Aufgeben stand nicht zur Debatte

Die Feuerwehr kämpft gegen die Flammen in der Schreinerei Andreas Bischof GmbH. Bild: PD

Schicksalsschlag.  Die Schreinerei der Andreas Bischof GmbH in Wildhaus ist Anfang Jahr komplett abgebrannt. Inhaber Andreas Bischof liess sich von der Katastrophe nicht entmutigen. Er und sein Team setzten alle Hebel in Bewegung, damit sie rasch wieder arbeiten konnten.

Den 1. Februar 2023 wird Andreas Bischof wohl nie mehr vergessen. Als er vor 5 Uhr von Wildhaus im Toggenburg auf dem Weg zur Arbeit an der Schreinerei vorbeifährt, ist alles ruhig und normal. Sein Büro befindet sich am zweiten Standort der Andreas Bischof GmbH, bei der Sägerei und der Zimmerei in Unterwasser. Doch um 6 Uhr klingelt sein Handy: In der Schreinerei brennt’s! «Ich stand unter Schock, war aber innert sechs Minuten bei der Schreinerei und musste hilflos mitansehen, wie sie kurz danach in Vollbrand stand», erzählt der Unternehmer. «Sofort habe ich die Mitarbeitenden informiert. Einige waren ebenfalls schnell vor Ort und mussten das Desaster miterleben.» Ein anderer Angestellter und zwei ehemalige gehören der Feuerwehr an und kämpften mit ihrer Truppe gegen die Flammen. «Doch sie waren machtlos. Es blieb von der Schreinerei nur Schutt und Asche übrig.» Bischof ist jedoch froh, dass keine Personen zu Schaden kamen und die Flammen nicht auf die umliegenden Gebäude übergriffen.

Brandursache noch unbekannt

Weshalb es in der Schreinerei gebrannt hat, weiss Bischof bis heute nicht. «Ich habe nichts mehr von den untersuchenden Stellen gehört.» Die Schadenssumme beläuft sich derzeit auf rund 2,3 Millionen Franken. «Es ist unglaublich aufwendig, bis alles geklärt ist», erzählt Bischof. «Mal kommen wir zwei Schritte vorwärts, dann geht es aber wieder einen retour.» Vieles sei nicht so versichert gewesen, wie er geglaubt hatte, wie beispielsweise das Inventar. Ihm sei nie bewusst gewesen, was wirklich alles dazu zählt. Zum Beispiel auch die laufenden Aufträge oder die Schablonen. «Letztere werden einem nicht ersetzt. Ich bin sicher, dass sich wohl die wenigsten Schreinerunternehmerinnen und -unternehmer all dieser Dinge wirklich bewusst sind. Es ist eine Unmenge an Fragen und Themen, die nach so einer Katastrophe auf einen zukommt.»

Es musste weitergehen

Aufgeben war für Andreas Bischof keine Option. Der Leitsatz seines Unternehmens lautete schon vor dem Brand: «Entweder werden wir einen Weg finden oder wir schaffen einen.» Entsprechend hat er danach gehandelt. «Wenn ich über 50 wäre, würde ich es mir wahrscheinlich gut überlegen, ob ich wirklich nochmals alles aufbauen will», gibt er zu. Er sei jedoch erst 34 und fühle sich sich selbst, seinen Mitarbeitenden und den Kunden gegenüber verpflichtet, weiterzumachen. «Ich bin ein positiv denkender Mensch. Es muss irgendwie weitergehen. Es kommt nicht infrage, alles hinzuschmeissen.» Sein Unternehmen hat er 2016 gegründet. «Ich konnte vom Vorgänger das Betriebsgebäude übernehmen. Die Schreinerei habe ich jedoch von null an mit nur einem Mitarbeiter aufgebaut», erzählt Bischof.Derzeit beschäftigt er 28 Personen, davon 4 Lernende. In der Schreinerei sind 13 Angestellte tätig, der Rest in Sägerei und Zimmerei. «Letztere konnten an unserem zweiten Standort normal weiterarbeiten. Und für alle anderen gab es so was wie ein Dach über dem Kopf, was aber sehr eng ist.»

