Mit dem Pousse-Pousse laufen lernen

Schreinerlernende im zweiten Lehrjahr fertigen in der Berufsschule Goldau erste Pousse-Pousses. Bild: PD

Wettbewerb.  Statt einfach Geld zu spenden, hat die Firma Borm-Informatik AG für das Hilfswerk SOS-Kinderdorf einen Wettbewerb ins Leben gerufen. Schreinerlernende aus der Schweiz stellen dazu Lauflernhilfen für Kleinkinder im westafrikanischen Staat Niger her.

Der 18-jährige Hassane Abdou (Name geändert) lernt Schreiner – und er ist jetzt auch Designer: Der junge Mann aus Niamey, der Hauptstadt des Nigers, hat den Entwurfswettbewerb für eine Lauflernhilfe gewonnen. «Pousse-Pousse» heissen die Stosswägelchen im französischsprachigen Land in Westafrika. Abdou lernt in einer der Lehrwerkstätten, die das Hilfswerk SOS-Kinderdorf im Niger führt. In der sechsten Klasse flog er mangels genügender Leistung von der Schule. Sein Vater machte ihn auf die Ausbildungsmöglichkeiten in den Lehrwerkstätten aufmerksam. «Meine Arbeit als Schreiner mag ich, weil sie mir Spass macht. Das motiviert mich, fleissig bei der Sache zu sein», sagt er, nachdem er mit seinem Entwurf den ersten Preis gewonnen hat. «Das Zeichnen ist ein besonders spannender Teil meiner Arbeit», fügt er an. Sein Traum: eine eigene Schreinerwerkstatt. Der Wettbewerb brachte drei Erstplatzierte hervor. Sie bekommen nun alle ein Stipendium, um ihre Ausbildung weiterzuführen.

Einfach Geld zu geben, wäre zu einfach

Der Entwurfswettbewerb für Schreinerlernende in den Werkstätten in Niamey ist der erste Teil des Projektes «Designed in Afrika – Made in Switzerland» der Schwyzer Firma Borm-Informatik AG mit SOS-Kinderdorf und verschiedenen Partnern in der Schweiz, darunter auch die Schreinerzeitung. Borm-CEO Markus Feusi erklärt, wie es dazu gekommen ist: «Wir erhielten im vergangenen Jahr einen Anruf des Hilfswerks, ob wir ihre Arbeit nicht in der einen oder anderen Form unterstützen möchten.» Offenbar, so erklärt Marketing-Leiterin Beatrice Annen, gehen Hilfswerke immer mehr dazu über, nebst Privatpersonen auch Firmen als Geldgeber zu gewinnen. Jedenfalls stiess SOS-Kinderdorf bei Borm auf offene Ohren. «Wir unterstützten schon bisher gemeinnützige Organisationen mit einer Jahresspende», sagt Feusi. Doch nun einfach Geld zu spenden, war den Borm-Verantwortlichen zu einfach. «Als wir dann hörten, dass SOS-Kinderdorf in Afrika Schreiner ausbildet, hat sich daraus das jetzige Projekt entwickelt», sagt Annen.

Von der Skizze zum CAD-Plan

Der Bezug zur Schreinerbranche und der Aspekt der Ausbildung stimmten für Borm. Fehlte noch, die Kompetenz des Informatikunternehmens ins Spiel zu bringen. Die Planskizze des Siegerwägelchens von Abdou diente da als Ausgangspunkt. Denn die Informatikfirma stellt für die Produktion der Pousse-Pousses CAD-Unterlagen zur Verfügung für den Schweizer Teil des Projekts, der seit Kurzem lanciert ist (siehe Kasten). «Wer sich beim Wettbewerb anmeldet, erhält den Zugang zu unserer Sharing-Plattform, wo das Planmaterial bezogen werden kann», erklärt Annen. In einem bis maximal zwei Tagen sollte sich das Gefährt herstellen lassen. Sie und CEO Feusi hoffen jedenfalls auf eine rege Teilnahme von Schweizer Schreinerlernenden. Borm hat bereits einige Anmeldungen registriert. Schreinerlernende im zweiten Jahr der Berufsschule in Goldau SZ haben erste Gefährte hergestellt. Einige davon haben eine Sitzfläche, damit sie auch als Laufrad genutzt werden können.

Eigentlich hätte der Schweizer Wettbewerb mit Ausstellung und Jurierung an der Messe «Holz Glas Metall 21» von Opo Oeschger abgeschlossen werden sollen. Nun findet die Wahl der Erstplatzierten online im September statt. Ziel ist es, dass die Schreiner-Pousse-Pousses noch in diesem Jahr nach Afrika verschifft und dann von den Verantwortlichen von SOS-Kinderdorf an Familien mit Kleinkindern verschenkt werden.

Dank eines am Gefährt angebrachten QR-Codes sollten die Hersteller in der Schweiz sogar erfahren, wer nun genau ihr Schreinerprodukt in Afrika in Gebrauch hat. «Die Idee ist letztlich, dass jemand ein Foto des Kindes samt Wägelchen macht und dieses via QR-Link auf unsere Projektwebsite stellt», sagt Annen.

Stefan Hilzinger

«designed in Africa – Made in Switzerland»

Anmeldeschluss ist am 31. Mai

Unter dem Motto «Designed in Africa – Made in Switzerland» hat die Firma Borm-Informatik einen Wettbewerb lanciert, bei dem das schönste von Schweizer Schreinerlernenden gebaute Lauflernwägelchen erkoren werden soll. Wer sich bis zum 31. Mai auf der eigens dafür eingerichteten Website anmeldet, bekommt die von Borm erstellten CAD-Unterlagen zur Herstellung des Lernlaufrades und die Wettbewerbsbedingungen zugestellt. Die Abmasse des Entwurfs müssen eingehalten werden. In der sonstigen Gestaltung des Gefährts sind die Teilnehmenden frei. Ein pro Teilnehmer ausgegebener QR-Code stellt die Identifizierung des Wägelchens sicher. Ab Juni werden die Fotos der Wägelchen auf einer Voting-Plattform aufgeschaltet. Die Wahl der Gewinner findet vom 13. bis 19. September statt. Den Gewinnern winken Preise.

Stefan Hilzinger

www.borm.ch/projekt_soskinderdorf

 

Veröffentlichung: 15. April 2021 / Ausgabe 16/2021

Artikel zum Thema

09. Mai 2024

Gutes Licht hat viele Gesichter

Leuchtendesign.  Die Qualität von Leuchten auf den ersten Blick zu erkennen, ist nicht ganz einfach. Zu oft trügt der schöne Schein. Eine kleine Auswahl an herausragenden Leuchten kommt von der letzten Euroluce im Rahmen des Mailänder Salone del Mobile.

mehr
28. März 2024

Licht aus, Spot an

BlackBox.  Einen Showroom für Licht bietet Häfele für Schreinerinnen und Schreiner in Bad Cannstatt, einem Stadtteil von Stuttgart. In der Blackbox lässt sich das Thema unmittelbar erfahren. Eine kleine Delegation hat sich am vergangenen Donnerstag davon vor Ort überzeugt.

mehr

weitere Artikel zum Thema: