14 von 33 Angestellten arbeiten Teilzeit

In den Werkstätten wünschen sich immer mehr Angestellte ein Teilzeitpensum. Bild: VSSM

Arbeitszeitmodelle.  Bei der Vonrickenbach Swiss AG in Muotathal SZ gibt es seit über 30 Jahren die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit. Diese wird rege genutzt. Davon profitieren nicht nur die Mitarbeitenden, sondern auch das Unternehmen, wie Mitinhaber Thomas von Rickenbach sagt.

Herr von Rickenbach, was ist die Kerntätigkeit der Vonrickenbach Swiss AG?
Thomas von rickenbach: Wir sind spezialisiert auf die Verarbeitung von Massivholz mit mehreren 5-Achs-CNC-Maschinen und arbeiten ausschliesslich für Businesskunden. Wir beliefern Möbelfabriken, Architekten und Industriekunden, beispielsweise Caran D’Ache und Victorinox. Für Schreinereien produzieren wir Massivholz-Tischplatten, ganze Möbel oder verschiedene Komponenten für individuelle Produkte, die ausgelagert werden.
Haben Sie die Folgen der Coronakrise gespürt?
Der Umsatz ist in den letzten zwei Jahren stabil geblieben. Mehr als die Pandemie beschäftigen mich die Lieferengpässe von Massivholz, vor allem bei Eiche und amerikanischem Nussbaum. Die Preiserhöhung auf das Rohmaterial können wir nur teilweise an unsere Kunden weitergeben. Die ganze Situation ist mit grosser Unsicherheit verbunden.
Inwiefern sind in Ihrem Betrieb flexible Arbeitszeitmodelle ein Thema?
Rund ein Drittel unserer Mitarbeitenden arbeitet in Teilzeit. Wir bieten schon seit über 30 Jahren Teilzeitstellen an. Denn wir hatten schon früher Mitarbeitende, die auch in der Landwirtschaft tätig waren. Um auch dieser nachgehen zu können, waren sie auf kleinere Pensen angewiesen. Intensiviert wurde das Thema vor gut sieben Jahren durch einen Auftrag von Victorinox, bei dem grosse Stückzahlen Holzmessergriffe geölt und feingeschliffen werden mussten. Damit nicht eine Person die repetitiven Arbeitsschritte machen musste, verteilte ich die Arbeit auf mehrere Personen. Heute arbeiten fünf Mitarbeitende in der Produktion in Pensen von 10 bis 20 Prozent an variablen Werktagen. Sie sind im Stundenlohn angestellt. Zum Victorinox-Auftrag sind noch andere hinzugekommen, die von diesen Mitarbeitenden verarbeitet werden. In der Produktion sind ausserdem zwei Personen zu 80, einer zu 90 und ein weiterer unregelmässig zu 30 bis 40 Prozent tätig.
Und wie sieht es in den Abteilungen Planung und Administration aus?
Einer unserer Projektleiter ist aus familiären Gründen zu 80 Prozent angestellt und bleibt davon einen Tag im Homeoffice. Würde diese Möglichkeit nicht bestehen, hätte ich ihn als wertvollen Mitarbeiter vielleicht verloren. Im Sekretariat teilen sich zwei Mitarbeiterinnen zu je 40 und 50 Prozent die Aufgaben von Rechnungswesen und Personal. Dieses Jobsharing erfordert eine konstante Absprache.
Seit wann können Ihre Angestellten im Homeoffice arbeiten?
Wir haben schon vor der Coronakrise unsere Computerinfrastruktur teilweise für Homeoffice eingerichtet. Während der Pandemie haben wir davon profitiert, dass diese Strukturen schon vorhanden waren. Heute ist die Hemmschwelle, von zu Hause zu arbeiten, dadurch kleiner geworden. Wir entscheiden je nach Bedarf darüber.
Gibt es noch weitere flexible Arbeitszeitmodelle in Ihrem Unternehmen?
Vor zwei Jahren haben wir Gleitzeiten eingeführt. Wir haben uns für folgendes Modell entschieden: Am Morgen beginnen wir weiterhin alle um 7 Uhr, und die viertelstündige Pause um 9 Uhr haben wir beibehalten. Die Mittagspause dauert von 11.30 bis 13.30 Uhr, Feierabend kann man zwischen 16 und 17.30 Uhr machen. Damit sind wir dem Bedürfnis von Mitarbeitenden entgegengekommen, die einen längeren Arbeitsweg haben.
Wie wurde die Einführung der Gleitzeiten den Mitarbeitenden kommuniziert?
Wir haben an einer unserer Mitarbeiterinformationen kommuniziert. Danach wurde ein Infoblatt mit allen Details abgegeben, und schliesslich habe ich die Änderungen noch ausführlich präsentiert. Nach rund zwei Monaten sind wir in einer Feedbackrunde im Plenum auf Fragen eingegangen. Danach gab es auf Wunsch noch individuelle Erklärungen an Mitarbeitende. Es war für einige, die schon 30 Jahre bei uns arbeiten, nicht ganz einfach.
Hat sich seit der Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle der Führungsstil verändert?
