Das Glas hält den Rahmen

Das Hebe-Schiebe-System Infinityview von Maco erfüllt den Wunsch nach maximalem Lichteinfall. Bild: Maco

Holzfenster.  Moderne Fenster sollen Innen- und Aussenräume optisch miteinander verbinden und dabei alle störenden, sichtbaren Elemente weglassen. Angesichts dessen, was sie an Sicherheit und Isolation bieten müssen, erscheinen die Rahmenquerschnitte doch sehr klein.

Ohne Fenster gäbe es in Gebäuden nur künstliches Licht. In Warenhäusern ist das nicht weiter schlimm, da sich alle Personen auf die Verkaufsstände konzentrieren und sie nichts davon ablenken soll. Alle Wände lassen sich dort mit Regalen und Schränken vollstellen. Solche Räume schränken alle anwesenden Personen in ihrer visuellen Freiheit gezielt ein. Gleiches gilt in einem Theater oder einem Kino. Nichts soll den Blick von der Bühne oder der Leinwand ablenken. Sobald man aber nach einem solchen Besuch wieder in einen Raum mit Fenstern kommt, fühlt man sich innerlich freier, da der Blick ungehindert nach draussen gelangt und man wieder Teil der Umgebung ist.

Wer in fensterlosen Räumen arbeiten muss, fühlt sich schnell von der Welt isoliert oder sogar orientierungslos, weil der visuelle Kontakt nach draussen fehlt. Der freie Blick hinaus – bei gleichzeitigem Schutz in einem Gebäude – ist es, warum Fenster immer weiterentwickelt wurden und nicht als Lüftungsluken geendet haben. Mit der Entwicklung des Glases wurden sie grösser und der visuelle Anspruch an sie hat sich der jeweils herrschenden Architektur angepasst, soweit das technisch jeweils möglich war.

Tragfähige Flügelrahmen

Die klaren, auch in grossen Formaten verzerrungsfreien Glasscheiben wurden bisher in Flügelrahmen eingelegt und mittels Glasleisten, der Alu-Rahmenverkleidung sowie der Dichtungen darin gehalten. Die Rahmen tragen bei diesen Systemen das Glas und müssen daher über sehr stabile Eckverbindungen verfügen. Über die gezielte, meist diagonale Verklotzung der Scheiben im Rahmenfalz wird eine Lastabtragung auf das untere Band erreicht und somit das Absenken des Rahmens auf der Verschlussseite gehemmt. Sollte einmal falsch verklotzt werden, helfen auch starke Eckverbindungen nicht mehr und der Rahmen verzieht sich. Mit der Einführung von Isoliergläsern in den 1970er-Jahren bis zu den Wärmeschutzverglasungen rund zwanzig Jahre später und bis heute wurden die Flügelrahmen immer tiefer, um die dicker werdenden Elemente aufzunehmen. Der wachsende Wunsch nach Gebäuden mit grösstmöglicher Aussicht und somit viel Glasfläche hat immer grössere Fenster hervorgebracht. Die sichtbaren Rahmen wurden aber zunehmend als störend wahrgenommen und sollten weitgehend aus dem Blickfeld verschwinden – aber wie?

Kleiner und besser

Moderne Fenster zeigen so schmale Flügelrahmen, dass sie gerade noch eine doppelte Dichtungsebene sowie die Beschlagsbefestigung erlauben. Die Fensterrahmen werden bei der Montage in Wand, Decke und Boden eingelassen und sind kaum noch sichtbar. Das schafft neue Herausforderungen und wirkt sich nachteilig aus, wenn das Fenster getauscht werden muss.

Die Beschläge sind im Flügel in einer rund-um im Profilbereich laufenden Nut untergebracht. Das vereinfacht das Herstellungsverfahren und erlaubt den allseitigen Verschluss. Die Nut beansprucht aber auch Platz im schmalen Flügelrahmen.

