Mit dem Brett in pudriger Pracht

Evelin Swoboda (20) hat Schreinerin gelernt und steht beruflich und privat auf Holz. Bild: PD

Leute. Eigentlich kann Evelin Swoboda nicht so recht nachvollziehen, warum man sich jetzt plötzlich für ihr Hobby, das Snowboardfahren, interessiert. Sie mache doch nichts Besonderes und fahre nur zum Plausch.

«Andererseits ist es aber schon speziell, dass ich beruflich und privat im wahrsten Sinne des Wortes auf Holz stehe», sagt sie. Im Alter von zwölf Jahren fing das an. Da stieg sie von zwei Brettern auf ein Brett um. Es passierte in den Familienferien in Galtür (I). Damals schloss sie sich ihrem älteren Bruder mit dem Snowboard an. «Ich fuhr in seinem Fahrwasser mit», sagt sie schmunzelnd und berichtet dann, dass das für sie ein wahnsinnig tolles Gefühl gewesen sei. Anfangs mietete sie immer ein Snowboard. Mittlerweile besitzt sie ein eigenes. Eines für alles. «Allmountain» heisst es. Mit diesem kann sie auf die Piste, es ist aber auch für Tricks geeignet, und auch abseits der Piste kommt sie gut voran. «Keine Sorge, ich bin vorsichtig, gehe immer in der Gruppe, befahre nie steile Hänge, höre den Lawinenbericht und trage Rückenpanzer, Helm und Suchgerät», sagt sie. Dieses Kästchen, kaum grösser als eine Zigarettenschachtel, würde ein Signal aussenden, falls sie dann doch einmal unter die pudrige Pracht gelangen sollte. Sie schwärmt von der friedlichen Natur, dem Knirschen des Schnees in der Stille.

«Frauen, die Schreinerin lernen, meinen es ernst. Für die ist der Beruf weder Zufall noch Notlösung.»

Sie erzählt von unberührtem Tiefschnee, in welchem man als Snowboarderin das Gewicht weit nach hinten verlagern könne, um dann wie auf Wolken dahinzugleiten. Inmitten der freien Natur sei sie immer ganz weit weg von allen Problemen. «Wenn ich mir dann noch aus meinem Snowboard so eine Art Liegestuhl mache, die Sonne im Gesicht spüre, das Sandwich aus dem Rucksack hole, so fühle ich mich wie eine Königin», sagt sie im Pausenraum der Schreinerei Schreiner 48, während vor ihr auf dem Birnbaumtisch der Geburtstagskuchen eines Kollegen duftet. «Wir haben hier in Schlieren ein super Arbeitsverhältnis», sagt sie und erzählt dann, dass beim mobilen Reparaturservice extrem viele junge Leute arbeiten. Zudem befindet sich gleich nebenan die Schreiner 48 Academy. «Individuelle Schreinerausbildung für diejenigen, welche ein bisschen mehr wollen», erklärt sie. Vor fünf Jahren startete sie dort ihre Lehre als einzige Frau ihres Jahrgangs. Mittlerweile sind es drei Lernende, verteilt auf die vier Lehrjahre. «Frauen, die Schreinerin lernen, meinen es ernst. Für die ist der Beruf weder Zufall noch Notlösung», erklärt sie. Sie selbst erhielt ihre Motivation schon früh. «Als ich mit meinem Vater im Garten ein Baumhaus baute, kam ich auf den Geschmack», berichtet sie. Im Moment arbeitet sie in ihrem früheren Ausbildungsbetrieb als projektleitende Werkstattschreinerin.

In ihrer Freizeit entwirft und fertigt sie kreative Möbel an. Mittelfristig kann sie sich gut vorstellen, eigene Möbelstücke zu kreieren oder gleich einen ganzen Innenausbau. Evelin Swoboda schaut auf die Uhr. Es ist Freitagabend. Feierabend. Bald wird sie im Schwarzwald auf die Piste gehen. Für den Moment ist das perfekt. Aber die 20-Jährige hat schon noch einen Traum. Sie sagt: «Schreinerin in Kanada. Im Sommer arbeiten. Im Winter snowboarden. Das wärs!»

Beatrix Bächtold

Veröffentlichung: 19. Februar 2024 / Ausgabe 7/2024

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