Anfang 2023 übernahm Yanick Schläpfer im Alter von 28 Jahren die operative Leitung der Späti Innenausbau AG in Bellach SO von Philipp Späti, als erster Geschäftsführer ausserhalb der Gründerfamilie.
Im Gespräch mit der Schreinerzeitung spricht er über die Beweggründe, die sorgfältige Übergabe und die Herausforderungen bei der Nachfolgeregelung eines Traditionsbetriebs.
- Schreinerzeitung: Herr Schläpfer, was war Ihr Ansporn, diesen grossen Schritt zu wagen?
- Yanick Schläpfer: Ich wollte schon immer selbstständig und mein eigener Chef sein. Mein Ansporn war es zudem, eigene Visionen und Träume zu verwirklichen und meine Arbeit selbst zu gestalten. Weiter ist es für mich wichtig, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen und als Unternehmer erfolgreich zu sein.
- Heutzutage stehen viele KMU vor der Herausforderung, dass sie keine direkte oder interne Nachfolge haben. Wie wurde dieser zentrale Unternehmensschritt bei Ihnen aufgegleist?
- Die konkrete Aufgleisung und Weitsicht kamen in erster Linie von Philipp Späti. Er machte sich bereits im Voraus Gedanken, wie die Zukunft der Firma aussehen soll. Oft werden diese Überlegungen viel zu spät gemacht, denn der Weg, bis die erfolgreiche Nachfolgeregelung vollzogen ist, braucht seine Zeit. Er suchte im Dezember 2017 das Gespräch mit mir, um zu sehen, was meine Zukunftspläne sind. Nach diesem Gespräch war für uns beide klar, wir wollen diesen Schritt wagen und gemeinsam daran arbeiten, diese Nachfolge umzusetzen. Bereits im ersten Quartal 2018 fanden dann konkrete Vorbereitungen im Sinne von Gesprächen statt. Über den gesamten Prozess hat uns ein neutraler Firmenberater begleitet. Dies ist ein wichtiger Bestandteil. Das Wissen, eine Nachfolgeregelung umzusetzen, hat aus meiner Sicht kaum ein selbstständiger Unternehmer. Im Nachhinein ist erstaunlich, was alles beachtet und vorbereitet werden muss für eine perfekte Übergabe.
- Die Späti Innenausbau AG war seit drei Generationen in Familienbesitz. Wie haben Sie das familiäre Umfeld dahin gehend abgeholt, dass mit Ihnen nun ein neuer Firmenabschnitt beginnt?
- Dies war ein wichtiger Teil der ganzen Nachfolge. Ich bin die erste Generation, welche nicht aus der Familie Späti stammt. Einerseits ist dies ein grosser Schritt für die Familie Späti, da nach drei Generationen die Unternehmung aus der Familie geht. Andererseits lag es an Philipp Späti und mir, die Kommunikation transparent zu halten, um so keine Unsicherheiten zu schaffen. Dazu fanden Gespräche mit der ganzen Familie statt, wo Philipp Späti über die Zukunft informierte und aufzeigte, wohin die Reise gehen soll. Mich als Person kannten viele bereits, da ich seit 2015 ein Bestandteil der Firma bin.
- Eine Firmenübernahme ist ein komplexes Unterfangen, das unterschiedlich angegangen werden kann. Wie haben Sie dieses Vorhaben aufgegleist?
- Nach den anfänglichen Gesprächen haben wir die ersten Schritte mit dem Betriebsberater besprochen. Dort wurden die Grundlagen geschaffen und zentrale Fragen geklärt. Wie beispielsweise, was, wann und wie intern und extern kommuniziert wird. Es war uns immer wichtig, mit neutralen Partnern zu arbeiten, damit niemand das Gefühl bekommen muss, etwas sei nicht transparent. Die Partner, wie Treuhandexperte und Notarin, waren wesentliche Punkte der ganzen Nachfolge.
- Sie haben gesagt, wie wichtig die Einbindung und emotionale Mitnahme des Teams und der beteiligten Menschen waren. Wie sind Sie diese Thematik angegangen?
- Viele Unternehmer haben das Gefühl, die wesentlichen Punkte seien die Finanzen und der Kauf- beziehungsweise Verkaufspreis. Für uns war der Mensch noch fast wichtiger. Einerseits ging es darum, mich als Person für diesen grossen Schritt vorzubereiten. Ich persönlich arbeitete in dieser Phase der Übernahme mit einem Coach, mit dem ich mich neutral austauschen konnte. Andererseits musste sich auch Philipp Späti bewusst werden, dass die Firma in neue Hände geht. Dies war ein Prozess, der nicht von heute auf morgen vollzogen werden konnte. Die Mitarbeitenden der Firma wurden laufend darüber informiert, was läuft und was geht. Sie durften jederzeit Fragen stellen und bekamen immer klare Antworten. Auch haben wir regelmässig bei Teaminfos informiert.
- Eine solche Übernahme ist mit einer grossen Investition Ihrerseits verbunden. Wie haben Sie den finanziellen Teil aufgegleist?
