Zeit Kanteln mit einer Decklamelle in Ahorn gefertigt, das wahrlich kein Fensterholz ist. «Bei gemischten Kanteln, etwa Eiche mit Fichte, achten wir auf einen symmetrischen Aufbau. Wenn diese asymmetrisch aufgebaut sein sollen, weisen wir einfach darauf hin, dass Langzeiterfahrungen mit solchen Kanteln noch nicht vorhanden sind», sagt Agner. Verleimt werden Kanteln in aller Regel mit einem D4-Weissleim, egal um welche Holzart es sich handelt. Ein asymmetrischer Aufbau ist deshalb nicht ganz risikofrei. «Aber es kommt immer darauf an, ob es sich um einen drei Meter langen Flügel handelt oder ob es um kleinere Fenster geht. Wir hatten auch schon Nussbaum und Fichte im zweischichtigen Aufbau. Das hat gut funktioniert.»

Von schwierigen Holzarten wie Buche oder Robinie lässt der Kantelspezialist jedoch lieber die Finger. Zu unruhig seien solche Hölzer für masshaltige Bauteile. Tropische Arten wie Sipo würden praktisch nur noch als Einzelanfertigung für einen Fensterersatz verwendet. Ansonsten hat Agner Erfahrung mit allerhand Besonderheiten. Neben dem hochstehenden, heimischen Fensterholz Kastanie etwa auch mit Hemlock für den Saunabau oder dem feinjährigen Holz der kanadischen Douglasie. «Auch Eukalyptus hatten wir schon. Der australische Kunde in der Schweiz wollte sich so etwas mehr zu Hause fühlen», sagt Agner.

www.trachsel-holz.chwww.fensterholzag.chwww.siegristholz.chwww.agner-holz.ch

christian härtel

Veröffentlichung: 30. September 2021 / Ausgabe 40/2021

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