Vorhangringe fürs Bundeshaus

Rolf Zöllig (67) gehen die Ideen nie aus. In Adligenswil drechselt er mit viel Fingerspitzengefühl einzigartige Holzobjekte. Bild: Caroline Mohnke

Leute. Aufgewachsen ist Rolf Zöllig im Engadin, in St. Moritz. «Nahe einem Wald», erzählt der Handwerkskünstler in seiner Drechselwerkstatt.

Schon sein Vater habe eine Schreinerei gehabt, und ihm sei immer wohl gewesen um das viele Holz. So sei es nach der Schulzeit klar gewesen, dass er eine Schreinerlehre mache. Die Lehre als Möbelschreiner habe er in Samedan gemacht, in der Lehrwerkstatt. «Wie viele Bündner zog es mich nach der Ausbildung nach Zürich», sagt er lachend. Das Gelernte setzte er drei Jahre in einem Betrieb in Zollikon um. Es folgte eine einjährige Auszeit in Kanada. Dort wohne seine Tante mit ihrer Familie. «Ich liebäugelte damit, in Kanada als Schreiner zu arbeiten», blickt er zurück. Doch die laschen Sicherheitsvorschriften in den Werkstätten hätten ihn davon abgehalten, und er kehrte gerne wieder in die Schweiz zurück. In Zürich-Altstetten arbeitete er als Maschinist und holte sich noch mehr Rüstzeug dazu in einem Maschinisten-Kurs auf dem Bürgenstock. Dies sei eine enorm wertvolle Ausbildung gewesen und habe ihm sehr gefallen und viel gebracht. «Meine Frau hat ihre ersten Lebensjahre in Luzern verbracht und kam mit sechs Jahren nach St. Moritz», sagt Zöllig. Jahre später, nach der Heirat und der Geburt der ersten Tochter, sei er Hausmann geworden. Seine Frau habe sich wohler gefühlt im Berufsleben als Export-Sachbearbeiterin. Für beide sei das eine gute Lösung gewesen. 1984 habe es die Familie in die Stadt Luzern gezogen. Dort habe er eine neue Stelle als Werkstattchef und Lehrlingsausbildner angefangen, und die zweite Tochter kam zur Welt. «Dort arbeitete ich drei Jahre, und seit 1987 bin ich wieder Vollzeit-Hausmann», lacht er. Ein Jahr später zog die vierköpfige Familie nach Adligenswil LU.

«Obstbäume sind immer interessant, und Zwetschgenbaumholz hat eine besonders faszinierende Farbe.»

«Als die Kinder grösser wurden, hatte ich Gelegenheit, in Adligenswil einen Raum zu mieten, und machte mich als Schreiner selbstständig.» Dort habe er in Auftrag Einzelanfertigungen hergestellt. Später kam ein Raum und einige Maschinen dazu. Kurz vor der Pensionierung habe er sich definitiv dem Drechseln gewidmet und sich mit seiner Drechselwerkstatt swiss-wood-art.com einen Namen gemacht. Die ersten Erfahrungen konnte er bereits in der Lehrzeit sammeln. Er zeigt seine Unikate auf Kunsthandwerker-Märkten und ist auf Weihnachtsmärkten dabei. «Die Hölzer beziehe ich meist von den Bauern in der Umgebung», erzählt der 67-jährige Holzliebhaber. In seiner Werkstatt reihen sich viele verschiedene Hölzer aneinander: Kirschbaum, Apfelbaum, Essigbaum, Mirabellen, Zwetschgenbaum, Nussbaum, Tanne. «Obstbäume sind immer interessant, und Zwetschgenbaumholz hat eine besonders faszinierende Farbe.» An einen Auftrag erinnert er sich besonders gerne: «Es war einer meiner ersten», blickt er zurück. «Die Holzvorhangstangen im Bundeshaus brauchten neue Abschlüsse und Vorhangringe mit einem Durchmesser von 18 Zentimetern.» Zu diesem Auftrag sei er durch einen Adligenswiler Restaurateur gekommen, der in der ganzen Schweiz Restaurationen mache. «Für ihn bin ich immer wieder tätig», sagt er und zeigt auf eine Buffetabstützung aus Tannenholz, die er für das Kloster Sankt Georgen in Stein am Rhein anfertigt.

Die Ideen gehen Rolf Zöllig nicht aus. Unweit seiner Werkstatt hat er einen Showroom mit gedrechselten Unikaten. Kugeln aus Holz in allen Grössen, Schalen, Dog-Spielbretter, Pfeffer- und Salzmühlen, Kugelschreiber, ein Lavabo aus feinem Birnbaumholz und schöne Dinge so weit das Auge reicht.

Caroline Mohnke

Veröffentlichung: 06. November 2023 / Ausgabe 44/2023

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