Der Service macht den Unterschied

Bis es zum Einbau kommt, müssen viele Überlegungen gemacht werden. Bild: Fotolia

Küchengeräte.  Ein qualitativ hochstehendes Küchengerät kann seinen Dienst gut und gerne 20 Jahre lang erbringen. Kein Wunder, dass es während dieses Lebens den Schreiner mehrmals zu Gesicht bekommt. Welches sind die Berührungspunkte und wo gibt es häufig Probleme?

Die Zeiten, als noch ein gusseiserner Herd das Herzstück der Küche bildete, sind längst passé. Die Küche hat sich in den letzten 100 Jahren stark verändert. Nicht nur in Aussehen und Grösse, sondern auch in der Ausstattung.

Die Küche wird immer technoider

Kaum ein anderer Raum in Herrn und Frau Schweizers Heim hat einen vergleichbar grossen Zuwachs an technischen Geräten erlebt wie die Küche. Waren es früher durchschnittlich noch drei Küchengrossgeräte, sind es heute fünf bis sechs. Dazu gehören Kochfelder und Elektroherde mit den passenden Dunstabzugshauben, Einbaubacköfen und Kühlschränke. Alles Geräte, die man heute hierzulande wohl als Standard bezeichnen darf. Und es kommen laufend weitere hinzu. Eine Wohnung ohne Geschirrspüler? Nein, danke. Und was ist mit dem Steamer, dem Tiefkühler, dem Tellerwärmer und dem Weinschrank? Laut dem Fachverband Elektroapparate für Haushalt und Gewerbe Schweiz (FEA) wurden allein im vergangenen Jahr über 1,5 Millionen Grossgeräte verkauft. Die Kaffeemaschinen, Mikrowellen-Geräte und Toaster nicht miteingerechnet. Kein Wunder haben Schreiner und Küchenbauer je länger, desto mehr mit diesen Geräten zu tun.

Normen in der Ablösung

Plant ein Küchenbauer oder Schreiner eine Küche, muss er bereits eine Ahnung davon haben, welche Geräte der Kunde einbauen will. Denn nicht jedes Gerät ist gleich und benötigt unterschiedlich viel Platz im vorgesehenen Möbel. Was in der Höhe noch einfach zu handhaben ist, macht in der Breite schnell Probleme, denn in der Schweiz gelten zwei verschiedene Normen. Das sind das Schweizer Masssystem (SMS), in welchem die Küchengeräte eine Breite von 550 Millimeter aufweisen, und das europäische Masssystem, wo die Geräte 600 Millimeter breit sind. Gerade bei Neubauten beobachtet Rainer Klein, Geschäftsleiter des Branchenverbands Küche Schweiz, dass vermehrt Geräte mit der 60er-Norm eingebaut werden. «Von einem raschen Ablösen der Schweizer Norm kann aber noch lange nicht die Rede sein», sagt Klein. Das sei ein schleichen- der Prozess, der langsam und langfristig erfolge.

70 von 100 stammen aus EU-Staaten

Peter Holliger, Leiter Markt und Marke der Veriset AG, sieht ebenfalls einen Rückgang der 55er-SMS-Norm. Die Veriset AG produziert im luzernischen Root jährlich rund 20 000 Küchen. Davon gehen circa 15 000 an Fachhändler, die restlichen 5000 werden direkt in Privathaushalten eingebaut. «Wir setzten vermehrt Mischnormen in den Küchen ein. Das heisst, wir machen Apparateschränke in der Euronorm, den Rest gestalten wir mit der SMS-Variante», sagt Holliger. So sei man schlicht flexibler. Seiner Meinung nach sind verschiedene Gründe für den Wandel auszumachen: «Es werden immer mehr ausländische Küchen in der Schweiz verbaut. Von 100 Küchen stammen mittlerweile beinahe 70 aus EU-Staaten. Das hängt natürlich mit den Kosten zusammen. Im Objektbau sind die Auftraggeber sehr preissensibel, und auch die Privatkunden sind gut über die Kosten informiert.» Dabei werden auch die Preise der Geräte genaustens verglichen und oft im nahen Ausland gekauft.

