Wellengang über den Köpfen

Die ovale Deckenaussparung mit indirekter Beleuchtung wurde formverleimt. Bild: Karl Bucher AG

Gastrobau.  Die Karl Bucher AG aus Goldau zeigt mit einem beispielhaften Umbauobjekt, wie ein moderner Schreinerbetrieb mittels enger Kundenbetreuung, technischen und fachlichen Know-hows und pfiffiger Schreinerlösungen einen Mehrwert für sich und die Kundschaft erarbeitet.

Seit diesem Mai hat die Fischerstube in Lauerz SZ nach den umfangreichen Renovierungsarbeiten wieder geöffnet. Beim Betreten des besonderen Seerestaurants, das nur knapp 1300 Millimeter über dem Wasserspiegel des Lauerzersees liegt, wird der Gast von einem harmonisch abgestimmten Materialmix und einer besonderen Deckenkonstruktion empfangen. Die Wogen der einzelnen Lamellen an der Decke nehmen das Wellenspiel des Sees auf und tragen es über die Köpfe der Besucher in den Speisesaal. Wie bei so vielen gelungenen Schreinerarbeiten sieht die Konstruktion und die Ausführung für den Betrachter am Ende simpel und klar aus.

Damit jedoch die einzelnen Lamellen der Decke die Wellen ohne Versatz rüberbringen können und alle Materialien harmonisch zusammenpassen, müssen die Arbeitsschritte technisch und handwerklich perfekt miteinander koordiniert sein. «Die Herausforderung war es, die vielen Ideen und möglichen Synergien aufeinander abzustimmen», sagt Oliver Ziefle, diplomierter Schreinermeister und Projektleiter bei der Karl Bucher AG in Goldau SZ.

Form und Materialien richtig setzen

Den Entschluss, das Wellenspiel an der Decke wieder aufzugreifen, war seitens des Planers schnell gefasst. Auch dass es sich um eine dreidimensionale Konstruktion und nicht bloss um ein zweidimensionales Bild handeln sollte, war klar. Doch zur Festlegung der genauen Materialisierung und der richtigen Dimensionierung der Deckenelemente musste der Innenausbauer einige Konstruktionsvarianten erarbeiten. «Wir fertigten insgesamt drei Prototypen der Deckenelemente, bis wir diese genau definiert hatten», sagt Oliver Ziefle.

Eine zentrale Frage waren die Dimensionen der einzelnen Wellen. Hier hätte der Architekt gerne mit 50 × 200 Millimeter dicken Wellen gearbeitet, doch die relativ niedrige Raumhöhe und die vorhandenen Deckeninstallationen haben dies verunmöglicht. Der Lamellenquerschnitt wurde so weit als nötig reduziert, ohne dass die Optik eingebüsst hätte. Als die Dimensionen festgelegt waren, musste das richtige Material gewählt werden. «Wir haben mit Leichtbauplatten, Pappelsperrholz und einem Leichtspan getestet und uns schliesslich für einen furnierten, 26 Millimeter starken Leichtspanaufbau entschieden», sagt Oliver Ziefle. Mit dieser Materialwahl konnte das Deckengewicht verhältnismässig gering gehalten werden.

Nicht ganz wahllos

Zwar wirkt jede Lamelle auf den ersten Blick wie ein Unikat mit Sonderform, doch tatsächlich ist ein Rapport, eine Repetition im Muster, vorhanden. «Die Wiederholung der Formen war für uns eine Teilerleichterung. Auf diese Weise konnten wir unsere Deckenelemente auf eine sich wiederholende Wellenform festlegen», sagt Oliver Ziefle. Jedem Element konnte so sein genauer Platz im Raum vorgegeben werden, was einen gewissen Vorfertigungsgrad ermöglichte und auch die Montage der circa 16 × 10 Meter grossen Deckenfläche stark erleichterte. Die Elemente selbst haben eine Grösse von 2800 auf 600 Millimeter. Sie bestehen aus einer Trägerplatte, die mit einer Akustikschicht versehen ist, worauf die einzelnen Lamellen befestigt sind. Im Zentrum der Deckenkonstruktion ist eine ovale Aussparung mit indirekter Beleuchtung in die Decke eingelassen. Hier mussten die Abschlüsse der einzelnen Lamellen perfekt auf die ovale Form abgestimmt sein, damit eine saubere und formgerechte Öffnung entstand.

Volle Wertschöpfung im Betrieb

Der gesamte Innenausbau und die Lamellen der Deckenelemente wurden in Eiche furniert. Das Furnier im Altholzstil wurde gemeinsam mit der Kundschaft ausgesucht und setzte in der Verarbeitung technisches Know-how voraus. «Die Verarbeitung war nicht speziell, jedoch stellten die Risse eine gewisse Herausforderung dar», so der technische Betriebsleiter Marcel Würgler. Ebenfalls musste jede Kante der Deckenlamellen mit einem Handleimaggregat angeleimt werden. «Der Leim reichte bei jeder Kante genau auf die benötigte Länge, und im Anschluss musste die Kante verputzt werden», sagt Marcel Würgler.

Die Anlieferung auf die Baustelle erfolgte etappenweise. Zum Transport wurden die Deckenelemente auf Paletten gepackt. Da jedes Element einen vorbestimmten Platz hatte, konnten die Monteure täglich die benötigte Palette mitnehmen und montieren.

Durchdachte Flaschenbefestigung

Die Kundschaft wünschte sich zudem eine Nische zur Präsentation der Brände aus der eigenen Destillation. Hierfür sah der Planer zuerst eine Konstruktion mit horizontalen Querstangen vor. Projektleiter Oliver Ziefle fand die Tatsache, dass die Flaschen von einer Stange verdeckt werden, nicht umwerfend und suchte nach einer eleganteren Lösung. «Jetzt haben wir eine Glasplatte formschlüssig ins Tablar eingelassen. Darauf können die einzelnen Flaschen mit UV-Kleber befestigt werden.» Bei einem allfälligen Austausch wird der Klebstoff einfach wieder reaktiviert. Zudem ist die Konstruktion nicht sichtbar und gut abwaschbar.

Die Karl Bucher AG hat mit dem Umbau der Fischerstube eindrücklich aufgezeigt, dass der Schreiner seine Stärken in der Konzeption, Planung und anschliessenden Umsetzung gewinnbringend in einen Bauprozess einbringen kann.

www.karlbucher.chwww.seerestaurant-fischerstube.chwww.ligno.chwww.finkarch.ch

njg

Veröffentlichung: 26. Juli 2018 / Ausgabe 30-31/2018

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