Vom Möbelcollege in die Pulvermühle

Der gebürtige Niederländer Evert Sikkema (46) lehrtin seiner Werkstatt in der alten Pulvermühlefabrik in Chur GR Interessierten das Schreinerhandwerk. Bild: Franco Brunner

Freude, Enthusiasmus, Spass, Energie, Austausch, Motivation. Worte wie diese fallen im Gespräch mit Evert Sikkema immer wieder. Dann, wenn er über sein Leben und seinen Werdegang spricht, aber auch dann, wenn er seine Schülerinnen und Schüler erwähnt, die der ausgebildete Möbelmacher und -restaurateur in seiner Werkstatt «Möbelmacherchur» in der alten Pulvermühlefabrik in der Bündner Hauptstadt unterrichtet. Hier, wo sich der gebürtige Niederländer vor rund vier Jahren ein kleines Schreiner-Schmuckstück für das kreative Arbeiten mit Holz eingerichtet hat. In Gruppen bis zu zehn Personen können sich Interessierte dem Handwerk annähern. «Meine Kurse sind für alle gedacht, die sich mit dem Schreinerhandwerk auseinandersetzen möchten», erklärt Sikkema. Die Kurse à drei Stunden über einen Zeitraum von zwölf Wochen sind in drei Stufen aufgeteilt. Im Einsteigerkurs werden Basistechniken und der richtige Umgang mit den Werkzeugen so- wie Wissenswertes über Schwalbenschwanz- oder Zapfenverbindungen gelehrt. Der Fortsetzungskurs baut auf diesem Grundwissen auf und im dritten Teil können die Teilnehmenden schliesslich ein eigenes, kleines Möbel schreinern. Rund die Hälfte der Kursbesucher entwickeln so viel Freude und Motivation, dass sie gleich alle drei Kurse besuchen. Da wären wir wieder bei Themen wie Freude und Motivation.

Die Freude an der Arbeit mit Holz hat sich bei Sikkema selbst schon früh bemerkbar gemacht. «In meiner Heimatstadt Enkhuizen am IJsselmeer gab es viele Betriebe, die sich auf den Bau von Holzbooten spezialisiert haben», blickt er zurück. Schon da sei er davon fasziniert gewesen, was mit dem Material Holz alles möglich sei. So war es der logische Schritt, dass er nach einer Ausbildung zum Grafiker eine weitere, vierjährige Ausbildung am Holz- und Möbelcollege (Hout- en Meubilerings College HMC) in Amsterdam mit dem Spezialgebiet antike Restauration in Angriff nahm. Eine sehr spannende Zeit sei das gewesen, erinnert sich Sikkema. An Ende des Studiums fragte ihn einer seiner Lehrer, ob er nicht auch selber angehende Möbelschreiner unterrichten möchte. «Ich konnte mir das zuerst nicht so richtig vorstellen», gesteht Sikkema. Deshalb arbeitete er vorerst als Möbelrestaurator – unter anderem im Auftrag des Reichsmuseums in Amsterdam – und widmete sich bei einem Auslandaufenthalt in Kanada weiter dem Bootsbau und der Möbelrestauration. Nach seiner Rückkehr nahm er das Angebot seines ehemaligen Lehrers schliesslich an und war für die nächsten fünf Jahre als Dozent am Holz- und Möbelcollege in Amsterdam tätig.

Der Liebe wegen zog es Sikkema 2016 in die Schweiz, wo er, als Ehemann und Vater von drei Kindern, in einem Teilzeitpensum Zehntklässler eines Brückenangebots im Prättigau unterrichtet und in der alten Churer Pulvermühlefabrik seine exklusiven Schreinerhandwerk-Kurse anbietet. Ob er zufrieden sei mit dem, was er tue? «Ja, sehr», antwortet Sikkema.

An Zukunftsideen mangelt es dem 46-Jährigen trotzdem nicht. Denn für ihn sei es wichtig, stets in Bewegung und offen für Neues zu sein. So würde er sein Kursangebot gerne weiter ausbauen und mit Fachleuten aus verschiedenen Holz-Disziplinen verstärken. Man darf also gespannt sein.

«Meine Kurse sind für alle gedacht, die sich mit dem Schreinerhandwerk aus- einandersetzen möchten.»

Franco Brunner

Veröffentlichung: 04. November 2021 / Ausgabe 45/2021

Artikel zum Thema

20. Mai 2024

Auch für guten Speck brauchts Holz

Leute. Seinen Bastelraum im Keller nutzt Simon Schifferle nicht fürs Schreinern. Er baut darin auch keine Modellflugzeuge und stellt keine Modelleisenbahnanlagen auf.

mehr
13. Mai 2024

Ein Nautiker für alle Fälle

Leute. Eigentlich hat Tom Hofer einen Beruf im Winter und einen im Sommer. Winters arbeitet der gelernte Schreiner als Abteilungsleiter der Schreiner und Zimmerleute in der Werft der BLS Schifffahrt AG in Thun BE.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Leute