Gut getrennt ist halb gewonnen

Der Abfalleimer ist mit über 30 Öffnungen die am meisten genutzte «Unit» in der Küche. Bild: Peka

Entsorgung.  Die Kreislaufwirtschaft ist in aller Munde. Will bedeuten, dass Abfall nicht mehr als Abfall angesehen werden soll, sondern als Sekundärrohstoff. Das hat auch ein paar Auswirkungen auf die Abfalltrennsysteme in der Küche.

Kübel auf, Abfall einwerfen, Kübel zu. Was so einfach scheint, hat es in sich. Einerseits in Bezug auf die Technik, welche hinter der Tür des Abfalleimers lauert. Die hat der Schreiner in der Regel im Griff. Andererseits muss der Abfall, den der Verbraucher so einfach los wird, von darauf spezialisierten Unternehmen der Entsorgung zugeführt werden. Neue Kehrichtverbrennungsanlagen erzeugen aus dem Haushaltskehricht Fernwärme, was durchaus Sinn macht. Doch nun geht man einen Schritt weiter und fängt an, auf dem Weg von einer linearen zu einer zirkulären Wirtschaft (siehe Kasten), die Abfälle rigoros zu trennen.

Recycling in der Schweiz

Obwohl die Schweiz beim Recycling international gesehen nicht schlecht dasteht – unser Land hat gemäss Swissrecycling im Jahr 2019 eine Recyclingquote von 53% erreicht –, ist in dieser Hinsicht noch vieles zu tun. Weil die Schweiz kaum Rohstoffe besitzt, werden hierzulande seit den 1980er-Jahren Ansätze hin zu einer Kreislaufwirtschaft verfolgt. Dennoch werden im Kanton Zürich von den knapp drei Tonnen Abfall pro Kopf und pro Jahr nur rund zwei Tonnen rezykliert. Zirka eine halbe Tonne landet in der Kehrichtverwertungsanlage, und nochmals eine halbe Tonne landet direkt auf einer Deponie. Ziel ist es, vor allem den Anteil, den man deponiert, zu minimieren. Aber auch der Anteil an verbrannten Abfällen soll reduziert werden – zugunsten einer steigenden Recycling-Quote.

Zürich als Vorreiter-Kanton

Am 25. September dieses Jahres sagten im Kanton Zürich fast 89 Prozent der Stimmberechtigten Ja zum Gegenvorschlag zur Kreislauf-Initiative. Damit kommt ein neuer Kreislauf-Artikel in die Kantonsverfassung, was bedeutet, dass der bevölkerungsstärkste Kanton der Schweiz einen zukunftsweisenden Weg einschlägt.

Die zunehmende Schliessung von Stoffkreisläufen führe zu einer geringeren Auslandsabhängigkeit bei der Versorgung mit Rohstoffen, ist zum Thema in der Abstimmungsbroschüre des Kantons Zürich zu lesen. Und weiter: Weltweit würden Kreislauftechnologien immer gefragter. Wenn der Kanton hier vorangehe, könne sich dies positiv auf den Wirtschafts-, Wissenschafts- und Innovationsstandort Zürich auswirken.

Klassisches Recycling

Schweizweit wird zurzeit hauptsächlich das Recycling der folgenden Materialien umgesetzt: Altglas (94%), Altpapier- und Karton (82%), Pet-Getränkeflaschen (81%), Aluminium-Getränkedosen und übrige Aluminiumverpackungen (94%), Batterien (64%), biogene Abfälle, elektrische und elektronische Geräte, Textilien sowie Weissblech und Konservendosen. Wobei die Zahlen aus dem Jahr 2019 stammen.

Viel Handlungsspielraum gibt es noch beim Kunststoffrecycling: Um dieses für Mensch und Umwelt gewinnbringend zu praktizieren, müssen die verschiedenen Kunststoffsorten vorerst voneinander getrennt werden. Nur wenn der Kunststoff rein ist, kann er wieder zu einem neuen Produkt verarbeitet werden. So will es die Regel. Und so wird aus dem ausgedienten Kunststoff Polypropylen (PP) allenfalls ein «Tip Ton RE»-Designstuhl von der Firma Vitra.