Kunden sind besser informiert

Dass sich die Kundinnen und Kunden im Vorfeld minutiös im Internet über die Geräte informieren, merkt auch Christian Bochsler, Geschäftsleiter der Walter Bochsler AG aus dem zürcherischen Urdorf: «Wir haben in unserer Ausstellung circa 50 Geräte ausgestellt. Früher kamen die Kunden in die Ausstellung, um sich zu informieren und suchten dann anhand unserer Auswahl eines aus. Heute kommen die Kunden bereits mit einer ganz klaren Modellvorstellung zu uns.» Bochsler beschäftigt in seinem Familienbetrieb 40 Mitarbeitende und hat sich auf die Sparten Küche, Bad, Fenster und Innenausbau spezialisiert. Der Handel mit Geräten sei ein schwieriges Pflas- ter geworden, sagt Bochsler. Zumal der Schreiner trotz Ausstellung im Showroom ungenügende Konditionen von den Geräteherstellern bekommt. Erschwerend dazu komme, dass die Internet-Händler die Geräte zum Teil zu Preisen anbieten, welche die eigenen Margen minimal werden liessen. «Wir Schreiner können dafür etwas, was kein Internet kann: den Kunden ganz individuell beraten und ihm einen Service bieten, der weit über die Anlieferung bis zur Bordsteinkante hinausgeht», sagt Bochsler weiter. So lohne sich der Einkauf beim Schreiner, ob im Austausch oder zusammen mit einer neuen Küche, in jedem Fall. Bochsler stellt fest, dass gerade jüngere Kunden die Beratung durch seine Mitarbeiter sehr schätzen, die aus eigener Erfahrung sprechen können, weil auch sie gerne kochen.

Anschluss dank Weiterbildung

Ist die Küche fertiggestellt, geht es um den Einbau und das Anschliessen der Geräte. Das kann der Schreiner selber machen, sofern er eine Weiterbildung «Eingeschränkte Installationsbewilligung nach NIV Art. 15» gemacht hat (siehe Kasten). Erich Amgwerd, der an der Höheren Fachschule Bürgenstock (HFB) diese Seminare leitet, sagt zur Weiterbildung: «Das Seminar behandelt in sechs bis sieben Tagen sehr viele Fachkompetenzbereiche aus der Grundbildung des Elektroinstallateurs EFZ. Wie anspruchsvoll das ist, zeigt sich jeweils an der separat vom Eidgenössischen Starkstrominspektorat (Esti) durchgeführten Prüfung. Auch Elektriker müssen unter gewissen Umständen die gleiche Prüfung absolvieren, ohne Lernen geht es auch bei diesen nicht.»

Mit bestandener Prüfung darf der Schreiner fest angeschlossene Haushaltsgeräte, an bestehenden Gerätekabeln, Anschlussdosen oder Revisionsschaltern, von 230 V bis 400 V anschliessen oder auswechseln. Auch das Anschliessen von Leuchtstoffröhren, Halogen- oder LED-Technik und die Steckdosenmontage sind erlaubt. Die Zulassung sei aber auch klar beschränkt, führt Amgwerd aus: «Man darf zwar das Kabel eines Gerätes an der Grundinstallation anschliessen, aber das Kabel nicht verlängern. Diese Arbeit muss der Elektriker machen.»

Bei Christian Bochsler ist derzeit auch ein Mitarbeiter daran, das Zertifikat zu machen: «Die Ausbildung ist nicht ganz günstig und äusserst anspruchsvoll. Man muss für seinen Betrieb ausrechnen, ob sich die Investition lohnt. Aber unsere Kunden schätzen es, wenn nur ein einziger Monteur ins Haus kommen muss.»

Gebündeltes Startpaket

Wenn es dann so weit ist, und der Schreiner dem Kunden seine Traumküche übergeben darf, kann er gleich wieder punkten. «Überreicht der Küchenbauer dem Kunden alle Unterlagen übersichtlich geordnet und mit allen nötigen Telefonnummern versehen, ist das wie eine Visitenkarte. Das bleibt dem Kunden in Erinnerung», sagt Rainer Klein. Christian Bochsler händigt seinen Kunden die Unterlagen in einer schönen Kartonbox aus mit seinem Firmenlogo darauf: «Darin sind alle Betriebsanleitungen, Garantiescheine und auch die Ersatzteile, die zu den Geräten mitgeliefert werden.» Erich Amgwerd gibt noch den Tipp, dass der Schreiner dem Bauherrn auch das Prüfprotokoll seiner Anschlussleistung überreichen soll. Das mache gegenüber dem Kunden sowie der nachfolgenden Elektrokontrolle einen seriösen Eindruck.

