Vorbeugen ist besser als heilen

Korrekt eingesetzte Schutzvorrichtungen verringern die Unfallgefahr um ein Vielfaches. Bild: Suva

Betriebskontrollen.  Die 6150 Schweizer Schreinereien werden von der Suva regelmässig mit Stichproben auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften kontrolliert. Die Häufigkeit dieser Besuche ist abhängig von der Betriebsgrösse und dem Unfallgeschehen.

Laut Unfallstatistik der Suva kam es im Jahr 2020 zu 5610 Berufsunfällen in Schreinereien. Bei 3110 davon handelte es sich um Bagatellfälle, also Verletzungen, aufgrund deren die betreffende Person höchstens drei Tage ausfiel. 2500 Ereignisse zählten zu den sogenannt ordentlichen Fällen. Um diese Unfallzahl sowie auch die Anzahl an Langzeitschäden, welche in vielen Fällen durch unzulänglich eingesetzte Hilfsmittel entstehen, zu verringern, bietet die Sicherheitskommission für die Schreinerbranche (Siko) unter anderem kostenlose Betriebsberatungen zu sicherheitsrelevanten Themen sowie die Ausbildung der Sicherheitsbeauftragten (Sibe) eines Betriebes an. In enger Zusammenarbeit mit der Suva entwickelt sie ausserdem themenspezifische Kampagnen und erstellt Broschüren und Checklisten zur Prävention.

Missstände erkennen und beheben

Das Unfallversicherungsgesetz (UVG) unterstellt alle Betriebe, die in der Schweiz Arbeitnehmende beschäftigen, den gleichen Vorschriften über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten. Konkretisiert wird dieses Gesetz in der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV) und in der Bauarbeitenverordnung (BauAV). Letztere wurde auf Beginn dieses Jahres umfassend überarbeitet.

«Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die im Betrieb auftretenden Gefahren zu bestimmen und die erforderlichen Schutzmassnahmen gemäss den anerkannten, technischen Regeln zu treffen», erläutert Thomas Müller, Sicherheitsexperte der Suva. Als Vollzugsorgan des UVG hat die Suva die Aufgabe, in den ihr zugeteilten Betrieben zu kontrollieren, ob die Anforderungen an die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz eingehalten werden. Beim Betriebsbesuch wird auch ein Augenmerk auf die Unfallstatistik des Betriebs gelegt. Gemeinsam wird das Ziel verfolgt, die Ursachen zu finden und geeignete Massnahmen zu definieren, damit ähnliche Unfälle verhindert werden können und die Sicherheitskultur im Betrieb verbessert wird. «Die Unfallhergänge und -ursachen werden gemeinsam analysiert», sagt Müller. So sind die Betriebskontrollen für die Betriebe ein probates Mittel, um sich allfälliger Missstände bewusst zu werden und diese zu beheben. «Die Betriebsbesuche werden in der Regel vorangekündigt und zusammen mit dem Sicherheitsbeauftragten (Sibe) und Geschäftsführer durchgeführt», erklärt Müller das Vorgehen. «Wir überprüfen sowohl einzelne Arbeitsplätze als auch das betriebliche Sicherheitssystem», führt er weiter aus. Ein wichtiger Bestandteil der Kontrollen sind die lebenswichtigen Regeln, welche die Suva im Rahmen ihrer Präventionsarbeit gemeinsam mit den Sozialpartnern für diverse Berufsgruppen erarbeitet hat. War die Zahl der tödlichen Berufsunfälle in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts noch bei 900 Fällen gelegen, konnte sie in der zweiten Dekade dank dieser Regeln auf knapp 700 Fälle gesenkt werden. Dies trotz der deutlich gestiegenen Zahl an Vollbeschäftigten.

