Bloss kein Dreck

Auch für Schreiner gilt das «M» auf dem Entstauber als Mindestanforderung. Bild: Starmix

Entstauber.  Der Staubsauger gehört auf der Baustelle zur Standardausstattung. Zum Absaugen von Maschinen braucht es den mobilen Entstauber, der für Holzstaub geeignet ist. Er entspricht mindestens der Klasse M, auch wenn viele andere angeboten werden.

Neulich auf der Baustelle. Nach getaner Arbeit holt der Trockenbauer einen Staubsauger aus dem Auto und fängt an, den entstandenen Schmutz aufzusaugen. Er hat ziemlich viel Staub und Späne produziert. Auf einmal ein dumpfer, heftiger Knall – und eine ansehnliche Staubwolke entweicht dem Gehäuse des Saugers. Dann herrscht Ruhe, die anderen Handwerker schauen gleichermassen überrascht wie beeindruckt auf das explodierte Gerät. Der Staubsauger schweigt ab sofort für immer.Der bereits ältere, handelsübliche Sauger für den Heimgebrauch konnte die Masse an Sauggut offensichtlich nicht verarbeiten, auch wenn der Trockenbauer damit keine schlechten Erfahrungen gemacht hatte. Der Schreiner lieh ihm daraufhin seinen Entstauber. Das Gerät war mit Automatik ausgestattet und damit zum Absaugen bei der Arbeit mit den handgeführten Maschinen, wie etwa der Handkreissäge, geeignet. Auf einem Kleber am Gehäuse des Entstaubers war ein «L» zu sehen.

Entstauber sind Alleskönner

Dieses reale Beispiel fördert nicht nur einen Fehler zutage, sondern gleich mehrere. Natürlich hätte der Staubsauger für den Hausgebrauch nie den Weg auf die Baustelle finden dürfen. Ist der kleine Filter zu, staut und verdichtet sich der Staub, und wegen der nicht mehr zirkulierenden Luft überhitzt der Motor. Am Ende macht es baff, auch wenn es eine Zeit lang gut gegangen ist – von der Staubemission eines solchen Saugers ganz zu schweigen.

Die interessantere Unstimmigkeit im kurzen Baustellenreport ist jedoch die Kennzeichnung «L» und die Frage, ob der Entstauber des Schreiners für die Absaugung seiner Maschinen und für das Aufsaugen des Staubes vom Trockenbauer gleichermassen geeignet ist. Dabei muss man zunächst zwei Begriffe unterscheiden, die immer wieder durcheinandergeraten.

Ein Sauger, egal ob als Allessauger oder als Industriesauger bezeichnet, ist dazu da, den abgelagerten Staub und Schmutz aufzu-nehmen. Ob trocken oder nass, spielt keine Rolle. Das kann auch ein Entstauber, weshalb es diesen oft auch mit Sauggeschirr wie bei einem Staubsauger gibt. Darüber hinaus kann der Entstauber jedoch den Staub einer arbeitenden Maschine absaugen. Diesen entscheidenden Unterschied erklärt ein technisches Informationsblatt des Geräteherstellers Starmix. «Beim Entstauber wird die Saugleistung durch Warneinrichtungen überwacht. Bei mangelnder Saugleistung erfolgt eine optische oder akustische Warnung. Beim Absaugen von staubhaltiger Luft, wie bei Handmaschinen, ist dies erforderlich, weil unzureichende Saugleistung für den Bediener nicht ohne Weiteres erkennbar ist und die Minderleistung für die Umgebung eine höhere Staubbelastung mit sich bringt.»

Bei einem Alles- oder Industriesauger ist dies nicht erforderlich, weil der Bediener beim Aufsaugen abgelagerter Stäube eine mangelnde Saugleistung sofort erkennt. Der Entstauber kann also universell eingesetzt werden, der Staubsauger nicht.

