Zwei Tage voller Weitsicht

Über 300 Fachbesucherinnen und -besucher kamen im Kongresshaus Biel BE im Rahmen der Windays 2023 zusammen. Bild: Noah Gautschi

Branchentreff.   An den Windays 2023 vom 23. bis 24. März in Biel BE standen die Themen Nachhaltigkeit, Fenstermontage, Fachkräftemangel und Digitalisierung im Zentrum. Über 300 Fensterfachleute aus der Schweiz, Österreich und Deutschland trafen sich im Kongresshaus.

Seit die ersten Windays vor 20 Jahren als Idee von Christoph Rellstab und Urs Uehlinger ins Leben gerufen wurden, hat sich in der Branche einiges verändert und weiterentwickelt. So erinnerte sich Christoph Rellstab, Leiter der Höheren Fachschule Holz, in seiner Eröffnungsrede daran, wie das Segelteam Alinghi im Jahr 2003 beispielsweise den Americas Cup gewann. Themen wie die richtige Lüftung, die Digitalisierung und die Automatisierung sind hingegen auch heute noch sehr aktuell in der Branche. Über 300 interessierte Fachbesucherinnen und Fachbesucher aus der Schweiz, Österreich und Deutschland kamen im Rahmen der Windays 2023 im Kongresshaus in Biel BE zusammen und liessen sich über die Zukunft des Fensters und der Branche informieren.

Energetisch und zielgerichtet sanieren

Die Luzerner Nationalrätin Priska Wismer (Die Mitte) gab einen Einblick in die aktuellen Massnahmen des Bundes und zeigte auf, wo sich der Schweizer Gebäudepark in puncto Nachhaltigkeit befindet und was bis zur angestrebten Klimaneutralität im Jahre 2050 noch alles geschehen muss. So stehen beispielsweise die Energieeffizienz, die Dekarbonisierung und die Energiegewinnung als Optimierungsmassnahmen im Fokus. Kristina Orehounig (Urban Energy Systems Laboratory Empa, Dübendorf ZH) zeigte eindrücklich auf, dass mit Blick auf die Klimaerwärmung nicht nur der Energieverbrauch für die Heizung, sondern auch jener für die Kühlung beachtet werden muss. Hier spielen das Fenster und die Beschattung eine zentrale Rolle. Julia Bachinger von der Holzforschung Austria in Wien simulierte mit ihrem Team über 12 000 Wohnungsvarianten, um aufzuzeigen, welche Auswirkungen unterschiedliche Beschattungsvarianten auf das Innenraumklima haben. Beat Frei vom Ingenieurbüro Frei Wüest Expert aus Willisau LU sieht den Fensterbauer immer mehr in der Rolle des Beraters, weshalb er auch eine Nutzungsvereinbarung für seine Fenster unterzeichnen lassen sollte.

Moderne Fenstermontage

Michael Lerch von 4B in Hochdorf LU zeigte die Anforderungen an die Montageorganisation auf. Mit spannenden Beispielen gab er Anregungen, wie Montagepodeste und Hilfsmittel in der Praxis eingesetzt werden können. Hier spielt laut Lerch die offene Kommunikation mit allen Beteiligten eine zentrale Rolle, da es sich um einen grösseren finanziellen Posten handle. Dominik Sieber von der SFS Group Schweiz AG aus Heerbrugg SG warf einen Blick auf die Fensterbefestigung selbst. So resultieren rund zwei Drittel aller Schadenfälle aufgrund einer unsachgemässen Montage. Mit eindrücklichen Bildern zeigte er Praxisbeispiele und mögliche Beschlagslösungen auf. Hier sei der Einsatz von geprüften Beschlägen und bei Absturzsicherungen von zertifizierten Beschlägen wichtig.

Peter Schober von der Holzforschung Aus-tria stellte den aktuellen Stand seines Forschungsprojektes vor, in welchem Fenster ganz ohne Schrauben mittels Klebstoff montiert werden. Sein Team hat unterschiedliche Klebstoffe erfolgreich getestet und die Applikationsmethoden verfeinert. Klebstoff habe den Vorteil gegenüber Schrauben, dass er nicht nur punktuell, sondern flächig hält. Die Verklebung sei laut Schober machbar, habe jedoch noch Entwicklungsbedarf.

Digitalisierung und Nachhaltigkeit

Hansueli Schmid von der Lignum aus Zürich zeigte, dass die Ökobilanzierung von Fenstern in Zukunft auftragsrelevant werden kann. Hier gibt es momentan noch einen Wildwuchs im Bereich der unterschiedlichen Labels. Die Digitalisierung soll in Zukunft einen direkten Abgleich mit BIM-Daten ermöglichen. Als ersten Schritt stellte er den KBOB-Fensterrechner vor.

Gerald Feigenputz von der Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme aus Bonn (D) zeigte die Wichtigkeit auf, die lineare Wirtschaft in eine Kreislaufwirtschaft umzuwandeln. So schaffe die Gemeinschaft die Grundlagen, damit die Kreislaufwirtschaft auch in den Designprozess integriert werden muss.

Fachkräfte finden und halten

Tom Sahli, von Kohler + Partner aus Bern, gab einen Einblick in die Anforderungen der Arbeitnehmenden. So seien aus seiner Erfahrung vor allem die Wertschätzung und die Unternehmenskultur Auslöser für einen Wechsel. Interessant ist der Fakt, dass rund 70 Prozent der Talente passiv sind, das bedeutet nicht aktiv suchen. Hier müssen die Arbeitgebenden Wege finden, diese abzuholen. Die anschliessende Podiumsdiskussion führte das Thema fort. Nicole Wenger, Wenger Fenster AG aus Wimmis BE, Markus Stebler, Stebler Glashaus AG aus Oensingen SO, Tom Sahli, Kohler + Partner aus Bern, Christoph Rellstab und Heinrich Hochuli, VSSM-Zentralvorstand und Inhaber Hochuli Schreinerei GmbH aus Reitnau AG, diskutierten über den Fachkräftemangel. Unter der Gesprächsleitung von Reinhold Kober wurde die Wichtigkeit des persönlichen Kontakts erwähnt. Dieser wird mit steigender Betriebsgrösse schwieriger. Ein weiteres zentrales Thema war die Aus- und Weiterbildung. Hochuli betonte die Stärke und Wichtigkeit der Lehre. Diese Schweizer Errungenschaft sei eine wichtige Basis für die Branche und den Erfolg junger Menschen. Im Rahmen der aktuellen Bildungsreform werden die Möglichkeiten diskutiert, welche im gesteckten Rahmen des Bundes möglich sind. Stebler wünschte sich hier einen zusätzlichen Ausbildungsweg, um Quereinsteigende besser abholen zu können. Einig waren sich alle, dass immer mehr Kulturen bei der Arbeit aufeinandertreffen, die man als Arbeitgeber abholen müsse. Rellstab wünschte sich mehr Mut zur Lücke, um auch Sonderlösungen zu ermöglichen.

Zum Abschluss der Windays betonte Rellstab die Vielfältigkeit der beiden Veranstaltungstage. Es sei eine spannende «Tour d’Horizon» über die angekündigten Themen gewesen. Zudem war es erfreulich, dass in diesem Jahr auch einige Referentinnen teilnahmen. Für die nächste Durchführung wünsche er sich noch eine Zunahme an Teilnehmerinnen. Solange nichts Grösseres dazwischen kommt, finden die nächsten Windays vom 3. bis 4. April 2025 wieder in Biel statt.

www.windays.ch

Noah Gautschi

Veröffentlichung: 30. März 2023 / Ausgabe 13/2023

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