Beziehungen wollen gepflegt werden

Wartung eines Holzfensters, zu der auch das Reinigen und Schmieren der Beschlagteile gehört. Bild: Fenster Doktor AG

Wartung als Standbein.  Pflege, Service und Zusatzleistungen können eine wichtige Stellung im Angebot von Schreinereien einnehmen. Wie man das richtig angeht – darüber geben zwei Experten für den Bereich Fenster Auskunft.

Wer sich schon mit Privatkunden unterhalten hat, weiss: Viele Handwerker sehen Service- und Kleinaufträge als eher aufwendig und wegen des oftmals geringen Umfangs als nicht lohnend an. Daher lässt auch die Zuverlässigkeit von vielen Betrieben oft zu wünschen übrig. Der Kunde meldet sich mehrere Male und trotzdem wird der Auftrag nicht erledigt. Die Firmen konzentrieren sich lieber auf grössere Aufträge, welche wichtiger erscheinen. Dieses Verhalten ist auch unter Schreinereien verbreitet. Was auf den ersten Blick verständlich erscheint, kann sich jedoch als Fehler herausstellen. Denn im Bereich der Servicearbeiten kann das Risiko tief und die Erfolgschancen hoch sein.

Das Bedürfnis erkannt

Als gutes Beispiel kann der Fensterbereich dienen. Die beweglichen Elemente am Gebäude brauchen regelmässig Wartung und Pflege. Ebenso existieren für Fenster eine Vielzahl an Zusatzprodukten, welche sich nachträglich an- oder einbauen lassen.

«Uns fiel vor Jahren auf, dass es zwar viele Fensterproduzenten oder Unternehmungen gibt, welche Fenster montieren, jedoch nur wenige, welche die Kundschaft auch im Nachgang in Sachen Service oder Nachrüstungen betreuen. Dazu gehören Sicherheit, Glaswechsel, Einbau von Katzentüren, Insektenschutz und andere», sagt André Schellenberg, Geschäftsführer der Fenster Doktor AG in Tuggen SZ. «Auch haben wir erkannt, dass es einige wichtige Hersteller gibt, die am Markt nicht mehr existieren und eine Lücke im Bereich Unterhalt hinterlassen.» Dies war der Ausgangspunkt für das auf Unterhalt und Servicearbeiten rund um Fenster spezialisierte Unternehmen, welches aus der Odermatt Gruppe AG hervorging. «Heute macht der Serviceanteil am Umsatz unserer Gruppe 25 Prozent aus und ist zu einem wichtigen Standbein herangewachsen», sagt Schellenberg.

Auch Ego Kiefer hat das Potenzial früh erkannt und begann bereits 1998 mit dem Aufbau einer schweizweiten Serviceorganisation. «Mit unseren Servicestützpunkten bedienen wir Privatkunden, Immobilienverwaltungen und die öffentliche Hand in der ganzen Schweiz», erklärt Danny Weidensdorfer, Serviceleiter Schweiz der Ego Kiefer AG, mit Hauptsitz in Diepoldsau SG.

Dies umfasse Wartung, Reparaturen nach Einbrüchen, Wasser- und Sturmschäden sowie das Nachrüsten von Fenstern und Türen mit Insektenschutz, Katzentüren, Sonnenschutz und Ähnliches. «Wir bieten unsere Dienstleistungen auch für Produkte anderer Hersteller an», sagt Weidensdorfer.

Den Produktlebenszyklus verstehen

Um das nötige Verständnis für den Bereich der Servicearbeiten zu entwickeln, muss die gesamte Lebensdauer eines Produkts betrachtet werden. «Unser Ziel ist es, ein Produkteleben lang bei unseren Kunden zu sein. Die Beziehung endet nicht mit der Garantiedauer, sondern erstreckt sich bis zum Zeitpunkt, an welchem ein Produkt ersetzt wird», sagt Weidensdorfer.

Im Verlauf eines Produktlebenszyklus entstehen beim Kunden Bedürfnisse, die es zu erkennen gilt. Bei regelmässiger Kontaktpflege können wiederholt Aufträge resultieren. Und mit dem Ersatz des Produkts beginnt der Zyklus wieder von vorn. «Wir empfehlen, Fenster und Türen im Rhythmus von drei bis fünf Jahren zu warten, um die Lebensdauer zu verlängern», sagt Schellenberg. Oft würde dann vor Ort der Bedarf an weiteren Leistungen wie etwa Insektenschutz erkannt und definiert. Wer Serviceaufträge sucht, muss also beim Kunden sein. «Bereits beim Verkauf informieren wir über regelmässige Wartung und schliessen, wenn möglich, eine entsprechende Vereinbarung ab», sagt Weidensdorfer.