Harzige Suche nach Maschinen

Seine Mitarbeitenden packten nach dem Brand alle mit an. «Das hat mich sehr gefreut», sagt der Unternehmer. «Zuerst ging es darum, dass wir irgendwie wieder anfangen konnten, zu arbeiten. Wir haben dazu eine Taskforce gebildet. Diese hat diverse organisatorische Zusatzaufgaben übernommen und versucht, das Material zusammenzusuchen.»Besonders schwierig sei es gewesen, an Ersatzmaschinen zu kommen. Für Neuwaren gebe es lange Lieferfristen, und der Occasionsmarkt sei ausgetrocknet. Ein Tiefbauunternehmer im Dorf hat dem Toggenburger eine Halle als Provisorium angeboten. «Das haben wir natürlich dankend angenommen. Ich war sowieso überwältigt, wie viele Leute uns ihre Hilfe angeboten hatten. Ich war teils überfordert damit, natürlich aber sehr dankbar.» Es habe ihm leidgetan, zu den Hilfsangeboten auch nein sagen zu müssen. Zum Beispiel gegenüber einer älteren Frau, die ihm das Werkzeug ihres Mannes angeboten hatte. «Das war leider veraltet, und wir können damit nicht zeitgemäss arbeiten.»

Mitbewerber bietet Hand

Ende März haben die Schreinerinnen und Schreiner die Arbeit im Provisorium aufgenommen. «Aus einer Ausstellung und einer Betriebsschliessung konnten wir ein CNC Bearbeitungszentrum und einen Kantenanleimer haben und legten wieder los.» Bei ­einem Mitbewerber im Dorf, der Stolz AG in Unterwasser, darf Bischof einen Teil seiner Aufträge abarbeiten. «Das Hin und Her zwischen dem Provisorium und dem Mitbewerberbetrieb ist sehr umständlich, weil wir viele Fahrten zurücklegen. Aber wir versuchen, auf alle Arten zu arbeiten.» 

Kunden haben grosses Verständnis

Auch die Kundschaft hat mit viel Verständnis auf die Situation reagiert. «Wir haben keinen Auftrag verloren, konnten einige nach hinten schieben», sagt  Bischof. «Eine Familie hatte es besonders hart getroffen. Kurz vor dem Brand haben wir bei dieser die Küche ausgebaut und waren mit der neuen bereit. Die Familie hat nun acht Wochen mit einer improvisierten Küche gelebt. Das hat mich belastet.» Die Küche für diese Familie sei natürlich als Erstes beim Wiedereinstieg an die Reihe gekommen und wurde mittlerweile montiert. 
«Ich bin froh, dass wir aufragmässig heil aus der Sache herausgekommen sind und bin dankbar. Nun muss ich schon bald wieder Werbung machen, damit die Öffentlichkeit und die Kundschaft wissen, dass es bei uns weitergeht und die Bücher auch nächstes Jahr wieder gefüllt sind.» 
Die abgebrannte Schreinerei wird jedoch nicht mehr aufgebaut. Die Brandruine ist weg. Der Schutt wurde weggeräumt. Was mit dem Land passiert, weiss Bischof noch nicht. «Wir sind nun daran, im Eiltempo einen Ersatzbau zu erstellen», sagt er. «Das Vorprojekt hatte ich in der Schublade und das Grundstück dafür zum Glück auch. Denn ich hatte vor, den Betrieb in absehbarer Zeit in Unterwasser zu zentralisieren. Nun passiert das halt früher.» Die Bagger sind Anfang April aufgefahren. Wenn alles gut läuft, kann ein Teil im kommenden Oktober eingerichtet werden. Fertig wird der Neubau in ungefähr einem Jahr. 
«Meine Vision ist, vom Stamm bis zum Möbel die ganze Palette an Arbeiten anbieten zu können», erzählt Andreas Bischof. «In der Sägerei soll Holz aus dem Tal bearbeitet und getrocknet werden, ehe es in der Zimmerei oder der Schreinerei weiterverarbeitet wird.» Daran hält er fest und schaut weiter nach vorne. Nicole D’Orazio
www.andreas-bischof-gmbh.ch 

Veröffentlichung: 11. Mai 2023 / Ausgabe 19/2023

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