Das Küchenhandbuch

Noch einen Schritt weiter geht die Kreativschreinerei Wagner AG aus Brunnen SZ. Sie gibt den Kunden ein individuell auf die jeweilige Küche abgestimmtes Küchen-Handbuch ab. Nebst den Servicenummern der verschiedenen Lieferanten finden sich darin allgemeine Pflegeanleitungen, die auf der Website des Branchenverbands Küche Schweiz zu finden sind. «Wir stellten fest, dass manchmal Schäden an der Küche entstehen, weil die Kunden ihre Kücheneinrichtung nicht richtig zu pflegen wissen oder falsche Reinigungsprodukte verwenden», sagt Yvonne Wagner von der Kreativschreinerei. So hat sie in mühevoller Detailarbeit bei jedem Zulieferer die Handhabung und Pflege von Stein-, Kunstharz-, Holz-, Stahl- oder Glas-Produkten recherchiert. Dem Handbuch legt sie ausserdem Muster von Reinigungsprodukten und auch eine Auswahl von Rezepten bei, die in der neuen Küche sicher gelingen. Den Ordner gibt sie den Monteuren bei der Fertigstellung der Küche mit. Dies, damit sie die letzten Unterlagen vor Ort noch ergänzen können. «Auf das Handbuch bekommen wir nur positive Rückmeldungen», freut sich Wagner.

Austausch mit Folgeauftrag

Freilich: Am häufigsten trifft ein Schreiner auf Küchengeräte, wenn er diese austauschen muss. Christian Bochsler und sein Team haben sich angewöhnt, jede Situation bei jedem Kunden zu Hause anzusehen. Zu häufig habe er es erlebt, dass ein Kunde falsch gemessen oder das günstige, im Internet bestellte Gerät die falschen Masse gehabt habe. Wichtig dabei sei, dass man die Zeit für diese Bestandesaufnahme auch sauber in der Offerte ausweise. Bochsler weiss, dass der Besuch in der Küche noch weitere Vorteile mit sich bringt: «Mit jedem Hausbesuch gibt es wieder die Möglichkeit, einen Folgeauftrag zu generieren, und wir können uns mit Servicedienstleistungen beim Kunden in ein gutes Licht rücken.»

Rundumservice vom Schreiner

Dabei muss dem Schreiner bewusst sein, dass das Wissen allein ums Holz in der Küche nicht mehr ausreicht. Laut Peter Holliger nimmt der Holzanteil in der Durchschnittsküche stetig ab. Bestand eine Küche früher noch zu 45 Prozent aus Holz, sind es heute im Objekt nur noch rund 25 Prozent. «Auch bei den Geräteherstellern werden zurzeit viele Anpassungen gemacht, und die Zyklen zwischen zwei Gerätemodellen werden immer kürzer», sagt Holliger weiter und verrät im gleichen Atemzug, dass auch sie an einer technischen Neuheit für die Küche arbeiten. Eine Küchenfront mit integriertem Touchscreen-Computer.

Offen für die Zukunft

Will der Schreiner also auch in Zukunft beim Kunden den gewohnten Service bieten, muss er stets am Puls der Zeit bleiben und über den Tellerrand hinausschauen. Das sollte aber gelingen, denn schliesslich ist der Schreiner ein Alleskönner.

www.bochsler-ag.chwww.hfb.chwww.kreativschreinerei.chwww.küche-schweiz.chwww.veriset.ch

Weiterbildung

Anschlussbewilligung für Schreiner

Seit dem 1. Januar 2018 ist die revidierte Niederspannungs-Installationsverordnung (NIV) in Kraft, was dem Schreiner und Küchenbauer nach absolvierter Weiterbildung den Anschluss von Elektrogeräten wie Backöfen oder Kochfeldern ermöglicht. Um die «Eingeschränkte Installationsbewilligung nach NIV Art. 15» zu erlangen, bieten verschiedene Schulen Weiterbildungen an.

Die Höhere Fachschule Bürgenstock (HFB) hat für das laufende Jahr mehrere Termine ausgeschrieben. Das Seminar dauert je nach Gruppengrösse sechs bis sieben Tage. Themenschwerpunkte sind dabei die elektrischen Grundlagen, Vorschriften und Normen, Installationsmaterial und Betriebsmittel, Messtechnik und der sichere Umgang mit der Elektrizität. Die Teil- nehmerinnen und Teilnehmer gehen auch regelmässig ins Messlabor, wo zahlreiche Situationen in echt installiert sind, um das Gelernte an der Messapparatur zu erkennen. So entsteht ein hoher Bezug zur Praxis. Die Prüfung wird beim Eidgenössischen Starkstrominspektorat (Esti) durchgeführt und ist für das Erlangen der Anschlussbewilligung obligatorisch.

www.hfb.ch

IDS, IDS

Veröffentlichung: 11. Juni 2020 / Ausgabe 24/2020

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