Der komplexe Weg zur modernen Tür

Für das grundlegende Wissen um die Türplanung kann neu eine Weiterbildung helfen. Bild: Andreas Brinkmann

Weiterbildung.  Auch wenn die fertige Tür noch gleich aussieht wie früher, hat sich bezüglich Aufbau und Technik viel verändert. Das hat Konsequenzen, die schon von Beginn weg bei der Bauplanung berücksichtigt werden müssen. Entsprechend ist Weiterbildung notwendig.

Die Suche nach besseren Möglichkeiten führt zu neuen Erkenntnissen und Produkten. Auf einmal können Letztere Dinge, wovon man noch vor wenigen Jahren geträumt hat. So werden heute Türen nicht mehr nur als dekorativer Durchgangsverschluss mit sichernder Abschliessfunktion angesehen.

Sie können klar definierte Funktionen in Bereichen wie Sicherung, Wetterschutz, Wärmedämmung, Brandschutz, Lärmdämmung, Durchgangsberechtigung oder Fluchtwege erfüllen. Dabei sind so widersprüchliche Dinge wie Einbruchschutz und Panikfluchttür durchaus realisierbar. Mit modernen Systemen der Zugangsberechtigung können sogar ein Raum in einem grossen Gebäude sowie der Weg dorthin Personen für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt werden. Türen verzögern für eine garantierte Zeit das Vordringen von Feuer, und Beschläge überdauern eine vorgegebene Anzahl Bewegungszyklen. Zu all den Anforderungen sind entsprechende Lösungen lieferbar.

Klarheit bietet Schutz

Der Kunde freut sich über die vielen Leistungspositionen, die ihm geboten werden. Er möchte aber auch die Sicherheit, dass die gewünschte Leistung vollumfänglich und funktionsfähig geliefert wird. Das hat dann zur Folge, dass es entsprechende Vorgaben, Normen und Vorschriften gibt, die situativ angewendet werden müssen.

Manch einer wird jetzt sagen, dass nicht alles zwingend genau so umgesetzt werden muss. «Sobald es zu einem Schadenfall oder Streit um Leistungen kommt, wird ein Richter erfahrungsgemäss nach den geltenden Normen urteilen», gibt Ubald Häring zu bedenken. Er ist Geschäftsführer des Verbands Schweizerische Türenbranche VST mit Sitz in Bachenbülach ZH und zusätzlich als Berater und Experte in Türenfragen tätig. Viele Leistungen sind vom Kunden erst gar nicht wählbar, da sie beispielsweise durch die Brandschutzverordnung vorgeschrieben oder verboten sind.

Die Ausschreibung muss vollständig sein

Die Zeiten, in denen die projektierende Person für ein Bauvorhaben, beispielsweise ein Architekt, in die Bauausschreibung einfach «Wohnungseingangstür weiss gestrichen» schreiben konnte, dürften wohl vorbei sein. Nach SIA 343 muss mit dem Bauherrn eine Nutzungsvereinbarung erstellt werden, woraus die geforderten Leistungen der Tür resultieren, die dann in der Ausschreibung aufzuführen sind. Erst dann ist es überhaupt möglich, eine Offerte zu erstellen.

Für die Erstellung der Ausschreibung gibt es den Normpositionen-Katalog (NPK) von CRB, der soeben im Türenbereich NPK 622 überarbeitet wurde. Über viele Positionen kann der Projektierende damit eine Tür bestimmen. Der offerierende Schreiner muss dann allenfalls überprüfen, ob diese Anforderungen überhaupt realisierbar sind. Er ist laut Häring aber auch später nicht für weiterreichende Leistungen verantwortlich. Eine Ausschreibung besteht vor allem aus Text und bietet dem Offerierenden keine Gesamtübersicht, die erlaubt, genaue Zusammenhänge beurteilen zu können. Entsprechend kann er das Geschriebene als vollständig und abgeklärt ansehen.

Gemäss Ausschreibung wird offeriert und was im Werkvertrag aufgeführt ist, wird geliefert – nicht mehr und nicht weniger. Damit gibt es keine Stolpersteine in Form von unter Mehrpreis angefügten Zusätzen, betont Ubald Häring. Die Verantwortung für die richtige Leistungszusammenstellung liegt beim Projektierenden, jene für die fachgerechte Ausführung und Einhaltung der Vorgaben beim Türhersteller.

