Damit Türen halten, was sie sollen

Ältere Bauten müssen verhältnismässig an Brandschutzvorschriften angepasst werden. Bild: Andreas Brinkmann

Expertisen.  Bei der Renovierung von Gebäuden kommt es auch zu Veränderungen, welche die Sicherheit im Falle eines Brandes betreffen. Auch ältere Türen können heutigen Anforderungen genügen. Für das Ob und das Wie braucht es aber erfahrene Experten.

Häuser sind Zeitzeugen und somit Teil der Geschichte. Sie werden mit viel Umsicht für einen ihnen bestimmten Zweck gebaut und entsprechend den in dieser Zeit herrschenden Vorschriften und technischen Möglichkeiten ausgerüstet. Gerade in der Schweiz heisst das auch, dass Gebäude als eine Investition verstanden werden, die für lange Zeit nutzbar sein soll. Etwas, das nicht einfach nur so lange hält, wie der Erbauer das benötigt. Sondern es stellt auch später noch einen Wert dar und kann somit weitergegeben werden – oder es wird durch Verkauf das im Gebäude «gebundene» Geld wieder «flüssig» gemacht.

Der Stand der Technik ist enorm hoch

Mit der stetigen Entwicklung verändern sich die baulichen Möglichkeiten und somit auch die Ansprüche an Gebäude. Wer hätte vor 100 Jahren geglaubt, dass heute Hochhäuser aus Holz im Elementbau erstellt werden und dass diese sogar brandschutztechnisch richtig gut sind? Damit Gebäude immer weiter genutzt werden, müssen sie selbst eine gewisse Entwicklung mitmachen und den laufenden Veränderungen angepasst werden. Vieles, was den Komfort hebt, erfordert massive Eingriffe.

Fit für das Heute

Neue Techniken und Materialien haben auch im Brandschutz dazu geführt, dass enorme Fortschritte erzielt werden konnten – daher auch die Hochhäuser aus Holz. Anpassungen an heutige Anforderungen bedeuten entsprechende Aufrüstungen, um jetzt geltende Vorschriften zu erfüllen. Während die Brandschutzvorschriften für Neubauten vollumfänglich gelten, sind gemäss Artikel 2 in der VKF-Brandschutznorm bestehende Bauten verhältnismässig an die Brandschutzvorschriften anzupassen.

Entstehen in einem alten Herrschaftshaus mehrere Wohneinheiten, muss ein Brandschutzkonzept erstellt und dieses vorgängig durch die Brandschutzbehörde bewilligt werden. Das gilt bei jeder relevanten Veränderung, unabhängig davon, ob eine Baubewilligung notwendig ist oder nicht.

Nicht alles muss geändert werden

Sollen die Wohnungen aus einer alten Mietshausüberbauung zu Eigentumswohnungen werden, kann es jedoch durchaus unklar sein, ob beispielsweise die Wohnungstüren ersetzt werden müssen. Wurden diese in der Zwischenzeit einmal erneuert, kann es sein, dass es sich dabei bereits um geprüfte Türen handelt. Denn erst seit dem 1. Januar 2005 müssen Brandschutztüren auf der Bandseite ein offizielles Kennzeichnungsschild tragen, das die geprüfte Sicherheit dieser Ausführung ausweist. Bevor geprüfte Türen verfügbar waren, galt für Brandschutztüren das VST-Merkblatt 008 aus dem Jahr 1996.

Wenn solche Türen heute noch unverändert bestehen, müssen sie nicht zwingend ersetzt werden. Es kann sich lohnen, diesen Umstand überprüfen zu lassen, denn ein Austausch der Tür ist mit Sicherheit teurer.

Unabhängiges Gutachten

Es lohnt sich, unklare Verhältnisse abklären zu lassen und so allenfalls zu einer Bewilligung durch die zuständige Brandschutzbehörde zu gelangen. Die Behörde selber kann das nicht bieten, denn für sie besteht als Zulassungsstelle ein Interessenkonflikt. Firmen, die hauptsächlich Türen herstellen, wissen da natürlich sehr gut Bescheid. Für ein anerkanntes, neutrales Gutachten braucht es jedoch Spezialisten, die unabhängig agieren können.