Wo die Gefahren lauern

Verglichen mit der Gesamtheit aller Suva-versicherten Betriebe liegt das Fallrisiko, also die Anzahl Berufsunfälle pro 1000 Vollbeschäftigte, in den Holz verarbeitenden Branchen deutlich über dem Durchschnitt.Zu den unmittelbaren Gefahren gehören Schnitt- oder Stichwunden, Verletzungen durch herabfallende Teile oder unzulänglich befestigte Platten und die Absturzgefahr bei Montagearbeiten oder ungesicherten Absturzkanten im Betrieb. Zu beachten gilt es daneben Faktoren, die Langzeitschäden verursachen können, wie etwa ein unsachgemässer Lastentransport, gesundheitsgefährdende Stoffe, wie Lösungsmittel oder Asbest, oder auch ein gehörschädigender Dezibelwert.

Dank seiner langjährigen Erfahrung weiss Müller genau, in welchen Bereichen Mängel zu finden sind, die eine unmittelbare Verletzungsgefahr bergen. «Bei der Kreissäge fehlen oft die Stosshölzer, oder die Schutzhaube ist zu hoch über dem Werkstück», erläutert er. Bei den Kehlwerkzeugen seien immer wieder Fräser ohne Spandickenbegrenzung zu finden. Ausserdem werden auch manipulierte Schutzeinrichtungen angetroffen, wie etwa überbrückte Überwachungsschalter von Schutzverdeckungen. Daneben spricht er auch das Materialhandling an: «Oft sind Absturzkanten bei der Materialübergabe nicht gesichert», sagt er und betont: «Steckgeländer oder Ketten schützen die Absturzkante ungenügend und sind nicht erlaubt.» Als weiteren Gefahrenherd sieht der Experte Platten, die unzulänglich gesichert gelagert werden.

«Bei unseren Kontrollen überprüfen wir nicht nur, ob die Gefahren ermittelt und die erforderlichen Massnahmen getroffen worden sind, sondern auch, ob die lebenswichtigen Regeln und die betriebseigenen Sicherheitsvorschriften in ausreichendem Mass instruiert werden. Ist der Kontrollgang beendet, werden die Mängel besprochen und Massnahmen nach dem S-T-O-P-Prinzip definiert und vereinbart.

Das S-T-O-P-Prinzip

Substitution: Als erster Schritt wird versucht, den Gefahrenherd zu entfernen beziehungsweise durch eine sichere Lösung zu ersetzen. Das kann auch bedeuten, dass der Arbeitsprozess neu gestaltet wird.

Technische Massnahmen: Der Gefahrenherd wird durch technische Massnahmen wie beispielsweise Geländer, Abdeckungen oder abgetrennte Bereiche behoben.

Organisatorische Massnahmen: Es werden alle organisatorischen Mittel ausgeschöpft, um die Sicherheit zu erhöhen. So werden Vorschriften erlassen und umgesetzt, Abläufe geregelt, Wartungen geplant und die Mitarbeitenden über die getroffenen Massnahmen informiert.

Personenbezogene Massnahmen: Zum Abschluss folgen die personenbezogenen Massnahmen wie beispielsweise die persönliche Schutzausrüstung oder Instruktionen zu konkreten Arbeitsfeldern.

Individuelle Prävention

«Die Suva unterstützt Holz verarbeitende Betriebe mit einer Reihe von Hilfsmitteln und Angeboten», sagt Müller. Damit spricht er explizit auch die Präventionsmodule an, welche auf der Website der Suva unter www.suva.ch/praeventionsmodule zu finden sind. «Die Module sind so aufbereitet, dass der Betrieb seine Massnahmen individuell zusammenstellen kann», erklärt Müller. Denn so viel die Betriebe auch gemeinsam haben, so viele Einzigartigkeiten haben sie auch. Und am Ende gilt es, alle Mittel zu ergreifen, um die Mitarbeitenden vor Unfällen zu schützen.

www.suva.ch

Siko 2000

Branchenlösung für Schreiner

Mit der Branchenlösung «Siko 2000» bietet die Sicherheitskommission für die Schreinerbranche (Siko) den Betrieben ein einfaches und geprüftes Sicherheitskonzept für die Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen. «Siko 2000» basiert auf dem Unfallversicherungsgesetz (UVG) und der Verordnung zur Verhütung von Unfällen (VUV) und ist wegleitend für die Schutzmassnahmen in Schreinereien.

www.siko2000.ch

Monika Hurni, mh

Veröffentlichung: 10. März 2022 / Ausgabe 10/2022

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