Es klingt vielleicht etwas paradox: Einerseits braucht es mehr Vertrauen, andererseits wird aber auch mehr, jedoch eine andere Art Kontrolle benötigt. Der Produktionsleiter muss zum Beispiel mehr vorausplanen, aktiver kommunizieren und mehr Verantwortung an andere übergeben.
Was sind dabei die grössten Heraus- forderungen?
Generell ist der Aufwand für die Koordination und die Kommunikation einiges höher und komplizierter. Die Teilzeitarbeit bedingt, dass die Leute flexibler einsetzbar sind. Wir haben Mitarbeitende in anderen Bereichen geschult, damit fehlende Prozente besser abgedeckt werden können. Die grösste Herausforderung für mich persönlich ist, alle Teilzeitmitarbeitenden über die wichtigen Geschehnisse im Betrieb à jour zu halten. Wenn sie keine wichtigen Infos bekämen, nicht ans Weihnachtsessen oder zur Mitarbeiterorientierung eingeladen würden, dann würden sie sich nicht als Teil der Firma fühlen.
Was können Sie Positives über die Einführung von Teilzeitpensen berichten?
Auftragsspitzen erledigen wir termingerecht, indem wir die kleinen Pensen kurzzeitig aufstocken. Dank dieser Flexibilität kommen wir oft ohne temporäre Anstellungen aus. Ausserdem können wir dank flexibler Arbeitszeiten die Maschinenbelegung verlängern. Nicht zuletzt ist so die Vonrickenbach Swiss AG eine attraktive Arbeitgeberin, da wir auf die Bedürfnisse von Bewerbenden und bestehenden Mitarbeitenden eingehen können.
Die Einführung neuer Arbeitszeitmodelle in der Schreinerbranche hinkt im Vergleich zu anderen Bereichen hinterher. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?
Grundsätzlich wird der Aufwand für die Planung durch Teilzeitangestellte erhöht. Die Schreinereien sind einem grossen Wettbewerb ausgesetzt. Und sie sind selten so rentabel wie eine Bank oder eine Versicherung. Ein Teil der Mittel fliesst regelmässig in den Maschinenpark und die Infrastruktur. Daher ist es notwendig, den administrativen Aufwand und die Personalkosten möglichst tief zu halten, ebenso den Aufwand für die Produktionsplanung und die Produktion selber. Aber die Unternehmen sollten sich auf Kompromisse einlassen, damit sie als Arbeitgeber attraktiv bleiben. Schon in der Oberstufe rechnen die Schülerinnen und Schüler mit gewissen Branchen ab. Je konservativer eine Branche wirkt, desto weniger wird sich der potenzielle Berufsnachwuchs für sie interessieren. Beim Wunsch nach mehr Flexibilität geht es nicht nur darum, mehr Freizeit für Hobbys zu haben, sondern oft auch darum, in der Familie stärker mitzuwirken. Das Rollenbild von Mann und Frau hat sich verändert und wird sich immer mehr wandeln, auch in den ländlichen Regionen. Frauen möchten vermehrt berufstätig sein, und Männer möchten mehr von ihren Kindern haben.
Für welche Positionen eignen sich flexible Arbeitszeitmodelle nicht?
Ich musste mir das gut überlegen und bin zum Schluss gekommen, dass grundsätzlich für jede Position eine gewisse Flexibilität möglich ist. Es ist eine Frage der Organisation, Koordination und insbesondere der Kommunikation.
Welche Tipps würden Sie diesbezüglich anderen Schreinerbetrieben geben?
Wir schreiben eine Stelle immer auch im Teilzeitpensum aus. Damit erhalten wir mehr Bewerbungen. Ich rate, generell offener zu sein, genauer hinzuschauen und nicht im Vornherein Veränderungen abzulehnen. Vielleicht überwiegen die Vorteile sogar die Nachteile. Dafür muss man sich überlegen, wie man von diesen Vorteilen profitieren kann.

www.vonrickenbach.swiss

Serie lohn- und arbeitszeitmodelle

Die Arbeitswelt hat sich verändert. Nur eines blieb unverändert: die 42-Stunden-Woche. Hat das Modell Normalarbeitszeit ausgedient? Wie sieht das Arbeitsmodell der (nahen) Zukunft aus? Mit der losen Serie «Neue Lohn- und Arbeitszeitmodelle» geht die Schreinerzeitung diesen Fragen nach und zeigt Beispiele auf.

www.schreinerzeitung.ch

Zur Person

Thomas von Rickenbach (41) führt die Vonrickenbach Swiss AG in vierter Generation. Er ist Geschäftsführer und Mitinhaber des im Jahr 1910 gegründeten Familienunternehmens in Muota- thal im Kanton Schwyz. Teilzeitarbeit gibt es bei der Vonrickenbach Swiss AG seit über 30 Jahren. Heute arbeiten von 33 Angestellten 14 in Teilzeit.

michèle ofri, ndo, mof

Veröffentlichung: 31. März 2022 / Ausgabe 13/2022

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