- Die finanzielle Situation war sicherlich ein grosser Bestandteil. Ich hatte für mein Alter und meine Verhältnisse zu wenig Eigenkapital, um die Investition zusammen mit einer Bank zu stemmen. So gab es zwei Möglichkeiten. In der Variante eins wäre mit meinem Eigenkapital, Geld von der Bank und dem Restbetrag von Philipp Späti als privates Darlehen erfolgt. Bei unserer Variante zwei kam das Eigenkapital ebenfalls von mir, der Restbetrag erfolgte aber ohne Bank als privates Darlehen von Philipp Späti. Ich konnte dank einem Erbvorbezug weiteres Eigenkapital einbringen, um so gegenüber Philipp Späti eine faire Anzahlung zu tätigen.
- Unabhängig von Vertrauen und Offenheit, wie haben Sie einander abgesichert, falls etwas Unvorhersehbares geschieht?
- Dank der Begleitung von fachlichen Partnern haben wir etliche Verträge erstellt. Idealerweise kommen diese nie zum Tragen und sind theoretisch überflüssig, aber uns war es wichtig, jegliche mögliche Szenarien zu klären. Wir haben sehr weit gedacht und immer im Sinne der Firma. Wie geht es beispielsweise weiter, wenn ich versterbe? Was geht mit den Konten, was geht mit dem Vermögen? Wer hat das Recht, die Firma weiterzuleiten? Was geschieht, wenn Philipp etwas passiert? Wie sieht die Kommunikation mit seinen Nachkommen aus? Und viele weitere mögliche Szenarien, die eintreten können. Alle wünschen sich immer, dass auch zukünftig miteinander gesprochen werden kann. Dennoch sollte man vorbereitet sein, um auch in schwierigen Situationen eine klare Grundlage zu haben.
- Kommen wir zu einem anderen Thema: Als Unternehmer ist das eigene Netzwerk ein wertvolles und wichtiges Werkzeug. Wie sind Sie vorgegangen, damit das grosse Netzwerk von Philipp Späti im Unternehmen bleibt?
- Das Netzwerk ist das A und O in unserem Unternehmen. Philipp Späti hat ein erstaunliches Netzwerk über all die Jahre aufgebaut. Er nahm mich bereits sehr früh mit an Anlässe. Sei es ein Apéro bei einer Bank oder ein Meeting unter Unternehmern. Dies zeigte mir die Welt der Unternehmen und wie wichtig es ist, ein gutes Netzwerk zu haben. Von grosser Bedeutung ist aber vor allem auch mein persönliches Netzwerk und dass dies ausgebaut wird. Da Philipp Späti auch weiterhin in der Firma arbeitet, profitiert die ganze Firma nach wie vor von seinem Netzwerk, und ich baue meines stetig aus, damit wir zukünftig erfolgreich sein dürfen.
- Auch im Netzwerk spielt die Kommunikation eine zentrale Rolle. Wie haben Sie hier kommuniziert?
- Wir haben auch hier von Anfang an immer transparent kommuniziert. Jegliche Informationen haben wir intern wie auch extern gestreut. Zudem haben wir zeitgerecht Berichte in Zeitungen und über Social Media veröffentlicht, um diese tolle Information als Marketinginstrument zu nutzen. Im Nachhinein mussten wir jedoch feststellen, dass viele Menschen nicht alles lesen und sich oft ihr eigenes Bild machen. So dachten zu Beginn viele, dass Philipp Späti den Betrieb verlassen habe, obwohl klar geschrieben war, dass er an Bord bleiben wird. Um diese Verwirrung zu beseitigen, hätte die Überschrift nicht «Stabsübergabe bei der Späti Innenausbau AG – Yanick Schläpfer übernimmt» heissen sollen, sondern eher «Stabsübergabe bei der Späti Innenausbau AG – Philipp Späti ist weiterhin an Bord».
- Sie sind nun über ein Jahr am Ruder der Späti Innenausbau AG und haben sicherlich einiges erlebt. Was konnten Sie persönlich aus dieser Zeit mit- nehmen?
- Es war eine sehr spannende und zugleich herausfordernde Zeit. Zu Beginn musste ich schnell lernen, zu delegieren. Ich wollte vieles selbst erledigen, hatte aber keine Zeit dafür. Philipp Späti hat mir dann geholfen und mir die Tipps und Tricks aufgezeigt. So bin ich nach wie vor sehr dankbar, dass er mein Sparringpartner ist und ich jederzeit auf seine Erfahrung zurückgreifen darf. Auch habe ich die Führung der Mitarbeitenden unterschätzt. Hier stellte ich schnell fest, dass dies ein wesentlicher Teil meines Jobs, nebst dem geschäftlichen Alltag, ist. Ich ging und gehe weiterhin sehr gerne an die Arbeit und bin unglaublich stolz, dieses Unternehmen zu führen und die Zukunft mitzugestalten.
www.spaeti-innenausbau.ch
Noah Gautschi
Veröffentlichung: 26. Juni 2025 / Ausgabe 26/2025