Dokumente mit grossen Vorteilen

Die werkseigene Produktionskontrolle (WPK) bestätigt, dass der Betrieb fähig ist, eine Tür so zu produzieren, wie sie gefordert ist. Das ist ein Qualitätszeugnis, welches der Leistungserklärung, die mit jeder Tür mitgeliefert wird, als Grundlage dient.

Die Leistungserklärung ist ein Dokument, das umfassend alle Leistungspunkte auflistet, welche die genannte Tür erfüllt. Ergänzt wird sie durch Herstellererklärungen beispielsweise bezüglich des verwendeten Türblattes oder der eingebauten Beschläge.

Das Ganze bildet mit dem montierten Türelement und all seinen Funktionen eine Einheit und ist verbindlich. Kommt es später zu einer Reklamation, wird diese zuerst mit der Leistungserklärung verglichen. Werden die garantierten Bewegungszyklen eines Türschlosses durch eine intensivere Nutzung schon früh erreicht, ist im Schadenfall nicht der Schlosshersteller oder der Schreiner verantwortlich.

Haftung und Schutz

Der Schlosshersteller haftet im Rahmen seiner Herstellererklärung. Der Schreiner haftet nur für die Schäden, die durch diese Leistungserklärung garantiert sind. Es ist somit auch nicht unbedingt seine Schuld, wenn ein Türblatt krumm wird. Der Bauherr muss beweisen, dass das, was geliefert wurde, nicht dessen Leistungserklärung entspricht.

Umgekehrt ist es für den Türhersteller allerdings sehr ratsam, auf keinen Fall falsche Angaben aufzulisten. Ubald Häring macht klar, dass bei einer Expertise zuerst nach diesen Dokumenten gefragt wird. Sind sie nicht vorhanden, wird in den meisten Fällen wohl der Schreiner die Kosten für Schäden übernehmen müssen.

Fehlendes Wissen aufholen

Projektierend ist meistens der Architekt. Der Schreiner kann es aber auch sein. Zum Beispiel, wenn er direkt vom Kunden angefragt wird, eine Tür zu ersetzen. In diesem Fall wird der Schreiner die Leistungspositionen zusammenstellen und er ist für die korrekte Berücksichtigung aller Normen und Vorgaben verantwortlich. Für viele Planer und Hersteller, die nicht über eigene Spezialisten verfügen, können da schnell einmal wegen fehlender Kenntnisse ungewollt Probleme entstehen, die sich vielleicht sogar erst später zeigen.

Der VST hatte sich daher zum Ziel gesetzt, eine entsprechende Grundausbildung ins Leben zu rufen. Zusammen mit der Höheren Fachschule Bürgenstock des VSSM entstand die Weiterbildung «Türplaner VST/ VSSM»:

  • Am 16. März startet dieses Jahr der erste Kurs, der nach acht Kurstagen am 2. November mit einer halbtägigen Abschlussprüfung endet.
  • Ein weiterer Kurs startet am 25. August 2018 und dauert bis zum 30. März 2019. In dieser Weiterbildung gibt es noch freie Plätze.

Angesprochen sind alle

Gedacht ist diese branchenübergreifend aufgebaute Ausbildung für alle, die beruflich mit Türen zu tun haben und somit die Anforderungen und deren Umsetzung kennen müssen. Das gilt somit für Projektierende wie Architekten, Verantwortliche bei den Herstellern – auch Sachbearbeiter, die keine Schreinerausbildung haben, aber in der Türenindustrie arbeiten – sowie beispielsweise Holzwerkstoff- oder Beschlägehändler. Für Letztere macht es unter Umständen Sinn, nur eine mit der Kursleitung abgesprochene Auswahl der acht Sequenzen zu besuchen. So kann mit geringerem Aufwand das für diese Personen notwendige Wissen aufgebaut werden.

Erster Schritt

Der Kurs versteht sich als Grundlage, die Projektierende wie ausführende Personen befähigt, mit allen Anforderungen richtig umzugehen. Für eine umfassende Türfachplanung für grössere Bauten braucht es dann allerdings noch weitere Kenntnisse. Da empfiehlt es sich, von Beginn weg mit einem Fachplaner zusammenzuarbeiten.

Als Referenten konnten versierte Fachleute mit hohem Praxisbezug verpflichtet werden. Sicherlich werden spannende Sequenzen geboten und die Möglichkeit, sich mit den Spezialisten auszutauschen.

www.vst.chwww.hfb.ch

ab

Veröffentlichung: 08. März 2018 / Ausgabe 10/2018

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