Neue Wege der Lastabtragung

Nebst allen technischen Vorteilen ist der Platz für die Weiterentwicklung der Beschläge aber durch die Nutgrösse begrenzt. Trotz allem geht es weiter: Pilzförmige Verschlusszapfen auf allen Seiten statt Verschlussrollen und der Einsatz von hochlegierten Metallen ermöglichen heute beschlagseitig Einbruchswiderstandsklassen von RC2 und RC3. Und die Dreifachverglasungen, die oft noch mit Sicherheitsgläsern ausgerüstet sind, erfordern bei immer höheren Gewichten stärkere Bänder und neue Wege der Lastabtragung. Das ist mit stärkeren Materialien und raffinierter Technik auch tatsächlich möglich.

Maco aus Salzburg in Österreich bietet mit Multi Power beispielsweise ein vollständig verdeckt liegendes Beschlagsystem an, welches nicht einmal ein Band zeigt und Fensterflügel bis zu 180 kg tragen kann.

Eine Idee aus der Fahrzeugindustrie

Bei Maco macht man deutlich, dass heutige Fenster nicht einfach nur aus verbesserten Komponenten bestehen, sondern einem völlig anderen Grundgedanken entsprechen. «Es braucht den Verbund aller Komponenten im Fensterelement, bis zur normgerechten Montage und inklusive der umlaufenden, sicheren Glasanbindung im Flügelrahmen», schreibt die Firma.

Mit Verbund ist besonders der neue Aufbau des Fensterflügels gemeint. Das Ganze hat seinen Ursprung in der Fahrzeugindustrie: Dort werden schon lange Glasscheiben mit der Karosserie verklebt, wodurch die korrosionsanfälligen Haltesysteme und Dichtungen überflüssig werden. Der Scheibenanschluss bietet keine Luft-Angriffspunkte mehr, da die Scheiben bündig verbaut werden. Und das Glas trägt zudem massgeblich zur versteifenden Stabilität der Karosserie bei. Das Gleiche gilt auch bei den Fenstern und wurde anfangs vor allem für die Einbruchhemmung eingesetzt. Mit elastischen oder semielastischen Klebstoffen lässt sich Glas mit Holzrahmen dauerhaft und tragend verkleben. Gerade Aussenscheiben aus Verbundsicherheitsglas, die dann noch mit dem Rahmen verklebt sind, bieten einen höheren Widerstand bei der Einbruchhemmung.

Eingeklebte Glaselemente geben heute auch sonst dem Flügelrahmen die Stabilität und nicht mehr umgekehrt. Er kann somit schmaler und leichter dimensioniert werden und benötigt weniger starke Eckverbindungen, da das Glas eine tragende Rolle einnimmt. So ganz neu ist das nicht, denn schon Isolierglaselemente bestehen aus mehreren Glasscheiben, welche durch rundum verklebte Distanzhalter zu einem fixen Element werden. Bereits da muss die Verklebung dauerhaft sicher halten. Die kompletten Elemente lassen sich mit der neuen tragenden Klebetechnik sogar rahmenbündig mit einer Silikon-Fuge zwischen Glas und Holz verkleben.

Optimierter Materialverbund

Die Optimierung des Verbundes von Profilsystem, Beschlag, Verglasungstechnik und Dichtprofil verschafft schweren Flügeln eine hohe Transparenz bei schlanken Profilen, hoher Dichtheit und leichter Bedienbarkeit. Das zeigt das Schiebesystem Patio Inowa von Roto aus Dietikon ZH. In die reduzierten Rahmenprofile passen sogar noch Öffnungs- sowie Schliessdämpfer.

Die reduzierten Profile moderner Holzfenster bieten laut den Prüfverfahren bei Maco immer noch eine gute Verschraubungsqualität. Die Befestigung der flügelseitigen Beschläge ist für die Firma kein Thema, weil viele Schrauben ausreichend Raum zur Verankerung haben. Die Tragfähigkeit des Verbundes bietet der aktuellen Fenster-Entwicklung sogar noch weiteres Potenzial für Optimierungen.

www.maco.euwww.roto-frank.com

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 05. Mai 2022 / Ausgabe 18/2022

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