Vorteile von Serviceaufträgen

Die Vorteile von Serviceaufträgen sind vielseitig. Für den Kunden zählen der Werterhalt und die Verlängerung der Lebensdauer des Produkts. «Durch eine regelmässige Wartung werden Schäden frühzeitig entdeckt und später anfallende kostspielige Reparaturen vermieden. Dadurch lassen sich die Unterhaltskosten mittel- und langfristig senken», sagt Weidensdorfer. Ein Argument, das Besitzer von Immobilien überzeugt und daher ein wichtiges Verkaufsargument darstellt. Der Kunde profitiert auch von einem raschen Einsatz vor Ort im Falle eines Ereignisses wie eines Einbruchs oder des plötzlichen Eintritts eines Schadens.

Die Vorteile für Firmen, die sich in diesem Bereich engagieren, sind ebenfalls zahlreich. Im Gegensatz zu grösseren Projekten sind diese oft überschaubar. Aufwendiges Beraten und Offerieren, ein risikobehafteter Planungsaufwand sowie das Vorfinanzieren von Materialien und Löhnen fallen mehrheitlich weg. Oft wird das Abrechnen der eigenen Leistungen nach Aufwand möglich, was gewinnbringendes Arbeiten ermöglicht. Zudem lassen sich quasi nebenbei neue Aufträge generieren und dies ohne grossen Marketingaufwand. Denn der Kunde lässt sich durch prompten, guten Service anwerben und an das Unternehmen binden. Wenn er einen Auftrag im gleichen Bereich zu vergeben hat, wendet er sich eher wieder an den Partner, mit dem er bereits gute Erfahrungen gemacht hat. Die Präsenz beim Kunden und das aufgebaute Vertrauensverhältnis machen den entscheidenden Unterschied aus und können so den Marktvorteil gegenüber den Mitbewerbern bringen. Was für die Spezialisten aus dem Fensterbereich gilt, kann auf die meisten Schreinereien übertragen werden. Denn der durchschnittliche Schreinerbetrieb hat oft eine breite Produktpalette im Angebot. Und für jede Sparte können Leistungen im Servicebereich angeboten werden.

Herausforderungen richtig anpacken

Natürlich bringt das Geschäft mit dem Service auch Herausforderungen mit sich, welche es zu beachten gilt. «Wartungen in Grossobjekten sind oft mit einem erheblichen administrativen Aufwand verbunden. Alle Bewohner werden vorinformiert und kurzfristige Terminänderungen müssen umdisponiert werden», betont Weidensdorfer. Wer sich auf Serviceaufträge spezialisiert, bewegt sich in einem Mengengeschäft. Dies bedeutet, dass viele Aufträge in kurzer Zeit ausgeführt werden müssen, um den angestrebten Umsatz zu erreichen. Dabei ist jeder Auftrag mit administrativem Aufwand wie dem Erfassen der Daten, der Terminkoordination samt der Erstellung der Abrechnungen verbunden.

Für Firmen, die sich auf Servicearbeiten spezialisieren möchten, empfiehlt sich daher eine spezielle Organisation, die effizientes Arbeiten ermöglicht. «Unsere Firma ist in den letzten zehn Jahren auf rund 30 Mitarbeitende angewachsen. Entsprechend haben wir die Organisation und Struktur angepasst. Wir haben verschiedene Abteilungen mit spezialisiertem Personal gebildet. Der Empfang übernimmt die Administration sowie die Koordinierung der Arbeiten und Kundentermine. Der Innendienst erstellt Offerten und tätigt Bestellungen. Der Aussendienst ist für die Beratung bei der Kundschaft zuständig. Unsere Servicemonteure konzentrieren sich auf die Ausführung vor Ort. Die Verwaltung ist für das Rechnungs- und Mahnwesen zuständig», sagt Schellenberg. Je nach Firmengrösse können weitere Spezialisierungen vorgenommen werden, um die Effizienz zu steigern. «Unsere Grösse erlaubt es uns, in den Abteilungen weiter zu spezialisieren, je nach Know-how der Mitarbeitenden. So unterscheiden wir beim Innendienst Glas, Beschläge und Dichtungen», sagt Schellenberg. Bei grösseren Firmen, die im ganzen Land tätig sind, ist die dezentrale Struktur ein Erfolgsfaktor. Schellenberg: «Sämtliche Servicemonteure arbeiten aber vom Wohnort aus, verteilt in der ganzen Deutschschweiz. So sparen wir Wege und Zeit.»