Expertise mit Nachrüstempfehlung

Unter Beurteilung «T30-Türen ohne Prüfnachweis» findet sich auf der Internetseite des VSSM ein Angebot für neutrale Expertisen durch einen ausgewiesenen Brandschutzfachmann VKF. Spezialist Pierre Scheidegger analysiert die Türen auf Basis des letzten Standes der Technik gemäss dem VST-Merkblatt 008 von 1996. Dies tut er vor Ort, und er erstellt daraufhin eine fachtechnische Stellungnahme mit Empfehlungen zuhanden der Brandschutzbehörde. Der definitive Entscheid über den Verbleib der Türen hat gesetzlich diese zu treffen. Ob die Behörde Ja oder Nein sagt, hängt auch davon ab, inwieweit aufgezeigt werden kann, dass die Durchgänge im Ernstfall den erforderlichen Schutz bringen.

Die Überprüfung durch einen Experten erfolgt demzufolge unter zwei Aspekten: Einerseits gilt es, den effektiven Besitzstand zu überprüfen. Es wird also sichergestellt, dass die vorhandene Tür und deren Anschlüsse den damaligen Vorgaben entsprechen. Das zweite Ziel ist die Abgabe einer Empfehlung, wie allenfalls nachgerüstet werden kann, damit der heute erforderliche Schutz gewährleistet wird.

Die Kosten trägt der Bauherr

Wenn Pierre Scheidegger aufgeboten wird, dann ist das in der Regel aufgrund der Anfrage eines Architekten, Bauherrn oder auch eines QS-Verantwortlichen Brandschutz. Das sind auch jene Personen, die für die Kosten einer solchen Expertise aufkommen sollten, da dort die Verantwortlichkeit liegt. In vielen Fällen erfolgt der Auftrag aufgrund einer Empfehlung der zuständigen Brandschutzbehörde, namentlich dann, wenn sich die Parteien nicht einigen.

Beim Beispiel der bereits erwähnten Mietshausüberbauung bekommt Pierre Scheidegger eine detaillierte Liste der strittigen Türen und kann sich mit der Behörde im Einzelnen noch über die Problempunkte absprechen. Dann geht er auf Spurensuche: Es muss vor Ort abgeklärt werden, wie und aus welchem Material das Türblatt aufgebaut ist, ob Dinge wie Kanten, Grösse der Schlosstasche oder Bänder stimmen. Das Ganze bezieht sich, wie auch bei aktuellen Brandschutztüren mit Prüfplakette, auf Blatt, Beschläge, Dichtungen, Rahmen und dessen Anschluss an die Wand. Um das sicherzustellen, muss schon mal ein Schloss demontiert, eine Tür ausgehängt und eine Deckleiste entfernt werden. Verglichen wird dann mit den vorhandenen Angaben. Ist unklar, ob beispielsweise ein bestimmtes Blatt mit einem Stahlzargenprofil zulässig ist, wird beim Hersteller nachgeforscht.

So manches kann optimiert werden

Stahlzargen dürfen innen keine Hohlräume haben, sondern müssen voll ausgemörtelt sein. «Das lässt sich einfach nachrüsten, indem man beispielsweise die Zarge durch ein gespitztes Loch entlang der Aussenkante ausgiesst», sagt Pierre Scheidegger. Überhaupt müssen auch sonstige Hohlräume mindestens mit Steinwolle ausgestopft sein.

Neue Rahmentüren aus Holz dürfen auf eine alte Stahlzarge montiert werden, wenn sie folgende Vorgaben erfüllen: Mindest-Durchgangsbreite 900 mm, geprüfte Mauerauflage, um die Zargendicke erhöhte Rahmenbreite und eine durchgehende Verschraubung. Zusätzlich sollte ein Keramikband zwischen Rahmen und Zarge angebracht und der entstehende Hohlraum mit Mineralwolle der Brandverhaltensgruppe RF1 mit einem Schmelzpunkt > 1000 °C ausgefüllt werden.

Schlecht sieht es aus, wenn Kunststofffolien über das Blatt gespannt oder gar dekorative Aufdoppelungen angebracht werden. Obwohl die Anbieter solcher Systeme schöne Zertifikate abgeben, diese Folien können tropfen und das Feuer an der Dichtung vorbei in den Falz hineinziehen. Eine vormals taugliche Tür ist es dann nicht mehr und muss ersetzt werden.

Eine etwas neuere Problematik kommt auch immer mal wieder vor: Wenn Architekten bei der Ausschreibung keine elektronischen Zugangssysteme verlangen, werden Brandschutztüren ohne geprüfte Kabelführungen verbaut. Es soll Schreiner geben, welche die Kabel aber später nach Bedarf dennoch einarbeiten. Damit ist der gesamte Durchgang nicht mehr brandschutztauglich, und die Verantwortung liegt beim nachbessernden Schreiner.

www.vssm.ch

ab

Veröffentlichung: 15. Mai 2020 / Ausgabe 17/2020

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