Neues Kunststoff-Recycling

Produkte aus rezykliertem Material haben sich dementsprechend schon fast etabliert. Relativ neu hingegen ist auf Ebene Privathaushalt das Sammeln von Kunststoff- verpackungen aller Art. Das Problem: Es handelt sich bei diesen Verpackungen oft um Verbundmaterialien, sprich aus Konglomeraten verschiedener Plastiksorten. Diese können eigentlich nur thermisch entsorgt werden. Es ist aber absehbar, dass bis ins Jahr 2030 solche Verpackungen anders entworfen und entwickelt werden. Das will Swiss Recycling so, wobei man sich an einem EU-Gesetz orientiert. Im Moment geschieht die Sammlung lokal und auf freiwilliger Basis mit einem geeigneten, gebührenpflichtigen Sammelsack, welcher von Privatpersonen an dafür optimierten Sammelstellen abgegeben werden kann. Das könnte sich aber ändern. Denn der Verband Swiss Recycling kündigt auf das kommende Jahr hin ein nationales Sammel- und Wiederverwertungssystem für Kunststoffe an.

Eine Lösung auch für Bioabfälle

Auch beim Recycling von biogenen Abfällen kann noch zugelegt werden. Gemäss dem Unternehmen Avantyard mit der Innovation «Freezyboy» landen in der Schweiz und in Europa nur rund 40% der Bioabfälle im Recycling. Der Grund dafür, dass die «grünen» Abfälle noch zu wenig gesammelt werden, mag beim üblen Geruch liegen, der diesen alsbald entströmt. Der Geruch zieht Fruchtfliegen an. Das wünscht sich in der Küche niemand. Wer also keinen Kompost zu Hause besitzt, der ist veranlagt, trotz besseren Wissens Bananenschalen & Co. im Restmüll zu entsorgen. Für diesen Zweck und zum Erhöhen der Recyclingquote bei Bioabfällen gibt es den «Freezyboy». Dabei handelt es sich um einen auf –5 °C gekühlten Eimer. Dieser kann als Ergänzung zu anderen Behältnissen installiert werden. Obwohl am Strom angeschlossen, verbraucht er lediglich die Energiemenge einer 9-W-Sparlampe.

Auswirkungen auf das Trennsystem

Man darf also gespannt sein, wie sich das Ganze entwickelt. Die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft hat jedenfalls einen Einfluss auf die Abfalltrennsysteme in der Küche, wird die Trennung zukünftig doch bereits in ihrem Anfangsstadium differenzierter ausfallen müssen. Diverse Anbieter haben Lösungen parat. Bei Müllex beispielsweise gibt es neu einen Trennsteg, welcher den 35- oder 40-Liter-Behälter unterteilt, womit anstelle eines 35-Liter-Sacks zwei 17-Liter-Säcke eingespannt werden können. Gedacht ist der Trennsteg für Kleinhaushalte und Abfallvermeider, aber natürlich sind mit diesem System auch Kunststoffabfälle vom Restmüll zu trennen, sollte die Aktualität vom Kunststoff-Recycling bald noch zunehmen.

Wenn man sich in der Branche umhört, so ist das Abfalltrennsystem – gerade in gros-sen Haushalten – wenn möglich in überbreiten Korpussen unterzubringen. Dann kann auch ein Taschensystem aus Lkw-Blache ergänzend zum Einsatz kommen.

Oft benutzt: der Müllauszug

Übrigens: Der Abfalleimer ist die am meisten benutzte «Unit» in der Küche. Im Durchschnitt wird er jeden Tag über 30 Mal geöffnet und wieder geschlossen. Dies geht aus Berichten von mehreren Unternehmen hervor. Bei dieser Öffnungs-Frequenz macht es Sinn, hier auf gutes Material zu setzen, beispielsweise bei der Wandstärke des Behälters nicht zu sparen; oder beim Auszug: Über hunderttausend Auszugszyklen verspricht der «Cargo Synchro» von Hailo zu halten. Umgerechnet würde das bedeuten, dass man ihn bei obigem Gebrauch rund alle achteinhalb Jahre ersetzen müsste. Andere Auszüge dürften ähnlich konzipiert sein. Zum Beispiel diejenigen von Blum, Grass oder Hettich. Anschliessend seien hier einige Abfalltrennsysteme vorgestellt.

