Feuchtigkeit, der wichtige Faktor

Diese «Micro Drop»-Befeuchtungseinheit hat zusätzlich eine Ventilation. Bild: Merlin Technology GmbH

Werkstattklima.  In modernen Schreinereien gibt es immer mehr Gründe, in der Produktion auf ein konstant ausgewogenes Klima zu achten. Die relative Luftfeuchtigkeit spielt eine grosse Rolle für das Material, die Maschinen und Lackiertätigkeiten.

Bevor das Werkstattklima zum Thema werden kann, muss klar sein, was grundlegend Geltung hat und warum überhaupt. Erst dann sind Lösungen interessant.

Bei vielem, was ein Schreiner tut, geht es um die Holzfeuchtigkeit. Nur wenn sie stimmt, bleibt das Material dimensionsstabil, verzieht sich nicht und lässt sich leicht sowie berechenbar bearbeiten. Berechenbar ist vielleicht etwas optimistisch ausgedrückt, denn schliesslich handelt es sich um ein Naturprodukt mit individuellen Eigenschaften. Wer jetzt den Einwand bringen will, dass er gar nicht mit Massivholz arbeitet, weiss hoffentlich, dass Holzwerkstoffe ebenfalls aus diesem natürlichen Material bestehen und genauso reagieren.

Suche nach dem Gleichgewicht

Die hygroskopischen Eigenschaften von Holz bewirken, dass das Material aus seiner Umgebung Feuchtigkeit aufnimmt und auch wieder abgibt. Dabei ist es bestrebt, einen Gleichgewichtszustand herzustellen.

Holz, das vom Schreiner verarbeitet wird, ist so weit trocken, dass es in den wassertransportierenden Zellen kein Wasser mehr hat. Es hat davon nur noch in den Materialfasern der Zellwände – und das liegt unter dem Fasersättigungspunkt. Verringert sich dort der Wassergehalt, ziehen sich die Fasern weiter zusammen, werden zunehmend spröder sowie brüchiger und das Material lässt sich nicht mehr so einfach sauber bearbeiten. Dazu müssen die Fasern nämlich weich und geschmeidig sein. Hat das Umfeld die richtige Luftfeuchtigkeit, stimmt sie nach einer Anklimatisierungszeit auch beim Holz. Der Faktor Zeit weist darauf hin, dass es wohl nichts nützt, wenn in der Werkstatt das perfekte Klima herrscht und im Lager nicht. Dann muss alles, was verarbeitet werden soll, schon sehr früh in die Werkstatt geholt werden, was meistens unsinnig Platz braucht.

Temperatur und Luftfeuchtigkeit

Wie viel Wasser von der Luft aufgenommen werden kann, hat stark mit der Temperatur zu tun. Kalte Luft kann weniger Feuchtigkeit aufnehmen als warme. Erwärmt man sie, sinkt die relative Luftfeuchtigkeit. Den Effekt sieht man wunderbar in alten Häusern, die schlecht isoliert und beheizt wurden. Nach der Sanierung zu einem Wohnhaus mit modernen Standards schrumpfen die Parkettfriese, und hässliche Fugen stören das vormals so schöne Bild. Isolation und Heizung haben den alten Feuchtehaushalt gestört. Damit Schreinerprodukte perfekt hergestellt werden können und auch später so bleiben, braucht es heute eine konstante Luftfeuchtigkeit von etwa 50 Prozent. Bei einer Temperatur von 20 °C hat dann Holz eine Feuchtigkeit von rund 9 Prozent. Wer also die Temperatur sowie die Luftfeuchtigkeit – trotz Absauganlage – vom Start weg richtig steuert, hat automatisch mehr Erfolg mit dem Produkt.

Eine angepasste Luftfeuchtigkeit

Neue Errungenschaften und Möglichkeiten fordern immer auch gewisse Zugeständnisse, damit sie reibungslos funktionieren. Zwei Dinge sind in der Schreinerbranche fast parallel immer stärker geworden. Beide funktionieren nur bei einem konstant richtigen Klima: die CNC-Maschinen und der Wasserlack. Die elektronischen Steuerungen reagieren mit ihren Sensoren empfindlich auf elektrostatische Aufladungen. Dies gibt es vor allem bei trockener Luft. Mit 50 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit im Maschinenraum können sich, nach Angaben der TT-Transtechnik GmbH aus Vogelsang AG, solche elektrischen Flüsse oder Ladungen nicht aufbauen.

Das Unternehmen bietet Geräte für die Luftbefeuchtung von Werkhallen und Lagern an. Es lohnt sich, die verschiedenen Bereiche von Lager und Produktion einzeln anzusehen und individuell zu steuern. So benötigt ein Furnierlager laut Firmenangaben eine relative Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent, damit das Furnier nicht brüchig wird. Im Fensterbau sollen es eher 60 bis 70  Prozent sein.

Das Thema Wasserlack

Die Firma Herbert Hauptkorn aus dem deutschen Lichtenau hat ihren Ursprung in der Oberflächentechnik. Mit den Wasser- lacken kam auch das Problem auf, dass es während des Spritzens einen Wasserverlust beim Zerstäuben geben kann, wenn das Klima nicht stimmt. Das führt zu Hautbildung und somit Qualitätsverlust. Nebst der Luftbefeuchtung und Wasseraufbereitung bietet die Firma Geräte zur Luftaufbereitung bei Lackieranlagen und neu sogar eine Prozesslufttechnik für den Abdunstbereich. Damit lässt sich die Trockenzeit der Beschichtung positiv beeinflussen.

Pressluft oder geräuschlos

Für die Luftbefeuchtung in Werkhallen verwendet man vor allem zwei Systeme. Beide funktionieren mit Kaltwasser, das vorher mittels einer Wasseraufbereitung filtriert, enthärtet und entkeimt wird. Danach führt man es mit einem druckluftunterstützten System oder einer Hochdruckpumpe mit 50 bis 100 Bar den Zerstäuberdüsen zu. Die entstehenden Wasserwölkchen reinigen zudem die Luft von Staubpartikeln. Eine Steuereinheit kontrolliert in beiden Fällen mittels Sensoren das Erreichen sowie Einhalten der Luftfeuchte.

Druckluftunterstütztes Befeuchten ist in der Anschaffung etwas günstiger, kann aber im Betrieb höhere Kosten durch den Energieverbrauch verursachen. Solche Systeme eignen sich für Räume bis 3 Meter Höhe, darüber sollte ein Hochdrucksystem verwendet werden. Dieses hört sich auch nicht an wie eine Abblaspistole, sondern ist fast geräuschlos.

Zerstäubung mit Wärmerückgewinnung

Die Merlin Technology GmbH aus dem östereichischen Tumeltsham bietet neben einer modular aufgebauten Anlage auch verschiedene Befeuchterelemente an. Das sind Sprühanlagen, welche die feine Zerstäubung des mit Hochdruck geförderten Wassers bewirken. Befeuchtermodule mit Ventilation saugen die warme Raumluft von oben an. Das hilft bei der Verdunstung und der gleichmässigen Feuchteverteilung im Raum. Module ohne Ventilator arbeiten dafür besonders leise.

Übrigens: Das gereinigte Wasser und 50 Prozent relative Luftfeuchtigkeit wirken sich positiv auf die Schleimhäute und somit die Gesundheit der Mitarbeiter aus.

www.tt-gmbh.chwww.hauptkorn.dewww.merlin-technology.com

ab

Veröffentlichung: 09. April 2020 / Ausgabe 14/2020

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