Besser geht immer

Der Entstauber des Baustellenbeispiels ist technisch für beide Aufgaben grundsätzlich gerüstet. Es kommt aber darauf an, wie das Sauggut aussieht, oder besser gesagt: wie es sich zusammensetzt. Das entscheidende Kriterium dafür sind die Staubklassen, nach denen das Leistungsspektrum von Staubsaugern und Entstaubern eingeteilt wird. Laut dem Aufkleber auf dem Gerät ist der mobile Entstauber für Stäube der Klasse L geeignet. Darunter fallen Hausstaub, Gips oder ähnliche mineralische Stoffe. Weil der Trockenbauer auch Steinwolle verarbeitet hat, bräuchte er mindestens einen Sauger der Staubklasse M.

Nicht anders ergeht es dem Schreiner. Bei der Holzbearbeitung wird zum Ab- und Aufsaugen von Stäuben generell die Klasse M benötigt. Der Sauger des Beispielschreiners war also weder für die eigene Arbeit noch für das Aufsaugen des Staubes vom Trockenbauer geeignet.

Die Folge: Wegen der geringeren – sprich schlechteren – Filterleistung des eingesetzten L-Entstaubers ist es zu einer bauart- bedingten, aber eigentlich unnötigen Be-lastung mit Staub in der Luft und damit der Arbeitenden gekommen.

M wie machen und L wie lesen

Entstauber und Sauger der Klasse L gibt es viele am Markt, deutlich mehr als mit der praktischen Mindestanforderung M. Sie werden – wie im Beispiel – auch von Profis gekauft und manchmal sogar stillschweigend von Anbietern als «geeignet für Schreinermontagen» offeriert. «Bei der Absaugung von Holzstaub ist aber ein Absaugmobil der Staubklasse M Pflicht», sagt Andreas Buck, Produktmanager bei Festool.

Dabei geht es nicht darum, dass auch ein L-Entstauber explodieren könnte, oder um Ähnliches. Vielmehr geht es dabei um die Gesundheitsgefährdung durch Holzstäube, und dies längst nicht nur von Hölzern wie Eiche oder Buche. «Nasennebenhöhlenkrebs kommt selten vor. Holzberufe wie Schreiner sind aber 40-mal häufiger davon betroffen als andere Branchen», so das Institut für Arbeit und Gesundheit.

Der Akkubetrieb hakt noch

Der Gesundheitsschutz bei der Arbeit wird heute ernst genommen. Die mobile Absaugung vor Ort ist dazu ein wichtiger Baustein. Gleichzeitig finden immer mehr kabellose Elektrowerkzeuge ihren Weg auf die Baustellen. Dazu gehören seit Kurzem auch Akku-Entstauber. Dabei sollte man jedoch beachten, dass die meisten Geräte dieser Art bislang nur für die Staubklasse L genügen. Nur ganz wenige Hersteller, wie etwa Dewalt und Hilti, bieten Modelle der nötigen Klasse M auch kabellos an.

Daneben gibt es einige technische Herausforderungen, wie den mittels Steckdose funktionierenden, automatischen Start der Absaugung beim Einschalten der Maschine, der dann natürlich nicht mehr funktionieren kann. Hier suchen die Hersteller noch nach praktikablen Lösungen, weshalb auch einige Firmen bislang noch gar nicht auf das kabellose Absaugen eingegangen sind. Für den Praktiker stellt sich indes auch die Frage: Warum kabellos arbeiten, wenn der Schlauch ohnehin nicht eingespart werden kann? Hilfreich wäre, die Kabelführung mit der Schlauchführung zu koppeln. So hätte man nicht zwei Verbindungsstränge von der Maschine zur Absaugung. Speziell für Schleifarbeiten bietet nur Festool einen ummantelten Schlauch mit integriertem Netzkabel zur Schonung von Oberflächen an.