Für kräftiges Sammeln

Peka bietet die Abfallsysteme «Oeko Compact» und «Oeko Universal» (Bild) an. Zudem den «Müllboy». Bei Letzterem han- delt es sich um einen ausschwenkbaren Abfalleimer für Türen mit Scharnieren. Das System «Oeko Universal» besteht aus mehreren Eimern, die in einen handelsüblichen Schubladen-Auszug eingebaut werden können, während das System «Oeko Compact» bereits mit einer robusten Auszugsführung von 110 kg Tragkraft ausgestattet ist. Die beiden Oeko-Systeme sind um 30 Millimeter höhenverstellbar, sodass sie unter jede Spüle passen. Der Abfallsack wird dank einem patentierten Spannsystem einfach und schnell eingespannt. Der flexible Spannbügel ermöglicht das Einspannen von zwei 17-Liter-Säcken genauso wie das Einspannen von einem 35-Liter-Sack. Über den Eimern bietet ein ausziehbares Metalltablar Platz für diverse Utensilien, die im Abfallbereich eingesetzt werden. Zum Öffnen der Abfallschublade bietet sich ein Fusspedal an.

www.peka-system.ch

Der Klassiker

Das Unternehmen Hailo stellt an dieser Stelle zwei Abfalltrennsysteme vor. Das Erfolgssystem «Tandem» kommt zum 75-Jahr-Firmenjubiläum als Black Edition daher und huldigt so dem Trend zu dunklen Küchen im Schrankinneren. Gemäss Hailo war «Tandem» das erste Abfalltrennsystem auf dem Markt und mit über 12 Millionen verkauften Exemplaren auch das erfolgreichste. Ein zweites Abfalltrennsystem von Hailo, welches auf der Sicam im Oktober dieses Jahres zu bestaunen war, ist «Cargo Synchro» (Bild). Das Produkt ist in mehreren Varianten erhältlich. Mit seinen synchronisierten Überauszugsschienen passt es für Spülunterschränke im EU-Format von 30 bis 60 Zentimetern Breite. Der Systemdeckel aus Metall ist mit einer rutschfesten Gummimatte belegt und dient als Ablagefläche für unterschiedliche Utensilien.

www.hailo.de

Zahlreiche Lösungen

Die Firma Hettich bietet eine schier grenzenlose Auswahl an Abfalltrennsystemen für die Küche. Die vielfältigen Möglichkeiten können im Hettich-Blätterkatalog begutachtet werden, den es auch online zum Herunterladen gibt. Bei der Abbildung oben handelt es sich um das System «Pull». Dieses ist für Korpusbreiten von 300 bis 600 Millimetern und mit den Schubkastensystemen «AvanTech you» oder «ArciTech» erhältlich. Die Auszugschiene wird nicht auf Sockelhöhe fixiert, sondern im oberen Bereich, und die Abfallbehälter werden in den Rahmen eingehängt. Auch ein Fusspedal für die Öffnung der Müllschublade ist als Option einsetzbar. Die Hettich-Produkte werden in der Schweiz über Opo-Oeschger gehandelt.

www.hettich.com

Der Steg macht’s aus

Weil für die meisten kleinen Haushalte ein 35- oder 40-Liter-Behälter zu mächtig erscheint, bietet Müllex seit diesem November speziell für 17 Liter ausgelegte Abfallsysteme sowie einen Trennsteg an, der es ermöglicht, zwei 17-Liter-Säcke einzuspannen. Damit wird die A. & J. Stöckli AG auch dem Trend hin zur Abfalltrennung gerecht. Bei Müllex werden die Boxx-Systeme langsam aber sicher durch die preisgekrönten Behälter der X-Line abgelöst. Diese sind vielfältig und abgestimmt auf diverse Korpusbreiten und Schubladen-Nennlängen zwischen 400 und 500 Millimetern. Auf der Website von Müllex findet man einen praktischen Produktkonfigurator. Dieser geleitet einen Schritt für Schritt zum persönlichen Abfalltrennsystem. Das Glarner Unternehmen bietet auch Wertstoffsammeltaschen beziehungsweise Mehrzwecktaschen an.

