Altes Handwerk im modernen Umfeld

Kunden schätzen die Einzigartigkeit und die perfekte Verarbeitung von Einlegearbeiten. Bild: Philipp Heidelberger

Einlegearbeiten.  Schon seit Jahrtausenden werden Möbel und andere Gegenstände mit Intarsien und Marketerien verziert. Verschiedene Beispiele zeigen: Diese traditionelle Handwerkskunst ist keineswegs veraltet. Nach wie vor lassen sich damit schöne Akzente setzen.

Viele Arbeiten werden mittlerweile von Maschinen und Computern ausgeführt. Davon ist auch die Schreinerbranche nicht ausgenommen, und manch einer fragt sich, ob das Handwerk in dieser Form eine Zukunft hat. Handwerkliches Geschick, Kreativität und Fingerspitzengefühl sind aber in verschiedenen Bereichen weiterhin gefragt. Dazu zählt auch das Verarbeiten von Massivholz und Furnier.

Der individuellen Beschaffenheit von Holz können fast nur ausgebildete Schreiner mit dem entsprechenden Wissen gerecht werden. Wie seit Hunderten von Jahren kann sich der Schreiner diesen Umstand zunutze machen: Mit Intarsien kann er einem Möbel oder einem Innenausbauprojekt das gewisse Etwas verleihen.

Was auf einige vielleicht etwas altbacken wirkt, zieht nach wie vor. Selbst bei den individuellen Praxisarbeiten der Lehrabschlussprüfungen findet man immer wieder Projekte, die mit solchen Elementen versehen sind.

Umgangssprachlich ist dann zwar meistens von Intarsien die Rede, was aber oft nicht ganz korrekt ist. Richtigerweise unterscheidet man in diesem Bereich zwischen Intarsien und Marketerien (siehe Box).

Erfolg mit traditionellem Handwerk

Eine Schreinerei, die sich seit Langem erfolgreich mit ihren Möbeln am Markt positioniert, ist die Koch Möbelhandwerk AG aus Gonten AI. «Wir haben viele Kunden aus der ganzen Schweiz, die sich ein schönes Möbel leisten wollen», sagt Inhaber Michael Koch. Die Palette reicht von Schränken, Tischen und Kommoden mit einem dezenten Stern bis hin zu Sekretären oder Buffets mit komplexen Sujets, Schnitzereien und individuellen Messingbeschlägen. Michael Koch setzt dabei auf traditionelles Handwerk, die Möbel werden fast ausschliesslich aus Massivholz gefertigt. Ein CNC-Bearbeitungszentrum sucht man in der Werkstatt vergebens, die Intarsien werden mit der Handoberfräse und Stechbeiteln in die Möbelflächen eingelassen.

Standard gibt es nicht

Die Schreiner entwerfen die Intarsien selbst von Hand auf dem Zeichenbrett nach Kundenwunsch. Standardvorlagen oder Lehren verwendet man kaum, nicht einmal für den Stern. «Formen und Masse sind nie genau gleich. Sie müssen auf das jeweilige Möbel abgestimmt sein, damit die Proportionen stimmen», erklärt Michael Koch.

In einem Schrank finden sich aber dennoch Hunderte von Mustern früherer Aufträge. Dabei handelt es sich eigentlich um die Negative, die nach dem Ausschneiden der Intarsie auf der Dekupiersäge übrig bleiben. «Über diese Schatzkammer hat mein Vater den Überblick», sagt Koch. Manchmal könne man diese als Inspiration gebrauchen oder sogar gewisse Komponenten in anderen Intarsien verwenden.

In einem weiteren Schrank befinden sich zahlreiche Formen für das Verleimen geschwungener Filets. Jeder Form liegen ein Plan mit genauen Herstellmassen sowie ein Muster bei. Die geraden Filets werden jeweils gleich als Meterware auf Lager produziert. Auch davon hat die Schreinerei zahlreiche Versionen in verschiedenen Holzkombinationen im Sortiment.

Selbstverständlich fertigt die Schreinerei auch Schnitzereien und andere Verzierungen selber in Handarbeit an. Sogar Rosetten, Schilder und andere Beschläge aus Messing werden in der eigenen Werkstatt hergestellt. Die Fachleute für diese Handwerkskunst stammen meistens aus den eigenen Reihen. «Wir bilden selber Lernende aus und achten darauf, dass wir immer wieder mal einen im Betrieb halten können», sagt Michael Koch.

Filets gesucht

Leider gibt es in der Schweiz nur noch wenige Schreinereien, die dieses Fachwissen vermitteln. Entsprechend gibt es auch kaum noch Schweizer Hersteller, bei denen man als Schreiner Filets beziehen kann – einige sind inzwischen von der Bildfläche verschwunden. Oft kommen diese Produkte mittlerweile auch aus dem Osten, wo die Halbfabrikate zu günstigen Preisen in Online-Shops feilgeboten werden.

Nebst spezialisierten Schreinereien hat man noch bei Instrumentenbauern gute Chancen, in der Schweiz hergestellte Produkte zu finden. Einer davon ist zum Beispiel Franz Betschart aus Unteriberg SZ. Er bietet auch äusserst filigrane Filets mit farbigen oder individuell gefertigten Sujets an.