Den Sauger besser begreifen

Um einen guten, leistungsfähigen Entstauber auch zielgerichtet und wirksam nutzen zu können, sollte man sich einige Parameter vor Augen führen. So soll der Schlauch aus ergonomischen Gründen möglichst dünn sein. Andererseits will man eine hohe Absaugleistung am Werkzeug erreichen. Auch die Länge des Schlauches spielt eine Rolle. Je kleiner der Innendurchmesser und je länger der Schlauch ist, desto geringer ist der Absaugvolumenstrom am Werkzeug. Neben der Saugleistung des Entstaubers nehmen auch die Maschinen, die abgesaugt werden sollen, Einfluss auf den tatsächlichen Absaugvolumenstrom. Denn diese verhalten sich unterschiedlich. Einen relativ geringen Verlust an Unterdruck weisen etwa Handkreissägen, Oberfräsen und Hobelmaschinen auf. Mehr als doppelt so grosse Druckverluste bei gleichem Schlauchdurchmesser und Luftgeschwindigkeit entstehen dagegen bei Stichsägen, Bohrmaschinen und Schwingschleifern. Je höher der Druckverlust, desto kleiner wird der Volumenstrom, und damit auch die Entstaubung. Das ist der Moment, wenn sich die Warneinrichtung des Entstaubers meldet.

Sauberer Filter und Achtsamkeit

Die Leistungsfähigkeit eines Entstaubers hängt darüber hinaus vom Filter ab, denn jeder Filter weist einen Widerstand auf. Je verschmutzter und kleiner ein Filter ist, desto grösser ist sein Widerstand. Die Filterabreinigung gehört deshalb zum praxisgerechten Entstauber dazu. Die Hersteller verfolgen hier verschiedene Strategien. Die einen Geräte fünktionieren über die Voreinstellung der Intervalle, die anderen bei Bedarf, wenn das Gerät ein Absinken des Volumenstromes unter eine kritische Marke misst. Nur ein voll leistungsfähiger Entstauber schützt den Bediener tatsächlich vor Belastungen durch Stäube.

Und Hand aufs Herz: In der Praxis wird das aufgesaugt, was weg muss. Je kleiner die Teilchen dabei sind, desto schwieriger wird es aber für die menschliche Lunge, wenn der Sauger nicht für das Sauggut geeignet ist. Vor allem wenn es sich um Problemstoffe handelt, ist die Kenntnis der Staubklassen wichtig. Holz ist dagegen bei kritischen Saug- und Arbeitssituationen relativ einfach zu handhaben. Ein simples und vielfach bewährtes Hilfsmittel kann dabei durchaus von Nutzen sein, wie das Institut für Arbeit und Gesundheit bestätigt: «Die Partikelgrösse von Holzstaub ist grösser 10 µm; die Verwendung einer Schutzmaske ist deshalb ausreichend», so die Experten.

www.starmix.dewww.festool.chwww.i-s-t.ch

Was gesaugt werden kann

Staubklasse L

Steht für «Leichte Gefährdung», weshalb die Liste der möglichen Stäube kurz ist. Neben gewöhnlichem Hausstaub können auch Stäube von Gips und Kalkstein aufgenommen werden. Der maximale Durchlassgrad des Filters liegt unter 1 Prozent. Diese Kenngrösse bezieht sich bei L jedoch nur auf den Filter.

Staubklasse M

Standardanforderung für Stäube mittlerer Gefährdung. Denn dazu gehören die meisten Stäube, etwa von Holz, Lack, Kunststoff, Aluminium, Metall, Fasern von Mineralwolle, Steinwolle, quarzhaltigen Stoffen oder Russ. Der Durchlass liegt dabei unter 0,1 Prozent. Ab Klasse M wird das ganze System geprüft, und nicht nur der Filter.

Staubklasse H

Geeignet für Stäube mit hoher Gefährdung, etwa solchen aus Glasfasern, Schimmelpilze und anderen Biostoffen (Eichenprozessionsspinner), aber auch Tonerstaub. Maximaler Durchlassgrad: unter 0,005 Prozent. Bei der Klasse H gibt es darüber hinaus noch Zusatz- anforderungen für Asbestfasern. Diese Geräte sind entsprechend mit H-Asbest gekennzeichnet.

ch

Veröffentlichung: 29. August 2019 / Ausgabe 35/2019

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