www.muellex.ch

Biomüll im Eimer

Weil heutige Abfallsysteme für die Aufbewahrung und Zwischenlagerung von organischen Abfällen keine systematische Lösung bereithalten, wird Bioabfall oft im Restmüll entsorgt. Hier setzt der «Freezyboy» ein, denn er kühlt die «grünen» Abfälle auf –5 °C, damit keine unhygienischen Störfaktoren entstehen. Durch die konsequente Trennung des Bioabfalls vom Restmüll könne gleichzeitig erneuerbare Energie (in Form von Biogas) gewonnen sowie CO2 in den Kehrichtverbrennungsanlagen reduziert werden, lässt die Avantyard Ltd aus Luzern verlauten, welche den «Freezyboy» herausgibt. Das Gerät wird am Strom angeschlossen. Es verbraucht die Energie einer 9-W-Sparlampe, lässt sich ideal mit den Abfalltrennsystemen von Peka kombinieren, funktioniert aber auch mit Systemen anderer Anbieter.

www.freezyboy.com

Was ist Kreislaufwirtschaft?

Die Kreislaufwirtschaft ist ein Gegenentwurf zum linearen Wirtschaftssystem, welches in Entwicklungsländern seit der Industrialisierung mehrheitlich praktiziert wird. Das lineare Wirtschaftssystem sieht nicht vor, Rohstoffe wiederzuverwenden. In diesem System bereitet man Primärrohstoffe auf, um daraus Produkte herzustellen, die vom Konsumenten gekauft und genutzt werden. Die Produkte landen schliesslich in der Verbrennung oder auf der Deponie. Ein solches Vorgehen schont die endlichen Ressourcen unserer Welt nicht.

Wiederverwendung von Materialien

Die Kreislaufwirtschaft ist dagegen ein zirkuläres Wirtschaftssystem. Es zielt darauf ab, das Wegwerfen und Verbrennen von Konsumgütern durch Wiederverwenden und Sammeln zu ersetzen. Es geht darum, den grössten Teil der Rohstoffe wiederum in die Wirtschaft zurückzuführen. Aus alten Produkten werden neue gemacht. Das fordert vor allem den Bereich des Designs heraus, denn es ist schon bei der Konzeption darauf Wert zu legen, dass beispielsweise einzelne Materialien beim Ableben des Produkts gut getrennt werden können. Noch vor dem Recyceln der Rohstoffe gibt es Möglichkeiten, die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Zu diesem Zweck werden vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) zehn «Re’s» ins Feld geführt, die konkret bei der Umsetzung helfen sollen:

  • Refuse – ablehnen
  • Rethink – umdenken
  • Reduce – vermindern
  • Reuse – wiederverwenden
  • Repair – reparieren
  • Refurbish – auffrischen
  • Remanufacture – aufbereiten
  • Repurpose – umnutzen
  • Recycle – rezyklieren
  • Recover – zurückgewinnen

Michael Wyss

Veröffentlichung: 08. Dezember 2022 / Ausgabe 49/2022

Artikel zum Thema

21. März 2024

Holz als Basis

Massivholz.  Stein, Keramik und Chromstahl werden häufig für Küchenabdeckungen eingesetzt. Sie sind praktisch in der Handhabung und Pflege. Werden gewisse Punkte beachtet, lassen sich jedoch auch mit Massivholz schöne Küchen realisieren, wie Beispiele aus der Praxis zeigen.

mehr
21. März 2024

Auf die Bedürfnisse kommt es an

Abluft.  Dunstabzüge gehören zu den zentralen Elementen in einer modernen Küche. Nur wenn diese auf die Bedürfnisse und das Kochverhalten der Kundschaft abgestimmt sind, können die Geräte ihre volle Leistung erbringen und das Kocherlebnis unterstützen.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Küchen