Eine Schreinerei, die Servicearbeiten als Sparte aufbauen möchte, muss natürlich zunächst anders ans Thema herangehen. Oft empfiehlt es sich, als ersten Schritt einen Servicemonteur zu definieren oder anzustellen. Dieser kann sich auf den Bereich konzentrieren. Bei Bedarf wird er durch die Projektleitung unterstützt. Nimmt die Anzahl Aufträge zu, können dem Bereich weitere Mitarbeitende zugewiesen und Spezialisierungen gezielt vorgenommen werden.

Passende Infrastruktur vorausgesetzt

Wer erfolgreich in das Geschäft mit den Servicearbeiten einsteigen möchte, muss im Bereich Infrastruktur einige Punkte beachten. Jeder Servicemonteur sollte mit einem voll ausgerüsteten Montagefahrzeug ausgestattet sein. Ebenfalls müssen die wichtigsten Ersatzteile, Beschläge und Materialien kurzfristig verfügbar sein, um Aufträge rasch ausführen zu können. Daher muss ein entsprechendes Lager aufgebaut und auf den Fahrzeugen immer die wichtigsten Materialien mitgeführt werden.

Sehr wichtig ist die Datenverarbeitung. Im Idealfall erfassen die Serviceleute sämtliche Auftragsdaten direkt vor Ort. Dazu kommen heute mit Vorteil mobile Geräte und Lösungen wie Tablets oder Smartphones mit entsprechender Software zum Einsatz. Die Informationen können via Handynetz oder Internet sofort an die zuständige Person in der Firma übertragen werden. Diese kann die Abrechnung für den Auftrag sofort erstellen – ohne Mehrfacherfassung und Datenverlust.

«Die Digitalisierung hat uns dieses Mengengeschäft überhaupt erst ermöglicht. Müsste noch immer alles von Hand erfasst und an den Firmenstandort retourniert werden, wäre es für uns schlicht nicht möglich in diesem Umfang. Man bedenke nur schon die Anfahrtswege», sagt André Schellenberg. Daher gilt: Die Digitalisierung ist also auch im Bereich der Servicearbeiten ein Erfolgsfaktor.

Die richtigen Fachleute sind gefragt

Für das Ausführen von Servicearbeiten braucht es als wichtigste Voraussetzung spezialisierte Fachleute, welche das passende Wissen mitbringen. Aufgrund des naturgemäss engen Kontakts bei diesen Arbeiten ist das richtige Verhalten bei der Kundschaft besonders wichtig. Hier ist beispielsweise Kommunikationskompetenz gefragt. Denn jeder Auftrag bringt neue Herausforderungen mit sich. Oft müssen vor Ort die richtigen Entscheidungen getroffen werden, ohne Unterstützung eines Projektleiters. «Unsere Serviceleute bilden sich regelmässig in verschiedenen Bereichen weiter, um das Wissen aktuell zu halten und auszubauen», sagt Schellenberg. Auch bei den Mitarbeitenden geht es um langfristige Beziehungen, damit diese in der Praxis viele Jahre in der Firma tätig bleiben.

www.fensterdoktor.chwww.egokiefer.ch

Weiterbildung

Auf zum Service

Der VSSM bietet eine Weiterbildung für Monteure an. Der Lehrgang Fachmonteur/in VSSM vermittelt das aktuelle Wissen im technischen Bereich und im Umgang mit der Kundschaft sowie eigenen Mitarbeitenden. Die Ausbildung befähigt den Monteur, als Montageleiter ein Team zu führen oder als Servicemonteur Aufträge selbstständig abzuwickeln. Angesichts der fehlenden Fachleute im Bereich Montage ist eine Investition in die eigenen Mitarbeitenden für Schreinereien sinnvoll. Damit kann sich das Feld für eine erfolgreiche Tätigkeit im Servicebereich öffnen.

roland wildi, RW

Veröffentlichung: 17. März 2022 / Ausgabe 11/2022

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