Tierfreund und Jäger zugleich

Der Sportfischer Roland Birchler (56) aus Einsiedeln SZ fischtseit über 45 Jahren in seinem Haussee, dem Sihlsee. Bild: Caroline Schneider

In hohem Bogen wirft Roland Birchler den Köder, ein Gummi-Imitat einer kleinen Forelle, in den Sihlsee. Danach rollt er die Fischerleine auf, lässt die Gummi-Forelle zwischendurch etwas absinken, zupft die Angelrute im richtigen Moment zwei Mal nach rechts, um dann den Faden wieder aufzurollen. «Mit dieser Fischerart fange ich vor allem Raubfische wie Hecht oder Zander», erklärt der passionierte Sportfischer.

Sein grösster Fang im Sihlsee war ein fast ein Meter grosser Hecht. Birchler ist kein Sportfischer, der um die Wette fischt. Er hat grossen Respekt vor Tier und Natur. Er fischt mit Bedacht und zieht den Fisch an der Angel schonend an Land. Wenn dieser nicht über das Mindestmass verfügt, lässt er ihn frei, ohne ihn dabei zu verletzen. Die Entwicklungen in der Sportfischerei begrüsst er. Der Tierschutz habe Druck gemacht, sodass das Fischen mit Widerhaken – Ein-Angel mit Wurm ausgeschlossen – endlich verboten worden sei. Für Birchler muss das Töten schnell und sorgfältig vollzogen werden. Denn er ist überzeugt: «Der Fisch spürt, was mit ihm geschieht. Ich kann die Angst des Hechtes spüren, wenn ich ihn töte.» Das sind die unangenehmen Seiten des Fischens für feinfühlige Naturmenschen wie den 56-jährigen Schreiner. Doch in solchen Situationen ist er nicht nur Tierfreund, er spürt auch den Jagd- instinkt in sich. «Wenn ich einen Hecht jage, spüre ich das Adrenalin», sagt er, während er das Fliegenfischen demonstriert. In rhythmischen Hin-und- her-Bewegungen schwingt er die Fischerleine durch die Luft. Die Bewegung erinnert an den Brauch der «Geisslete», nur dass es nicht so laut «chlepft». Der Klang erinnert eher an das Schwirren der Flügelschläge eines Rieseninsektes.

Die Kunst des Fliegenfischens ist es, den Köder – eine Fliege – nahe an der Oberfläche des Sees hin und her zu bewegen und diesen dann so sanft wie möglich auf die Wasseroberfläche zu legen, sodass die Fische aus dem Wasser springen und den Köder schnappen. Meeresfisch isst Birchler schon lange nicht mehr. Die Ausbeutung der Meere und die Fangmethoden der Hochseefischerei verabscheut er zutiefst. «Ich bin ein Regionaler», sagt er. «Ich kaufe im hiesigen Dorfladen ein und fische so gut wie nie in anderen Gewässern als dem See vor meiner Haustür.» Birchler fischt seit bald 50 Jahren. Als 9-Jähriger bekam er sein erstes Fischerpatent. «Mein Vater hat ein bisschen gemauschelt mit meinem Jahrgang», verrät er. Denn ein Fischerpatent gibt es erst ab 10 Jahren. Beim Fischen fühle er sich eins mit der Natur. Die Sonnenuntergänge und die verschiedenen Stimmungen am See geben ihm einen inneren Frieden und eine Geborgenheit. «Als ich in der Lehre war, gab es noch grosse Schwärme von bis zu 45 cm grossen Eglis. Wenn so ein Schwarm vorbeizog und auf kleine Fische Jagd machte, hatte man das Gefühl, dass sich der ganze See bewegt. Solche Fischschwärme gibt es heute nicht mehr.»

Er erinnert sich weiter an die legendäre, alte Seeforelle: «Das war ein magischer Anblick, als ich sie einmal aus dem See springen sah. Sie war 90 cm lang», sagt der Schreiner voller Ehrfurcht. Sein Wunsch ist es, einmal einen mindestens 1,50 m langen Wels zu fangen und zwar in «seinem» See.

«Ich kaufe im Dorfladen ein und fische so gut wie nie in anderen Gewässern als dem See vor meiner Haustür.»

cs

Veröffentlichung: 02. November 2017 / Ausgabe 44/2017

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