Voll Verdecktes offengelegt

Bei Flügeln mit Überschlag können verdeckt liegende Beschläge ihre gestal-terischen Vorzüge nur bedingt ausspielen. Bild: Internorm

Beschläge.  Verdeckt liegende Beschläge ermöglichen eine schlichte und edle Gestaltung von Fenstern ohne sichtbare Bandrollen. Die Schreinerzeitung hat von den Herstellern die Kennwerte der Beschläge zusammengetragen sowie nach den Vor- und Nachteilen gefahndet.

Gute Nachrichten für Architekten: Verdeckt liegende und damit im geschlossenen Zustand nicht sichtbare Fensterbeschläge sind für alle Rahmenmaterialien, ein-, zwei- oder dreiflüglige Konstruktionen und auch für Fenstertüren mit Schwellen verfügbar. Vorbei die Zeit, in der unansehnliche Abdeckkappen das Erscheinungsbild der Bauelemente prägten. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. «In der Praxis sind die verdeckten Beschläge bislang eher ein Nischenprodukt. Standard sind Dreh-Kipp-Beschläge mit sichbaren Bändern», sagt Urs Lüchinger, Verkaufsleiter Fenster bei der SFS Group Schweiz AG in Heerbrugg SG. Das Unternehmen hat mit den österreichischen Maco und den deutschen Winkhaus zwei Systeme für verdeckt liegende Beschläge im Sortiment. «Dass die verdeckt liegenden Eckbänder seltener zum Einsatz kommen, liegt vor allem daran, dass bei Neubauten meist der Preis eine wichtige Rolle spielt und deshalb eher Standard geplant wird, wenn besondere Lösungen gesucht werden», erklärt Elvedin Bahonjic, Projektleiter Technik und Betriebswirtschaft beim VSSM in Wallisellen ZH.

Denn ein Fenster mit verdeckt liegenden Beschlägen ist teurer als ein Fenster mit Standardbeschlägen. Setzt man die Mehrkosten für die Beschläge jedoch ins Verhältnis zu den anderen Kostenblöcken beim Fenster, machen sie wohl nur einen geringen Teil aus. «Die Fertigung, das Glas und auch das Rahmenmaterial bestimmen den Fensterpreis, erst dann kommen die Beschläge», sagt Lüchinger. Wie hoch die Mehrkosten eines Fensters mit einem verdeckten Beschlag im konkreten Fall sind, hängt auch von der Fertigung und der Erfahrung des jeweiligen Fensterbauers ab. Bahonjic schätzt die Mehrkosten für den Bauherren am Ende auf etwa 100 Franken für ein einflügliges Fenster.

Das Fenster als Möbel

Die nicht sichtbaren Beschläge kommen spätestens dann zum Einsatz, wenn flächenbündige Fenster gewünscht werden. Wer so etwas möchte, hat besondere ästhetische Ansprüche. Flächenbündig ausgeführte Fenster sind nicht nur ein Detail, sondern in ihrer Anmutung dann oft eine andere Liga. Nicht selten werden solche Fenster auch aus besonderem Holz wie Kastanie, Eiche oder Lärche hergestellt. Flächenbündige Konstruktionen müssen besonders exakt und mit Augenmerk auf das Detail hergestellt werden. Solche Fenster muten mitunter wie Möbel an. Die Oberflächenbeschichtung erfolgt dann meist farblos, auch geölte Varianten finden sich.

Dichtungsebene nicht unterbrochen

Alle marktüblichen Beschläge erlauben die flächenbündige Konstruktion mit Holz.

«Nicht sichtbare Beschläge werden oft von privaten Bauherren bei Umbauten und Sanierungen gewünscht, die Wert auf gute Gestaltung bis ins Detail legen», sagt Bahonjic. Es ist also vor allem die hochstehende Ästhetik, die sich mit dem in den Falz verlagerten Drehpunkt realisieren lässt und designorientierte Konsumenten anspricht. Neben dem Hauptargument der ansprechenden Optik gibt es weitere Unterschiede. Als vorteilhaft wird bei den verdeckten Beschlägen die durchgängige Dichtungsebene gesehen, wodurch Wärmebrücken verhindert werden.

Da Fenster tendenziell grösser und schwerer werden, sind hohe Tragfähigkeiten bei den Beschlägen gefordert. Die Hersteller von verdeckten Beschlägen steigern die möglichen Lastabtragungen der Beschläge durch zusätzliche Abstützungen, was die Beschläge teurer und weniger ästhetisch werden lässt. «Manchmal planen Architekturbüros grosszügige Glasflächen mit Festverglasungen und beweglichen Flügeln in schlichter Optik mit verdeckt liegenden Beschlägen mit Gewichten, die mit den verfügbaren Beschlägen gar nicht ausführbar sind», sagt Bahonjic.

Bei besonders schweren Flügeln oder ungünstigen Formaten sind die sichtbaren Beschläge in puncto Lastabtragung jedoch konkurrenzlos. Auch mit zusätzlichen Bauteilen bleiben die voll verdeckten Beschläge bei unter 200 kg Lastabragung.

Die konstruktiv begründete Öffnungsbegrenzung von 90 bis 95° verhindert die Kollision mit den Fensterlaibungen, wobei der begrenzte Öffnungswinkel je nach räumlicher Situation und Konstruktion von verglasten Fronten auch als Nachteil angesehen werden kann.

Unterschiedlich auch in Details

Der regelmässigen Wartung und Pflege von Fenstern wie auch von Türen wird meist zu wenig Beachtung geschenkt. Bei den verdeckten Fensterbeschlägen sind Schmierstellen zum Teil freiliegend. Abdeckkappen sollen das unten angebrachte Band gegen das Verschmutzen schützen. Bei der Reinigung halten sich Vor- und Nachteile die Waage. Das Reinigen im Rahmeninneren ist wegen des Beschlages erschwert, im äusseren Bereich jedoch erleichtert. Im Internet finden sich Anmerkungen von Fensterbetrieben, die davon berichten, dass so manche anfänglichen Schwächen von verdeckt montierten Beschlägen inzwischen beseitigt seien. Jedoch sei der Wartung dieser Beschläge Aufmerksamkeit zu schenken, da Fenster mit verdeckt liegenden Beschlägen öfter nachjustiert werden, damit stets ein problemloses Öffnen und Schliessen gewährleistet sei. Die Fertigung der Fenster mit verdeckt liegenden Beschlägen erfordern keinen besonderen Aufwand.

Manche Beschlaghersteller werben damit, dass ein hoher Vormontagegrad bei weniger Teilen pro Fenster die Wirtschaftlichkeit in der Produktion steigern würde und deshalb die verdeckt montierten Beschläge betriebswirtschaftlich vorteilhaft sein können.

www.sfs.chwww.vssm.ch

christian härtel

Veröffentlichung: 04. Mai 2023 / Ausgabe 18/2023

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