Marketerie modern inszeniert

Eine etwas andere Art, wie man die alte Marketerie-Kunst auf moderne Weise einsetzen kann, haben sich die Schreiner der Muellerweibel AG aus Baar ZG ausgedacht: Sie setzen Schriftzüge und Piktogramme als Marketerie um. Anders als bei klassischen Arbeiten, bei denen meistens verschiedene Holzarten miteinander kombiniert werden, hat man hier dasselbe Furnier verwendet. «Wir haben einfach versucht, mit unterschiedlichen Laufrichtungen zu arbeiten, und festgestellt, dass der Effekt sehr gut sichtbar ist», erklärt Geschäftsführer und Mitinhaber Stefan Furter.

Was am Anfang mit verhältnismässig kleinen Schriftzügen und Piktogrammen begann, wurde mittlerweile im eigenen Büro der Schreinerei auch in grossflächiger Form angewandt – zum Beispiel als Bergpanorama. «Hier müssen wir jetzt aber noch beobachten, wie sich die Fronten aufgrund der unterschiedlichen Laufrichtungen des Furniers über längere Zeit verhalten», sagt Stefan Furter. Nur schon das Erstellen solch grossflächiger Marketerien ist ziemlich diffizil, weil die Teile am Stück möglichst präzise gefertigt sein müssen. Mit welcher Technik sie genau ausgearbeitet werden, will Furter nicht preisgeben. Er verrät aber so viel: «Aufgrund der Dimensionen ist das Lasern der Sujets relativ schwierig und deshalb kein Thema.»

Ebenfalls wichtig sei, dass die zusammengefügten Marketerien möglichst zeitnah auf das Trägermaterial geklebt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich das Furnier verzieht und die Fugen nicht mehr passen. Für das Zusammensetzen verwenden die Schreiner gewöhnliches Furnierklebeband. Auf den Träger wird das Ganze dann mit Weissleim geklebt.

Sujets mit Metallen

Wer seinem Kunden individuelle Marketerien im kleineren Format anbieten und diese nicht selber herstellen möchte, kann auch auf die Dienstleistungen des Furnierspezialisten Danzer zurückgreifen. Mit «Freeform» hat das Unternehmen ein Angebot aufgebaut, bei dem es Schriftzüge, Ornamente und Verzierungen aus Metall in das Furnier einarbeitet.

Furniere jeglicher Holzart mit einer Dicke von 0,5 bis 0,6 Millimetern können verwendet werden. Gemäss Eckart Schmitt, CEO der Danzer Spezialitäten-Division, wird am häufigsten Aluminium für die Metalleinlagen verwendet. «Es sind aber auch Einlagen aus anderen Metallen wie Messing und Kupfer oder aus Kunststoffen machbar.» Ausgeliefert wird das Produkt aufkaschiert auf ein Vlies, die maximale Abmessung beträgt etwa 0,6 Quadratmeter, grössere Flächen müssen zusammengesetzt werden. Die Formen der Intarsien dürfen sehr filigran sein, aber die Strichstärke sollte nicht geringer als die Furnierdicke ausfallen. Danzer liefert «Freeform» als Einzelstücke oder Kleinserien, am interessantesten sei es aber für grössere Serien.

Mit Blickfängen punkten

Ob im eher üppigen klassischen Stil oder zurückhaltend modern interpretiert – mit Intarsien und Marketerien kann der Schreiner tolle Akzente in der Möbel- und Raumgestaltung setzen. Damit wird nicht nur eine Handwerkskunst gepflegt, sondern man kann mit solchen Blickfängen vielleicht auch beim einen oder anderen Kunden punkten.

www.koch-moebel.chwww.betschart-intarsien.chwww.muellerweibel.chwww.danzer.com

Einlegetechniken

Intarsie

Bei einer Intarsie handelt es sich um eine Dekorationstechnik im Vollholz. Es werden verschiedene Hölzer so in- oder aneinandergelegt, dass wieder eine ebene Fläche entsteht, die verschiedenfarbige und unterschiedlich strukturierte Einschlüsse enthält. Der Begriff Intarsie stammt vom italienischen «intarsiare» ab, was auf Deutsch «einlegen» bedeutet.

Marketerie

Marketerien sind, wie auch Intarsien, Einlegearbeiten aus Holz oder anderen Materialien. Auch wenn der Begriff Intarsie geläufiger ist, darf man die beiden Begriffe nicht verwechseln: Während bei der Intarsientechnik dünne Materialplättchen aus Holz, Metall oder anderen Materialien in Voll- holz eingearbeitet werden, fügt der Kunsthandwerker bei Marketerien ausschliesslich dünne Materialien, meist Furniere, zusammen und klebt diese auf ein Trägermaterial.

ph

Veröffentlichung: 09. August 2018 / Ausgabe 32-33/2018

Artikel zum Thema

25. April 2024

Simple, praktische Designexponate

Möbel.  Als weltweit grösste Designmesse lockt der Salone del Mobile jedes Jahr unzählige Besucher nach Mailand. So auch heuer wieder, wo sich Interessierte aus allen Herren Länder von den neusten Trends, Farben, Formen und Materialien inspirieren liessen.

mehr
24. April 2024

Horgenglarus zügelt in ehemalige Wolltuchfabrik

Möbel. Die AG Möbelfabrik Horgenglarus verlagert ihre Produktion bis April 2027 komplett in die frühere Wolltuchfabrik Hefti in Hätzingen GL. Der neue Sitz der 144-jährige Traditionsfirma liegt ebenfalls im Kanton Glarus, nur wenige Kilometer südlich des jetzigen Standorts.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Möbel